2.151.1 (bru1p): 1. Fragen der Osthilfe.

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1. Fragen der Osthilfe.

Nach kurzer Aussprache wurde beschlossen, die Entscheidung über die zeitliche Ausdehnung des Vollstreckungsschutzes zurückzustellen1. Die Frage soll vom Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft mit den zuständigen Behörden erneut geprüft werden.

1

Unter Berufung auf Anträge der Landvolkpartei (RT-Bd. 448 , Drucks. Nr. 34 ), der DNVP (RT-Bd. 448 , Drucks. Nr. 78 ) und der NSDAP (RT-Bd. 448 , Drucks. Nr. 103 ) zur Verlängerung des Vollstreckungsschutzes in den Osthilfegebieten hatte RM Treviranus am 25. 10. der Rkei eine Vorlage über die Ausdehnung des Vollstreckungsschutzes und des räumlichen Anwendungsgebiets der Osthilfe sowie Erstreckung der Zinssenkung übersandt. Die Rbk, das RFMin. und das PrFMin. hatten eine Verlängerung der Antragsfrist, die am 31.10.30 ablief, und des Vollstreckungsschutzes abgelehnt (vgl. die NotVO vom 26.7.30, RGBl. I, S. 316 ). Für die Verlängerung hatten sich die Landstellenleiter in Köslin und in Oppeln, dagegen die Landstellenleiter Ostpreußen, Grenzmark und Niederschlesien ausgesprochen. Die Oststelle hatte dazu keinen eigenen Standpunkt eingenommen, hatte aber auf eine rasche Kabinettsentscheidung gedrängt (R 43 I /1804 , Bl. 330–332).

Die örtliche Erweiterung der Osthilfebestrebungen hängt nach den Ausführungen, die hierzu gemacht wurden, im wesentlichen von der Höhe der Mittel ab, die für die Maßnahmen zur Verfügung stehen. Hierzu gab der Reichsminister Treviranus eingehende Ausführungen. Für das Jahr 1930 ständen 100 Millionen vom Reiche und 50 von Preußen zur Verfügung.

Für 1931 seien aus der Industriebelastung 50 Millionen sowie aus dem Etat die letzte Reserve in Höhe von 40 Millionen zugesagt.

Für 1932 bis 1935 seien 340 Millionen aus der Industriebelastung in Aussicht genommen. Die Beträge sollen, von Jahr zu Jahr gestaffelt, abnehmen. Die Entscheidung soll erst fallen, wenn der Etat 1931 verabschiedet ist. Für zweitstellige Hypotheken werde es sich nur um eine Ausfallbürgschaft in Höhe von 20% handeln. Die Geschäfte könnten von der Industrieobligationsbank geführt werden.

[569] Für das neue Gesetz2 ständen dann im ganzen 640 Millionen zur Verfügung, 590 vom Reich, 50 von Preußen. Die Summe werde voraussichtlich ausreichen, um einen ziemlich großen Bezirk zu befriedigen. Die Schätzungen der Gesamtverschuldung seien höhere als die tatsächlichen Verschuldungen. Es beruhe zum Teil darauf, daß aus den vorhandenen Unterlagen schematisch allgemeine Schlüsse gezogen worden seien, die insbesondere bei mittlerem und kleinerem Besitz nicht zuträfen.

2

S. Dok. Nr. 222, P. 2.

Wieweit der Betriebserhaltungsfonds ausreichen werde, sei fraglich; die Ernteausfälle hätten die Lage sehr verschlechtert.

Die bisherige örtliche Abgrenzung sei mehr zufälliger Art. Nachbarkreise jenseits dieser Abgrenzung ständen teilweise wesentlich schlechter als Kreise innerhalb des betreuten Gebietes3.

3

So hatte z. B. der Provinzialausschuß von Niederschlesien am 8. 10. mit dieser Begründung die Einbeziehung der gesamten Provinz Niederschlesien in die Osthilfe gefordert (Schreiben des Landeshauptmanns von Niederschlesien v. Thaer an den RK vom 20.10.30, R 43 I /1804 , Bl. 325).

Deswegen müsse die Osthilfe örtlich ausgedehnt werden. Preußen habe allerdings Bedenken. Es sei aber zu berücksichtigen, daß es seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkomme4.

4

S. Dok. Nr. 148, Anm. 37.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, daß er über die angegebene Zusage hinaus für die weiteren Jahre von 1932 an keine Verpflichtungen übernommen habe. Er halte es für unmöglich, Hilfe zu versprechen und sie dann nicht zu leisten. Erst müßten die erforderlichen Mittel bereitstehen.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft sprach sich für die Ausdehnung der Umschuldungsaktion auch auf die beiden Mecklenburg aus, zumal dort 3 Millionen aus eigenen Mittel hierfür beschafft würden5. Wenn es nicht möglich sei, die erforderlichen Mittel zur Finanzierung der neuen gesetzlichen Bestimmungen aufzubringen, dann sei es besser, die Osthilfe zu liquidieren.

5

In einem Schreiben vom 2.9.30 hatte der MinPräs. von Mecklenburg-Schwerin dem REM mitgeteilt, daß seine Reg.Mio RM für Umschuldungszwecke beschaffen müsse; Eschenburg hatte daher um die Ausdehnung des Vollstreckungsschutzes auf Mecklenburg-Schwerin gebeten (R 43 I /2276 , Bl. 276). Vgl. auch Dok. Nr. 92, P. 1 und Dok. Nr. 160.

Der Reichskanzler hielt es für erforderlich, daß die Oststelle in Verbindung mit dem Reichsfinanzministerium eine klare Übersicht über die verfügbaren Mittel und den voraussichtlichen Bedarf ausarbeite. Ohne diese Unterlagen sei eine Entscheidung über die örtliche Ausdehnung der Hilfsmaßnahmen nicht möglich.

Auf Grund dieser Unterlagen wird die Oststelle erneut prüfen, wieweit eine räumliche Ausdehnung der Osthilfe verantwortet werden kann. Voraussichtlich wird das zunächst nur in beschränktem Umfange geschehen können. Die Entscheidung soll alsbald von der Oststelle, dem Reichsfinanzministerium und dem Reichsinnenministerium getroffen werden.

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