2.45.2 (bru1p): 2. Umgestaltung der Bank für deutsche Industrieobligationen.

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2. Umgestaltung der Bank für deutsche Industrieobligationen.

Staatssekretär Dr. Trendelenburg schilderte den Verlauf der Verhandlungen und teilte ihr Ergebnis mit4. Zu entscheiden sei im wesentlichen über zwei Fragen:

4

Die Bank für dt. Industrieobligationen war 1924 als Zwischenstelle zwischen der nach dem Dawesplan zu Reparationszwecken zu belastenden dt. Wirtschaft und den Reparationsorganen errichtet worden. Obwohl die Industrieaufbringungsumlage nach den Bestimmungen des Youngplans weggefallen war, wollte die RReg. die Industriebelastung zur Finanzierung der Osthilfe aufrechterhalten (s. Dok. Nr. 22, Anm. 8) und plante daher die Umgestaltung der Bank. Das Präsidium des RdI hatte am 15.5.30 zu dem Osthilfeprogramm der RReg. Stellung genommen. Es hatte der Industrieaufbringung in der vorgesehenen Form mit der Begründung widersprochen, daß eine Forterhebung nach dem Inkrafttreten des Neuen Plans durch nichts gerechtfertigt sei. Trotz dieser grundsätzlichen Stellungnahme sei der RdI bereit, die Aufbringungsumlage unter bestimmten Voraussetzungen bestehen zu lassen: Der bisherige jährliche Gesamtbetrag von 300 Mio RM sollte zwecks Freistellung der kleinen und mittleren Betriebe mit einem Betriebsvermögen unter 1 Mio RM vom Jahre 1931 an um ein Drittel, also auf 200 Mio RM ermäßigt werden. Die Aufbringungslast sollte sich bis 1935 jährlich um 40 Mio RM verringern. Das durch die Umlage geschaffene Zweckvermögen sollte von der Industrie-Obligationen-Bank im Verhältnis 40 zu 60 zum Wiederaufbau des Realkredits der kleinen und mittleren Industrie und für die Zwecke der Umschuldung derjenigen landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Betriebe in den Ostgebieten verwendet werden, die in ihrem Bestande gefährdet seien und nach Lage der Verhältnisse noch erhalten werden könnten, und bei denen die Leitung des Betriebes dafür eine Gewähr biete (Schreiben des Geschäftsführenden Präsidialmitglieds Kastl an StS Pünder vom 15.5.30, R 43 I /450 , Bl. 160–166; vgl. hierzu auch Dok. Nr. 28, Anm. 4).

In der Besprechung vom 20.5.30 im RWiMin. hatte sich der RFM grundsätzlich mit dem Vorschlag des RdI einverstanden erklärt und nur Bedenken dagegen erhoben, daß nach den Vorstellungen des RdI von den eingehenden Mitteln nichts der allgemeinen Verwendung im Reichsetat zufließen sollte. Der Vorschlag des RdI werde daher die geplante Einkommensteuersenkung von 600 Mio RM für 1931 gefährden. Silverberg hatte dem RFM geantwortet, daß der Industrie eine Wiederbelebung der Wirtschaft, auf die der Plan des RdI ziele, wichtiger sei als die Senkung der Einkommensteuer (Aufzeichnung des RWiMin. in R 43 I /450 , Bl. 169–180). Die Kabinettsvorlage des RWiM vom 30.5.30 befindet sich in R 43 I /450 , Bl. 199–204).

[177] 1.

ob der Wegfall der geplanten Einkommensteuersenkung auf Grund der Vorschläge der Industrie erträglich sei, und

2.

ob ein Sonderunternehmen mit bestimmten wirtschaftlichen Zielen aus Mitteln steuerlichen Charakters errichtet und erhalten werden könne.

Bedenken beständen insofern, als der Einfluß des Großkapitals auf das kleine Kapital und die Landwirtschaft bei Annahme der Vorschläge des Reichsverbandes der Deutschen Industrie wesentlich verstärkt würde. Allerdings sei der Reichsverband bereit, der Reichsregierung einen entsprechenden Einfluß auf die Verwaltung des geplanten Zweckvermögens zuzugestehen.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, er habe bei den Verhandlungen mit der Industrie zugesagt, daß er persönlich ihren Vorschlag im Kabinett befürworten wolle5. Dabei habe er darauf hingewiesen, daß der Verzicht auf die Einkommensteuersenkung die notwendige Folge der Durchführung dieser Pläne sei. Darüber hinaus könne bei ungünstiger Entwicklung der Reichsfinanzen auch die Senkung der Realsteuern gefährdet werden, wenn sich die Reichsregierung durch ein Eingehen auf die Vorschläge der Industrie binde. Diese Bedenken könnten allerdings zunächst zurückgestellt werden, wenn entsprechende gesetzliche Regelungen nicht vor der Sommerpause des Reichstags, sondern erst im Herbst eingebracht würden; dann werde die Lage besser zu übersehen sein.

5

In der Besprechung vom 20.5.30 hatte der RFM bemerkt, daß vor einer endgültigen Ausarbeitung des Plans die Genehmigung der RReg. eingeholt werden müsse, die er aber noch im Laufe der Woche zu erlangen hoffe (R 43 I /450 , Bl. 178–179).

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hielt es für geboten, daß die im Osthilfegesetz vorgesehenen 250 Millionen aus der Aufbringungsumlage auf jeden Fall diesem Zweck gesichert bleiben.

Der Reichskanzler stellte fest, daß das Reichskabinett den Reichswirtschaftsminister ermächtige, im Benehmen mit dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft über den Plan der Industrie[178] mit ihren Vertretern weiter zu behandeln. Die endgültige Stellungnahme des Kabinetts bleibt vorbehalten. Die im Osthilfegesetzentwurf vorgesehenen 250 Millionen RM aus der Aufbringungsumlage sollen ihrem Zweck auf jeden Fall gesichert bleiben6.

6

S. Dok. Nr. 77, P. 2.

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