2.43.3 (bru1p): 3. Gesetzentwurf über die Fälligkeit und Verzinsung der Aufwertungshypotheken.

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3. Gesetzentwurf über die Fälligkeit und Verzinsung der Aufwertungshypotheken2.

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Der GesEntw., dem das Kabinett bereits am 14.5.30 (Dok. Nr. 33, P. 3) zugestimmt hatte, war noch von RJM v. Guérard am 30.3.30 im Kabinett Müller eingebracht worden. Eine gesetzliche Neuregelung der Aufwertungshypotheken war notwendig geworden, weil am 1.1.32 die durch § 25 des AufwertungsGes. vom 16.7.25 (RGBl. I, S. 117 ) festgesetzte Frist endete, bis zu deren Ablauf der Gläubiger der aufgewerteten Hypothek die Zahlung des Aufwertungsbetrages weder von dem Eigentümer des belasteten Grundstücks noch von dem persönlichen Schuldner verlangen durfte. Der RJM hatte in der Begründung ausgeführt, daß der Ablauf dieser Frist für die gesamte Volkswirtschaft große Bedeutung habe, weil sich zu Beginn des Jahres 1932 ein hoher Gesamtbetrag von Fälligkeiten zusammendrängen werde. Die Zusammenballung von Fälligkeiten müsse zu unerträglichen Störungen des Wirtschaftslebens führen, da viele Schuldner ihrer Rückzahlungspflicht nicht würden genügen können. Bei der Formulierung der Schutzmaßnahmen für die Schuldner sei man davon ausgegangen, daß das Recht des Gläubigers, vom 1.1.32 an die Rückzahlung des aufgewerteten Betrages zu verlangen, gewahrt bleiben müsse. Die Fälligkeiten der erststelligen und nachstelligen Aufwertungshypotheken sollten jedoch gegen Gewährung eines angemessenen Zinsbetrages auf einen längeren Zeitraum verteilt werden, um im Einzelfall dem kapitalschwachen Schuldner einen Schutz zu gewähren. Deshalb bestimme § 1 des GesEntw. u. a., daß der Aufwertungsbetrag der Hypothek vom 1.1.32 ab über 5 v.H. hinaus zu einem Hundertsatz verzinst werden sollte, den die RReg. bei Inkrafttreten des Ges. festzusetzen habe. Entgegenstehende Vereinbarungen sollten nur gültig sein, wenn ein höherer Zinssatz als 5 v.H. festgesetzt worden sei (GesEntw. mit Begründung in R 43 I /2460 , Bl. 57 bis 79).

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft trug den Sachverhalt[171] vor3. Er führte u. a. aus, daß eine Ausnahme der Tilgungshypotheken von den Bestimmungen des § 1 des Gesetzentwurfs über die Fälligkeit und Verzinsung der Aufwertungshypotheken unbedingt geboten sei. Im Reichsrat werde diese seine Auffassung sicherlich von preußischer Seite vorgebracht werden. Es entstehe die Frage, wie sich dann das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft verhalten solle. Vor allem sei zu bedenken, daß die Tilgungshypotheken zu einem sehr großen Teil den östlichen Grundbesitz belasteten. Es liege im Rahmen der Osthilfe, wenn man die von ihm vorgeschlagene Ausnahmebestimmung für die Tilgungshypotheken beschließe.

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Der REM hatte in der Vorlage vom 31.5.30 beantragt, dem § 1 des GesEntw. folgenden Abs. 2 hinzuzufügen: „Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung auf Tilgungshypotheken mit Ausnahme derjenigen Hypotheken, die auf Grund des Artikel 86 der Durchführungsverordnung vom 29. November 1929 [RGBl. I, S. 403 ] in Tilgungshypotheken umgewandelt worden sind“. Der REM hatte seinen Antrag damit begründet, daß die Erhöhung des Zinssatzes während der Darlehnslaufzeit dem Begriff der Tilgungshypothek widerspreche, deren Wesen darin bestehe, den Schuldner für eine längere Laufzeit von den Schwankungen des jeweiligen Zinsfußes unabhängig zu machen. Es gebe keinen Anlaß, dem Schuldner diesen Vorteil der Tilgungshypothek unter Eingriff in seine vertragsmäßig ausbedungenen Rechte zu nehmen (R 43 I /2460 , Bl. 109–111).

Ministerialrat Quassowski (Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft) machte noch einige ergänzende Ausführungen.

Der Reichsminister der Justiz wies darauf hin, daß diese Einwendungen bereits im Reichswirtschaftsrat vorgebracht worden seien. Besonders ein bäuerlicher Vertreter habe zuerst diese Einwendungen vorgebracht, jedoch schließlich erklärt, daß er sich von der Notwendigkeit einer gleichen gesetzlichen Regelung für alle Hypotheken überzeugt habe4.

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Der Bericht des Vorl. RWiR ist in der Anlage zum GesEntw. (RT-Bd. 443 , Drucks. Nr. 2183 ) veröffentlicht.

Der Reichsverkehrsminister sprach sich für die jetzige Fassung des § 1 des Gesetzentwurfs aus. Er habe seinerzeit selber den Entwurf ausarbeiten lassen und sei davon überzeugt, daß alle Hypotheken gleich behandelt werden müßten.

Ministerialdirektor Dr. Schlegelberger (Reichsjustizministerium) betonte, daß die rechtliche Grundlage des Entwurfs unangreifbar sei. Eine Unterscheidung zwischen Tilgungshypotheken und anderen Hypotheken in dem Entwurf sei auch nach der Auffassung des Reichswirtschaftsrats nicht möglich.

Der Reichsarbeitsminister erklärte, wenn für die Tilgungshypotheken jetzt eine andere Regelung getroffen werden solle, müßten auch die Wohnungs- und Siedlungshypotheken anders behandelt werden. Er befürchte in diesem Falle eine schwere Störung des Realkredits.

Ministerialrat Dr. Wölz (Reichsarbeitsministerium) warnte eindringlich vor der Gefahr einer Störung des Realkredits, wenn nicht alle Hypotheken in dem Entwurf gleich behandelt würden.

Der Reichsminister der Finanzen äußerte gleichfalls Bedenken gegen eine verschiedene Behandlung der Hypotheken aus Gründen des Kreditmarktes.

ReichsbankvizepräsidentDreyse erklärte, er könne über diese Frage sich nur für seine Person äußern. Er sei früher für eine gesonderte Behandlung der Tilgungshypotheken gewesen, habe sich jedoch später der Auffassung des[172] Reichsministers der Justiz angeschlossen und sei jetzt von der Richtigkeit dieser Auffassung überzeugt.

Das Reichskabinett faßte auf Grund der vorangegangenen Aussprache folgenden Beschluß:

Im Reichsrat wird der Gesetzentwurf über die Fälligkeit und Verzinsung der Aufwertungshypotheken in der vom Reichsminister der Justiz vorgelegten Fassung vertreten werden.

Es wird zunächst abgewartet, ob und welche neuen Anträge im Reichsrat gestellt werden.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hält grundsätzlich an seiner Auffassung fest, daß die Tilgungshypotheken von der Bestimmung des § 1 ausgenommen werden müssen.

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