2.91.6 (bru1p): 6. Erhöhung des Erbsenzolles.

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6. Erhöhung des Erbsenzolles.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft trug den Sachverhalt vor und bezeichnete eine Erhöhung des Erbsenzolles von 4 auf 20 RM als unbedingt geboten8.

8

Der REM hatte in seiner Kabinettsvorlage vom 28.7.30 die Zollerhöhung mit dem Preisverfall der Speiseerbsen auf dem dt. Markt begründet; der RFM habe der Zollerhöhung wegen der Gefährdung des dt.-polnischen Handelsvertrags abgelehnt und hinzugefügt, daß er bei der gesamten politischen Lage eine Preiserhöhung der Lebensmittel durch neue Zollerhöhungen nicht für tragbar halte. Nach Auffassung des REM könne dagegen im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht auf die Ratifikation des dt.-polnischen Handelsvertrages gewartet werden, in dem im übrigen die Erbsenzölle von dt. Seite nicht gebunden seien. Eine Preiserhöhung der Speiseerbsen als Folge der Zollerhöhung werde nur ein außerordentlich geringes Ausmaß annehmen, so daß eine merkbare Verteuerung der Lebenshaltungskosten durch diese Zollerhöhung nicht zu befürchten sei (Schreiben des REM in R 43 I /2544 , Bl. 91 bis 92; MinR Wienstein hielt in seinem Referentenvortrag vom 29. 7. die Einwände des RFM für überzeugend: a.a.O., Bl. 93–94).

[353] Ministerialdirektor Dr. Zarden führte aus, Reichsminister Dietrich habe hiergegen vor allem zwei Bedenken. Er befürchte, daß durch eine Erhöhung des Erbsenzolles das Zustandekommen des deutsch-polnischen Handelsvertrages9 noch mehr gefährdet werde. Ferner befürchte er, daß eine Verteuerung von Lebensmitteln im gegenwärtigen Augenblick politisch nicht tragbar sei.

9

Vgl. dazu Dok. Nr. 20, P. 2.

Ministerialdirektor Dr. Ritter machte darauf aufmerksam, daß seit Beendigung der Handelsvertragsverhandlungen mit Polen die Getreide- und die Schweinezölle erhöht worden seien, desgleichen die Eierzölle. Wenn nun auch noch die Erbsenzölle erhöht würden, werde Polen wahrscheinlich an dem Handelsvertrag kein Interesse mehr haben.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft machte den vermittelnden Vorschlag, den Zoll nur für die Viktoria-Speiseerbsen zu erhöhen, für die übrigen Erbsen, also insbesondere für Futtererbsen, nicht.

Ministerialrat Sarnow (Reichsfinanzministerium) bezeichnete eine Unterscheidung zwischen Viktoria-Erbsen und anderen Erbsen zolltechnisch als nicht möglich.

Der Reichsarbeitsminister äußerte gleichfalls Bedenken gegen eine Zollerhöhung.

Der Reichsminister für die besetzten Gebiete regte an, bei der Polnischen Regierung sogleich anzufragen, ob sie den Handelsvertrag mit Deutschland ratifizieren wolle.

Ministerialdirektor Dr. Ritter erwiderte, daß Polen die Gegenfrage stellen werde, ob Deutschland ratifiziere. Wenn Deutschland den Vertrag schon ratifiziert hätte, hätte es mit gewisser Aussicht auf eine sachliche Antwort die Frage an Polen richten können, ob es den Vertrag ratifiziere.

Auf die Frage des Reichsministers für die besetzten Gebiete, ob die Polen neue Zugeständnisse in dem Handelsvertrag verlangten, erwiderte Ministerialdirektor Dr. Ritter, daß Deutschland das abgelehnt habe.

Es bestand schließlich Übereinstimmung im Reichskabinett darüber, daß vor Vertretern des Reichsfinanzministeriums sowie des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft unter eventueller Hinzuziehung von Sachverständigen zunächst eine Prüfung der Frage vorgenommen werden soll, ob eine zolltechnische Unterscheidung zwischen Futter- und Speiseerbsen möglich ist10.

10

S. Dok. Nr. 99, P. 1.

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