1.114.1 (bru2p): Wirtschaftslage.

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Wirtschaftslage.

Nach der Eröffnung der Besprechung trug der Reichsbankpräsident noch einmal den Sachstand Garantieverband1 vor und führte unter anderem aus, daß die Absicht bestehe, die gekündigten Kredite auf die Gold-Diskontbank herüber zu legen. Wenn Ausfälle bei Kündigung von Krediten entstehen, sollen diese durch Rediskontkredite über die Notenbanken ausgeglichen werden. Auch die Forderungen von industriellen Unternehmungen sollen im gewissen Rahmen nunmehr Berücksichtigung finden. Demnach würden auch die Industriekredite aufgefangen werden. Dies sei ein besonderer Wunsch des Herrn Dr. Vögler gewesen2. Dieser Wunsch sei aus der Angst erklärlich, daß die privaten Kredite (Vereinigte Stahlwerke) gekündigt werden könnten, wenn nicht auch in irgend einer Form die industriellen Kredite mit Berücksichtigung finden. S. bedenklich man auch im einzelnen zu dem Vorschlag einer Gesamtgarantie sein könne, so habe doch der Gedanke das Gute einer Kraftzusammenfassung, und zwar in Verbindung mit dem Hoover-Plan.

1

Schaffung eines Garantieverbands der dt. Wirtschaft; vgl. Dok. Nr. 363.

2

Aufzeichnungen über die Verhandlungen der Rbk mit der Industrie waren nicht zu ermitteln.

Staatssekretär TrendelenburgTrendelenburg wies auf die Bedenklichkeit der Erweiterung des Planes hin. Es bestehe die Gefahr einer Wanderbewegung der Kredite.

ReichsbankpräsidentLutherLuther betonte demgegenüber, daß bei dem ersten engen Plan die politische Stimmung nicht günstig gewesen sei. Nachdem der Hoover-Plan zu einem gewissen Abschluß gekommen sei3, könne man wohl auf eine bessere Entwicklung der Wirtschaft rechnen. Die Durchführung des Plans einer Gesamtgarantie werde sich stark verschieben bei der praktischen Handhabung.

3

S. Dok. Nr. 364, P. 1.

Der Reichsminister der Finanzen bemerkte, daß Schwierigkeiten eintreten würden, wenn die Kredite an die Gold-Diskontbank herankämen.

Der Reichskanzler wies darauf hin, daß ein Erlaß der Reparationslasten uns auch nicht von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten befreien würde. Er verkenne allerdings auch nicht die große Gefahr, die bestehe, wenn stark auf die Golddiskont-Bank herübergeschoben werde. Im übrigen müsse er nach außen hin den größten Wert darauf legen, daß unsere Lage nicht zu günstig geschildert werde, weil aus einer solchen Schilderung für uns bei den kommenden Verhandlungen unbequeme Situationen entstehen könnten.

[1302] Der Reichsbankpräsident hob noch einmal hervor, daß ein starkes Hinüberschieben der Kredite auf die Golddiskont-Bank nicht eintreten dürfte. Es dürften nur die wirklich schweren Fälle berücksichtigt werden. Er lege den größten Wert darauf, daß nunmehr, wirtschaftlich gesehen, eine Beruhigung eintrete, sonst könne man nicht mehr absehen, was in den nächsten Tagen erfolge. Das Fruchtbare des Planes der Gesamtgarantie läge nach seiner Meinung in der Machtvollkommenheit des Präsidenten.

Staatssekretär TrendelenburgTrendelenburg stellte noch einmal fest, daß nur solche Fälle berücksichtigt werden könnten, die sich in Liquiditätsschwierigkeiten befänden. Fälle wie Nordwolle dürften in keiner Weise einbezogen werden. Dieser Auffassung trat der Reichsbankpräsident voll und ganz bei. Er führte noch aus, daß vorgesehen sei, einen Beirat zu errichten. Es müsse mit allen Mitteln vermieden werden, daß private Interessen durchdrücken würden. Die geschäftliche Verwaltung läge selbstverständlich in Händen der Golddiskont-Bank.

Der Reichskanzler stellte am Schluß der Aussprache noch fest, daß es erwünscht sei, das Kabinett von der Durchführung des Planes zu benachrichten, ohne eine Beschlußfassung herbeizuführen4. Die Mehrheit der Anwesenden hielt einen Kabinettsbeschluß nicht für erforderlich, da es sich um eine rein private Angelegenheit der Wirtschaft handele.

4

S. Dok. Nr. 370.

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