2.149.4 (bru1p): 4. Außerhalb der Tagesordnung: Wirtschaftliche Fragen.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 5). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II. Band 1 Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

[565] 4. Außerhalb der Tagesordnung: Wirtschaftliche Fragen.

Das Reichskabinett stimmte zunächst folgender Verlautbarung zu:

„Das Reichskabinett beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung in Fortsetzung der gestrigen Beratungen mit der ernsten Lage der Landwirtschaft. Reichsernährungsminister Schiele unterbreitete dem Kabinett die Vorschläge, die den innerdeutschen Absatz von landwirtschaftlichen Erzeugnissen unter allen Umständen sicherstellen und einen entsprechenden Mehrverbrauch, insbesondere von Roggen und Kartoffeln, herbeizuführen sollen. Das Kabinett stimmte diesen Vorschlägen zu. Es herrschte Übereinstimmung darüber, daß die dringenden Maßnahmen beschleunigt in Kraft treten müßten.

Das Kabinett war sich auf darüber einig, daß die Wiederherstellung der Rentabilität Voraussetzung für alle weiteren Maßnahmen zur Milderung der Notlage im deutschen Osten darstellt“23.

23

Die Pressemitteilung wurde in der DAZ Nr. 499–500 vom 26. 10. veröffentlicht.

Es wurde sodann die Frage der Preisherabsetzung im Braunkohlenbergbau erörtert.

Das Reichskabinett bezeichnete es als unumgänglich notwendig, Maßnahmen zu treffen, durch welche die Sicherheit gegeben ist, daß die Preisherabsetzung im mitteldeutschen und ostelbischen Braunkohlenbergbau ebenso dem Hausbrand zugute kommt, wie das bei der Preisherabsetzung der anderen Kohlensyndikate der Fall ist24.

24

S. Dok. Nr. 151, P. 3.

Staatssekretär Dr. Geib wies auf die Wichtigkeit derartiger Maßnahmen hin, besonders mit Rücksicht auf die am Montag, dem 27. Oktober, wieder beginnenden Verhandlungen im Metallarbeiterkonflikt25. Er warf ferner die Frage auf, ob die Kohlenpreissenkung nicht auch eine Verbilligung der Tarife der Verkehrsmittel zur Folge haben könne.

25

Die Löhne in der Berliner Metallindustrie sollten – nach dem Schiedsspruch der zuständigen Schlichtungskammer vom 10.10.30 – mit Wirkung vom 3. 11. um 8% (für Arbeiter unter 18 Jahre und alle Arbeiterinnen um 6%) gekürzt werden (DAZ Nr. 475–476 vom 12.10.30). Nach der Urabstimmung hatte das Berliner Metallarbeiterkartell einstimmig den Streikbeginn für den 15. 10. beschlossen (DAZ Nr. 479–480 vom 15.10.30). Dagegen hatten die Metallindustriellen den Schiedsspruch angenommen und die Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruchs beantragt (DAZ Nr. 483–484 vom 17. 10.). Am 28. 10. trafen die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer Besprechung unter Vorsitz des RArbM folgende Vereinbarung: Die Arbeit wird zu den alten Bedingungen wieder aufgenommen; der Schiedsspruch vom 10. 10. wird durch eine neue, vom RArbM im Benehmen mit den beiden Parteien ernannte Schlichtungsstelle entschieden (Schultheß 1930, S. 219).

Am 8. 11. entschied die Schiedsstelle einstimmig, daß zunächst ab 17. 11. eine Lohnkürzung um 3% erfolgte, während die 8% bzw. 6% Verminderung erst am 19.1.31 in Kraft trat. Beide Parteien stimmten dem Spruch zu (Schultheß 1930, S. 227).

Der Reichsverkehrsminister führte aus, daß die Kohlenpreissenkung in den Gesamtunkosten der Reichsbahn außerordentlich wenig bedeute. Eine Herabsetzung der Tarife werde bei der Reichsbahn infolgedessen wohl nicht möglich sein.

Staatssekretär Dr. Geib erwiderte, daß er in erster Linie an die Tarife der städtischen Verkehrsmittel denke26.

26

Auch die DAZ hatte in einem Kommentar die Senkung der im Jahre 1930 zweimal erhöhten Tarife der Berliner Verkehrs-Gesellschaft verlangt (DAZ Nr. 475–476 vom 12.10.30).

[566] Staatssekretär Dr. Trendelenburg erklärte, er wolle die Landesregierungen in einem Schreiben bitten, nichts zu unterlassen, um die Preissenkung bis zum letzten Verbraucher hinab fühlbar zu machen. Er werde u. a. auf die Notwendigkeit hinweisen, durch die zuständigen Landesbehörden schon jetzt die örtlichen Kohlenhandelsorganisationen zu entsprechenden Preisherabsetzungen zu veranlassen. Weiter werde er es in diesem Schreiben für dringend erforderlich erklären, daß die Herabsetzung der Kohlenpreise auch in der Tarifpolitik der Kommunalbetriebe (Gas, Wasser, Kraft- und Lichtstrom) in geeigneter Weise zum Ausdruck komme, damit auch hier die Preissenkung sich bis zum letzten Verbraucher durchsetze27.

27

Am 28.10.30 wurde das Schreiben Trendelenburgs an die Landesregg. veröffentlicht.

Das Reichskabinett nahm von diesen Ausführungen des Staatssekretärs Dr. Trendelenburg Kenntnis.

Extras (Fußzeile):