2.163.2 (bru1p): Anlage 2:

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[609] Anlage 2:

Der Reichswehrminister an den Reichsinnenminister. 15. Oktober 1930

R 43 I /2682 , S. 205–206 Abschrift

Sehr geehrter Herr Kollege!

Die Reichsregierung hat bisher den Standpunkt vertreten, daß die NSDAP den gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Staatsform erstrebt und deshalb als staats- und verfassungsfeindlich zu behandeln ist.

Dementsprechend habe ich angeordnet, daß Angehörige der NSDAP aus den Betrieben der Wehrmacht zu entfernen sind. Die Preußische Regierung hat diese Ansicht bei der Bestätigung von Beamten gleichfalls zum Ausdruck gebracht.

In dem Schreiben vom 14.3.30 […]16 an Ihren Herrn Amtsvorgänger hat aber mein Chef des Ministeramts bereits auf den Widerspruch hingewiesen, der in der Tatsache zu sehen ist, daß in Thüringen ein nationalsozialistischer Minister bestätigt wurde, und um Klärung dieser Angelegenheit gebeten.

16

Anlage 3.

Inzwischen hat sich der Zwiespalt verschärft.

Auch Braunschweig hat nunmehr einen nationalsozialistischen Minister erhalten.

Hitler hat vor dem Reichsgericht die Legalität seiner Partei beschworen, und der Herr Reichskanzler hat mit den Führern der NSDAP offiziell verhandelt.

Bezeichnend für die augenblickliche Lage ist folgender Fall:

Die Marinewerft Wilhelmshaven beabsichtigt auf Grund meines Verbotes einem Arbeiterratsmitglied, von dem feststeht, daß er der NSDAP angehört, zu kündigen. Da aber bekannt geworden ist, daß der Arbeiterrat die Kündigung verwerfen wird, müßte diese dann beim Arbeitsgericht eingeklagt werden17. Der Erfolg eines derartigen Verfahrens ist jedoch sehr fraglich, da er sowohl von der Zusammensetzung des betreffenden Arbeitsgerichts als auch davon abhängt, ob der Beweis erbracht werden kann, daß die NSDAP entgegen den Aussagen ihrer Führer und entgegen der eidlichen Versicherung Hitlers auch weiterhin die verfassungsmäßigen Zustände mit Gewalt zu ändern bestrebt ist18.

17

Nach § 96 des Betriebsrätegesetzes vom 4.2.20 bedurfte die Kündigung eines Mitglieds einer Betriebsvertretung der Zustimmung des Betriebsrats. Verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung, so war der Arbeitgeber berechtigt, den Schlichtungsausschuß anzurufen (§ 97) (RGBl. 1920, S. 170 –171). Durch § 2 Absatz 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 23.12.26 war die Zuständigkeit des Schlichtungsausschusses auf das Arbeitsgericht übertragen worden (RGBl. 1926 I, S. 507 ).

18

S. dazu Dok. Nr. 206, P. 2.

Ich sehe mich daher gezwungen, die Frage der Legalität der NSDAP erneut aufzugreifen und Sie um Auskunft zu bitten, ob Sie auch jetzt noch den Standpunkt vertreten, daß die NSDAP den gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen[610] Staatsform verfolgt. Dabei darf ich darauf hinweisen, daß bis jetzt eine Antwort auf das Schreiben […] vom 14.3.30 nicht eingelaufen ist.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr sehr ergebener

gez. Groener

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