2.157.1 (bru1p): 1. Entwurf eines Gehaltskürzungsgesetzes.

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1. Entwurf eines Gehaltskürzungsgesetzes.

Der Reichsminister der Finanzen stellte den den Reichsministern zugegangenen Entwurf eines Gehaltskürzungsgesetzes zur Erörterung1.

1

Der GehaltskürzungsgesEntw. bestimmte in § 1 die Kürzung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Reichsbeamten und Soldaten der Reichswehr sowie deren Hinterbliebenen um 6%. Die Reichstagsbeamten wurden den Reichsbeamten gleichgestellt. Von der Kürzung ausgenommen waren Kindergeld und -beihilfen, Aufwandsentschädigungen, Reisekostenvergütungen, Trennungsentschädigungen u. ä. § 2 regelte die Kürzung der Amts- und Versorgungsbezüge des RPräs., des RK und der Reichsminister um 20%. Von der Kürzung wurden Personen befreit, deren jährliche Bezüge den Betrag von 1500 RM nicht überschritten. Würde nach einer Kürzung ein Betrag von weniger als 1500 RM jährlich verbleiben, sollten 1500 RM gewährt werden. Die laufenden Aufwandsentschädigungen der RT-Abgg. sollten um 20% gekürzt werden (§ 4). Das Gesetz sollte am 1.4.31 in Kraft treten und mit dem 31.3.34 seine Gültigkeit verlieren (GesEntw. mit Anschreiben des RFM vom 28.10.30 in R 43 I /2571 , Bl. 196–197).

[588] Der Reichsverkehrsminister wies darauf hin, daß es nach der vorliegenden Fassung des Entwurfs Fälle geben werde, in denen Ruhegeldempfänger höhere Bezüge empfingen wie aktive Reichsminister, z. B. diejenigen pensionierten Reichsminister, die ein Amt im Reichs- oder Staatsdienst wieder übernommen hätten. Er halte dies für ein unmögliches Ergebnis, das verhütet werden müsse.

Der Reichssparkommissar regte an, zu diesem Zweck dem § 2 eine Bestimmung des Inhalts anzugliedern, daß die gekürzten Ministergehälter die Höchstgrenze der Amtsbezüge von wiederverwendeten Ruhestandsbeamten darstellen.

Der Reichsminister des Innern gab demgegenüber zu bedenken, daß das Gesetz durch die Einführung einer derartigen Bestimmung verfassungsändernden Charakter erhalte, während es sehr wesentlich sei, das Gesetz möglichst so zu fassen, daß zu seiner Annahme eine verfassungsändernde Mehrheit nicht notwendig sei. Der Entwurf könne in seiner vorliegenden Fassung nach § 39 des Besoldungsgesetzes2 für nicht verfassungsändernd angesehen werden. Er regte daher an, die vom Reichsverkehrsminister bezeichneten Fälle dadurch praktisch zu erledigen, daß mit den in Frage kommenden Personen eine Vereinbarung auf Herabsetzung ihrer Bezüge getroffen werde.

2

Nach § 39 des Besoldungsgesetzes vom 16.12.27 (RGBl. I, S. 355 ) konnten die Dienst- und Versorgungsbezüge der Reichsbeamten und Soldaten der Wehrmacht durch Gesetz geändert werden.

Der Reichsminister der Justiz erklärte, daß nach seiner Auffassung eine Erweiterung des § 2 im Sinne des Vorschlages des Reichssparkommissars den Charakter des Gesetzes als verfassungsänderndes oder nichtverfassungsänderndes Gesetz nicht berühre.

Dieser Auffassung schloß sich die Mehrheit des Kabinetts am.

Auf Grund der Aussprache stellte der Reichskanzler die Zustimmung des Reichskabinetts zu dem Gesetzentwurf fest mit der Maßgabe, daß § 2 durch eine Bestimmung im Sinne des Vorschlags des Reichssparkommissars ergänzt werden soll3.

3

S. Dok. Nr. 159 b.

Auf eine Anfrage des Reichsministers der Finanzen, ob die im Wirtschafts- und Finanzplan der Reichsregierung vorgesehene Ablieferung der durch die Gehaltskürzung bei der Reichspost eintretenden Ersparnisse an das Reich gesetzlich festgelegt werden müsse4, erwiderte der Reichspostminister daß eine solche gesetzliche Festlegung nicht nötig sei. Die Post werde die Kürzungsbeträge auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Ressorts ohne weiteres an das Reich abführen.

4

Vgl. Dok. Nr. 124, Anlage IV.1 zu P. 1.

[589] Staatssekretär Dr. Trendelenburg warf die Frage auf, ob es nicht richtiger sei, die Dauer des Gesetzes auf die Kalenderjahre 1931, 1932 und 1933 zu erstrecken. Dies werde zur Folge haben, daß die Gehaltskürzungen bereits am 1. Januar 1931 wirksam würden. Diese Regelung biete angesichts der finanziellen Schwierigkeiten von Reich, Ländern und Gemeinden erhebliche Vorteile. Ferner regte er an, den § 3 des Gesetzentwurfs zu streichen. Er meinte, daß es besser sei, wenn man schon auf 1500 RM heruntergehe, überhaupt keine Freigrenze einzuführen. Auf diese Weise werde man Berufungen der Arbeiterschaft, wenn sie in ihren Lohnbezügen unter 1500 RM heruntergesetzt werden müßte, vermeiden.

Die Anregung auf Streichung des § 3 wurde vom Kabinett verworfen.

Bezüglich eines früheren Inkrafttretens des Gesetzes unter Beschränkung auf die drei nächsten Kalenderjahre erklärte der Reichskanzler daß er die Entscheidung hierüber noch offenhalten wolle5.

5

S. Dok. Nr. 159 b.

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