2.127.1 (bru1p): Anlage

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Text

RTF

Anlage

R 43 I /2366 , Bl. 258–264 Durchschrift

Questionnaire

1.

Is Government deficit increasing and if so to what extent is it accounted for by unemployment and what by other causes?

[481] 2.

What is deficit now?

3.

What is floating debt now?

4.

Can we list briefly which of Gilbert’s demands habe been met; what important ones not met; what ones are covered in financial program now being announced7?

5.

In what manner are monthly payments under proposed law covering our credit to operate?

6.

Are such funds simply to be provided for in budget or is there some special source of taxation especially allocated for them?

7.

If so special source provides funds, does law simply amount to declaration of intention or do such sums constitute first or early charge on Government’s income?

8.

If there was a deficit budget of 50 percent would there be for instance only 50% of such sums received?

9.

Would such monthly sums actually be paid over to an account at Reichsbank or accumulate elsewhere?

10.

Would they be untouchable expect for purpose intended?

11.

What would happen if during any month such funds were not available?

7

Diese Frage bezieht sich auf die Forderungen Parker Gilberts in seinem Schlußbericht vom 21.5.30.

Antworten auf Fragebogen

1. & 2. Der Fehlbetrag des Reichshaushalts aus den Vorjahren wird im laufenden Jahr abgedeckt. Der Haushalt für 1931 ist in sich gedeckt ohne Fehlbetrag aufgestellt. Der Fehlbetrag des laufenden Rechnungsjahres 1930 ist auf 750–900 Millionen anzunehmen, von denen rund 300 Millionen auf die Aufwendungen für die Arbeitslosen, der Restbetrag auf den Rückgang der Einnahmen entfallen. Dieser Fehlbetrag wird sich kassenmäßig erst in der zweiten Hälfte des Jahres auswirken im Hinblick auf die wesentlich höheren Aufwendungen für die Arbeitslosen im Winter.

3. Von der zu Beginn des Rechnungsjahres vorhandenen schwebenden Schuld des Reichs ist der Auslandskredit in Höhe von 210 Millionen vollständig abgedeckt, ein Bankenkredit von 200 Millionen ist zur Hälfte abgedeckt, der Restbetrag wird in den Monaten November und Dezember zurückgezahlt werden. Von dem Ende 1929 aufgenommenen Überbrückungskredit von 350 Millionen sind 300 Millionen zurückgezahlt, die letzte Rate von 50 Millionen wird im Oktober zurückgezahlt werden.

Im übrigen hat das Reich die im Reichsbankgesetz für die Deckung seines laufenden Kassenbedarfs vorgesehenen Schatzwechsel in Höhe von 400 Millionen begeben, bei Bahn und Post einen laufenden Kredit von zusammen 225 Millionen aufgenommen und zur teilweisen Deckung des im laufenden Rechnungsjahres entstehenden Fehlbetrages einjährige Schatzanweisungen in einem Betrage von z. Zt. rund 420 Millionen ausgegeben.

4. Die Gilbertschen Anregungen lagen im wesentlichen auf vier Gebieten:

[482] a)

Ganze oder teilweise Rückgängigmachung der Besoldungserhöhungen von 1927

b)

Sicherung des Haushalts gegen übertriebene Inanspruchnahme durch die Fürsorge für die Arbeitslosen

c)

Klarere Gestaltung und Vereinheitlichung des Haushaltswesens in Reich, Ländern und Gemeinden

d)

Verstärkung des Einflusses des Reichs auf die Finanzgebarung der Länder und Gemeinden im Sinne einer Ausgabenverminderung sowie Ausgabenverminderung im Reichshaushalt.

Nach allen vier Richtungen hat die gegenwärtige Reichsregierung wesentliche Reformen teils durchgeführt, teils in die Wege geleitet.

Die bereits durchgeführten Reformen beruhen auf der Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. Juli 19308.

8

RGBl. 1930 I, S. 314 –316.

Die Selbstverantwortlichkeit der Gemeinden für ihre Ausgabengebarung ist durch diese Verordnung verstärkt worden. Die Gemeinden sind im Falle einer Erhöhung der am 1. August 1930 geltenden Sätze für die Grundsteuer oder Gewerbesteuer verpflichtet, eine Gemeindebiersteuer und eine Kopfsteuer mit den in der Verordnung festgelegten Mindestsätzen zu erheben. Damit ist sichergestellt, daß jede weitere Ausgabeerhöhung zu einem erheblichen Teil durch Steuern zu decken ist, die sämtliche Gemeindeangehörige trifft; damit ist gleichzeitig ein starkes Hindernis gegen eine Steigerung der Gemeindeausgaben geschaffen. Vom 1. April 1931 ab müssen diese Steuern in Gemeinden mit übermäßigen Gewerbe- und Grundsteuern (über 100% des Landesdurchschnitts) mit steigenden Sätzen eingeführt werden. Damit wird der Druck auf die Ausgaben verstärkt9.

9

S. den 2. Abschnitt der NotVO vom 26.7.30: „Erschließung von Einnahmen für die Gemeinden“, RGBl. I, S. 314 –316.

Die Bedrohung des Reichshaushalts durch die unbeschränkte Darlehenspflicht des Reiches für das Defizit der Arbeitslosenversicherung ist bereits für das laufende Jahr beseitigt durch die Bestimmung, daß jeder Mehrbedarf über den im Haushalt eingesetzten Zuschußbetrag hinaus nur zur Hälfte durch weitere Zuschüsse des Reichs, zur anderen Hälfte durch Erhöhung der Beiträge zu decken ist10.

10

Vgl. die NotVO vom 26.7.30, 4. Abschnitt, 1. Titel, Art. 4, RGBl. I, S. 321 .

Wesentliche Ersparnisse auf dem Gebiet der Kriegsversorgungsgebührnisse sind durch eine Ausschlußfrist für Neuanmeldungen und durch eine Änderung des Verfahrens erreicht. Starke Entlastungen der Wirtschaft von den hohen Krankenkassenbeiträgen sind durch Einschaltung des Eigeninteresses der Versicherten herbeigeführt worden (Zuzahlung für jede ärztliche Behandlung und für jedes Medikament)11.

11

S. RGBl. 1930 I, S. 322 , S. 327.

In noch größerem Maße werden die von Gilbert erhobenen Forderungen bei Durchführung des jetzt neu beschlossenen Programms verwirklicht werden. Im Reichshaushalt werden erhebliche Streichungen in den Personal- und Sachausgaben vorgenommen.

[483] Ein besonderes Gesetz hindert jedes weitere Anwachsen der Ausgaben auch bei Ländern und Gemeinden über den vielfach gekürzten Stand des Notjahres 1931 hinaus auf die Dauer von drei Jahren.

Die Senkung der Gehälter bei Länder und Gemeinden wird ebenso wie beim Reich in Höhe von 6% durchgeführt werden. Länder und Gemeinden werden in Zukunft ihre Beamten nicht höher besolden dürfen als die Beamten des Reichs in gleicher Stellung. Besondere gesetzliche Maßnahmen werden dies sicherstellen.

Die Überweisungen an die Länder werden im Jahre 1931 um etwa 400 Millionen niedriger sein. Die Länder müssen ferner mit einem starken Absinken ihrer eigenen Steuern rechnen. Demgemäß werden sie ihre Ausgaben auch noch über die Gehaltskürzungen hinaus einschränken müssen.

Durch die Minderung des Bauaufwandes aus öffentlicher Hand werden 400 Millionen an Hauszinssteuer erspart und zur Senkung der die Wirtschaft am stärksten drückenden Steuern auf Gewerbebetrieb und Grundvermögen verwandt werden.

Die Vereinfachung der Rechtspflege und Verwendung der lokalen Verwaltungsbehörden wird weitere Ersparnisse bringen.

Die Kreditbedürfnisse der öffentlichen Körperschaften werden unter einheitlichen Gesichtspunkten bewirtschaftet werden.

Die Kontrolle der öffentlichen Haushalte auch bei Ländern und Gemeinden wird verschärft, insbesondere für eine unabhängige Rechnungsprüfung bei den Gemeinden und für eine Angleichung ihres Haushaltsrechts an das des Reichs Sorge getragen werden.

Für den endgültigen Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden sind Grundsätze mit dem Ziel eines Ausbaues der Selbstverantwortung für Ausgaben und Einnahmen aufgestellt.

5. Das neue Schuldentilgungsgesetz sieht vor, daß monatliche Zahlungen von mindestens 35 Millionen 2 Jahre lang einem besonderen Fonds zufließen, der zur Rückzahlung von Krediten bestimmt ist und unter der Kontrolle der unabhängigen Reichsschuldenverwaltung steht.

6. Das Aufkommen der für diesen Fonds bestimmten Summen wird durch den gesamten Haushalt gewährleistet, nicht durch das Aufkommen aus einer Einzelsteuer.

7. Die Festlegung durch ein Schuldengesetz bedeutet mehr als eine bloße Absicht der Reichsregierung; sie führt zu einer rechtlichen Verpflichtung, so daß die Abführung an diesen Fonds ebenso zu behandeln ist wie die Behandlung von Schuldenzinsen.

8. Ein etwa in den nächsten Jahren entstehendes Haushaltsdefizit kann niemals diese rechtlichen Verpflichtungen berühren. Es ist völlig ausgeschlossen, daß ein etwaiges Haushaltsdefizit verhältnismäßig auf alle Ausgaben, somit auch auf den Schuldentildungsfonds verteilt wird.

9. & 10. Die monatlichen Zahlungen an den Schuldentilgungsfonds stehen unter Kontrolle der Reichsschuldenverwaltung. Dadurch ist Gewähr geleistet, daß sie zu keinem anderen Zweck als in dem Gesetz vorgesehen, verwendet[484] werden können. Soweit der Fonds nicht zur Rückzahlung von Krediten verwendet wird, erfolgt seine Anlegung wie die aller verfügbaren Betriebsmittel des Reiches im Einvernehmen mit der Reichsbank.

11. Nach allem Vorstehenden ist die monatliche Abführung an den Tilgungsfonds ebenso sichergestellt wie die Bezahlung der Schuldenzinsen und sonstigen rechtlichen Verpflichtungen des Reiches. Die Nichtabführung an den Schuldentilgungsfonds wäre demnach genauso zu betrachten wie eine Einstellung der Erfüllung der privatrechtlichen Verpflichtungen des Reichs überhaupt und kommt daher praktisch nicht in Frage.

Die Angaben unter Ziffer 4. haben den Charakter streng vertraulicher Information, soweit diese nicht den Inhalt der Notverordnung vom 26. Juli 1930, sondern vielmehr die neuen Beschlüsse der Reichsregierung betreffen. Aus diesem Grunde wird ausdrücklich gebeten, diesen Teil der Mitteilungen als nur für Lee, Higginson & Co. bestimmt zu betrachten mit der Maßgabe, daß diese Firma ihren Freunden gegenüber zwar die Grundgedanken entwickeln, aber Einzelheiten nicht, insbesondere nicht in schriftlicher oder zu einer Niederschrift führenden Form zu geben befugt ist. Die erwähnten neuen Beschlüsse sind der deutschen politischen Presse noch nicht bekannt und werden dieser erst zu einem von der Reichsregierung zu bestimmenden Zeitpunkt, vermutlich der nächsten Woche mitgeteilt.

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