1.166.1 (bru2p): Finanz- und wirtschaftspolitische Maßnahmen.

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Finanz- und wirtschaftspolitische Maßnahmen2.

2

Das Dokument ist abgedruckt in: Born, Die dt. Bankenkrise, S. 210–214.

Der Kanzler gab bekannt, daß er den Reichsminister a D. Dernburg wegen seiner besonderen Sachkunde um Teilnahme an den Beratungen gebeten habe. Er stellte zur Erörterung die Fragen

1.

der Dresdner Bank,

2.

der Danatbank,

3.

der Wiedereröffnung des Zahlungsverkehrs

und wies darauf hin, daß die Beratungen strengstens vertraulich zu behandeln sind.

An sich wünsche er, daß möglichst bald der volle Zahlungsverkehr der Banken wieder aufgenommen werden möchte. Es müsse aber, soweit irgend möglich, eine Garantie dafür vorliegen, daß keine übermäßigen Schwierigkeiten entständen. In der Provinz werde es wohl kaum möglich sein, die Vorbereitungen entsprechend zu treffen, weil die Akzept- und Garantiebank sich um die Provinzbanken noch nicht habe ausreichend kümmern können.

Würde es möglich, die Kassen bald wieder zu eröffnen, so sei es nicht ausgeschlossen, daß die Anforderungen nicht so hoch sein würden, wie zunächst befürchtet werde. Große Konzerne hätten sich bereits mit Noten für Lohn- und Gehaltszahlungen in den nächsten zwei bis drei Wochen eingedeckt. Er habe auch nicht den Eindruck, daß die Masse Noten hamstere. Bei den Sparkassen in Hamburg beispielsweise werde befriedigend eingezahlt. Im übrigen habe ein mäßiges Zurücklegen von Noten gewisse Vorteile.

Sowohl bei der Danatbank wie bei der Dresdner Bank müsse er verlangen, daß alle Mitglieder der Leitung und der Aufsichtsräte ihre Ämter schriftlich zur Verfügung stellen, bevor die geplanten Maßnahmen getroffen werden3. Schon wegen der öffentlichen Meinung sei das eine dringende Notwendigkeit. Ob der eine oder der andere der Betroffenen in seiner Stellung belassen würde, könne später entschieden werden.

3

Vgl. Dok. Nr. 423, Anm. 13.

[1458] Voraussetzung der Aufnahme des Zahlungsverkehrs sei die vorherige Bereinigung der die Dresdner und die Danatbank betreffenden Fragen. Die Schaffung eines Kapitals von 300 Millionen durch das Reich könne möglicherweise der Dresdner Bank ein Übergewicht über die anderen Banken geben4.

4

S. Dok. Nr. 417.

Der Reichsminister der Finanzen führte aus, daß, wenn nach dem Vorschlage von Staatssekretär a. D. Bergmann das Kapital der Danatbank von 60 auf 100 Millionen erhöht würde5, nur die Schaffung von Vorzugsaktien in Höhe von 40 RM in Frage kämen6.

5

S. Dok. Nr. 415, Anm. 3.

6

Nach der Aufzeichnung Schäffers hatte der RFM gesagt: „Es war nur noch streitig die Frage, ob man eine Erhöhung des Kapitals durch das Reich hinzusetzt. Darlegung des Industrieplanes. Bergmann sagt, er könne die Sache nur machen, wenn man zum mindesten in Aussicht nimmt, das Kapital auf 100 Millionen zu bringen. Wenn man die neuen Aktien als Vorzugsaktien macht, kommt man um ein Geschenk an die alten Aktionäre herum“ (IfZ ED 93, Bd. 12, Bl. 491).

Bei der Dresdner Bank frage es sich, ob zunächst ein Darlehen gewährt werde, das später in Vorzugsaktien umzuwandeln sei. Die Aktien der Dresdner Bank müßten bei der Reichs-Kredit-Gesellschaft deponiert werden, die für das Reich das Stimmrecht ausüben müsse. Einer Zusammenlegung der Dresdner Bank mit der Reichs-Kredit-Gesellschaft sei zu widerraten. Der Ausgang einer derartigen Transaktion sei unsicher.

Staatssekretär Dr. TrendelenburgTrendelenburg sprach sich gegen die Schaffung neuer Aktien für die Danatbank aus. Die Aktien, die noch im Verkehr seien, dürften nicht dadurch aufgewertet werden. Die Vorhaftung des Aktienkapitals sei allgemein sicherzustellen. Das sei auch die Meinung der ausländischen Sachverständigen.

Ein neues Kapital von 300 bis 400 Millionen würde die Dresdner Bank aus dem Rahmen der anderen Banken herausnehmen. 180 bis 200 Millionen Aktienkapital würden ausreichen. Der Rest könne im Wege des Kredites zur Verfügung gestellt werden.

Es müsse vermieden werden, daß durch die Schaltereröffnung Provinzbanken in größerer Zahl in Schwierigkeiten kämen. Er führte, nachdem der Reichskanzler auf die politischen Folgen des Einsatzes öffentlicher Mittel für private Unternehmungen hingewiesen und die Frage einer Rekonstruktion der beiden Banken durch die Akzept- und Garantiebank zur Erörterung gestellt hatte, der dann der Kredit des Reichs verfügbar gemacht werden müsse, folgendes aus:

Der Vorschlag sei bei den ersten Bankberatungen gemacht worden. Damals wäre er technisch durchführbar gewesen, Jetzt sei es aber fraglich, ob durch diese Konstruktion ausreichende Ruhe geschaffen werden würde. Voraussichtlich würde mit einem Abzug von 2 bis 3 Milliarden zu rechnen sein. Die Sachverständigen hätten sich deswegen für die unmittelbare Sanierung der Banken ausgesprochen.

Politisch wäre eine Verbindung der Dresdner Bank mit der Reichs-Kredit-Gesellschaft und Hergabe von Reichsmitteln an Letztere günstiger als die Kapitalzuwendung[1459] an die Dresdner Bank selber. Dann würde aber das Reich die Dresdner Bank endgültig übernehmen. Das wäre auf keinen Fall zweckmäßig. Durch eine derartige Fusion dürfe auch nicht der großen Frage präjudiziert werden, ob in Zukunft das Depotgeschäft vom Finanzierungsgeschäft grundsätzlich ferngehalten werden solle.

Reichsminister a. D. DernburgDernburg hielt hinreichende Reserven für nötig, weil es nicht möglich sei vorauszusagen, ob der Zahlungsverkehr sich ausreichend reibungslos abwickeln würde.

Bei der Danatbank sei angeblich das Aktienkapital noch nicht verloren, sondern lediglich die Reserven. Es sei besser, das Aktienkapital der Danatbank nicht zu erhöhen, aber 40 Millionen für den Notfall in Aussicht zu stellen.

Die Dresdner Bank rechne mit einem Bedarf von 400 Millionen. Würden vom Reich 300 Millionen Schatzwechsel zur Verfügung gestellt, so könnten die Schalter wieder eröffnet werden. Er empfehle, die Dresdner Bank zu öffnen, alle Verbindlichkeiten zu erfüllen, die Entwicklung abzuwarten und dann nötigenfalls das Darlehen des Reichs in Vorzugsaktien umzuwandeln. Der Kreditausschuß der Akzept- und Garantiebank habe sich ebenfalls in dieser Richtung ausgesprochen. In ihr seien allerdings die Banken vertreten, die sich durch eine überragende Stellung der Dresdner Bank auf Grund eines großen reichseigenen Kapitals benachteiligt fühlten. Ein völliger Personalwechsel, Aufhebung der Mißwirtschaft und der übermäßig stark besetzten Aufsichtsräte sei nötig.

Dr. MelchiorMelchior schlug vor, für die Dresdner Bank Kapital mit Agio einzustellen. Es könne dann kleiner gehalten werden, zumal, wenn sich eine Beruhigung durchsetze. Nötigenfalls aber müsse die Reichsbank der Dresdner Bank mit Sicherung der Akzeptbank auch ohne ausreichende weitere Deckung vollen Rückhalt geben.

Die Kapitalkonstruktion der Danatbank sei nicht eilig, weil sie unter Staatsgarantie stehe.

Die Aufnahme des Zahlungsverkehrs in der Provinz sei noch nicht ausreichend vorbereitet. Die Akzeptbank müsse ihre Tätigkeit auf die Provinzbanken ausdehnen.

Der Reichsbankpräsident fürchtete für die Währung bei Eröffnung der Dresdner Bank ohne Rekonstruktion ihres Kapitals, da nicht nur ihre Liquidität, sondern auch die Aktivität ihres Status bezweifelt würde.

Die Sparkassen könnten nicht gleichzeitig mit den Banken eröffnet werden. Allerdings würde, wenn es möglich wäre, das Publikum stärker an die Zahlungsfähigkeit der Kreditinstitute glauben. Um die Notenausgabe möglichst niedrig zu halten, sei es geboten, mit allen verfügbaren Mitteln das Vertrauen in die Bankinstitute zu steigern.

Geheimrat SchmitzSchmitz schlug vor, bei beiden Banken je 100 Millionen Vorzugsaktien zu schaffen. Die Industrie könne sich dann mit 25%, also mit 50 Millionen, beteiligen; nötigenfalls könne dieses Schema auf andere Banken angewandt werden. Die Aktiva der notleidenden Banken seien flüssig zu machen, bedenkliche Forderungen könnten in einer Verwaltungsgesellschaft[1460] zusammengefaßt werden, die allmählich liquidieren müsse. Dabei würde eine größere Bewegungsmöglichkeit der beiden Banken herbeigeführt. Nach einer kurzen Aussprache über den Vorschlag von Dr. Melchior, daß sich die Großbanken den Stand ihrer Kunden etwa für einen Monat garantieren sollten, brachte der Reichsminister der Finanzen die Verhältnisse bei der Schröderbank zur Sprache7. Er berichtete über das Ergebnis der bisherigen Sanierungsverhandlungen, an denen sich unter Haftung des neuen Kapitals von 12 Millionen die Stadt Bremen, das Reich, die Reichs-Kredit-Gesellschaft und die Commerz- und Privatbank beteiligen sollen. Mit kleineren Bankiers seien die Verhandlungen wegen eines Depots von 24 Millionen Lloyd-Aktien aufgenommen, die in ihren Händen seien und deren Veräußerung zur Deckung von Forderungen der Bank von 6,8 Millionen in Frage käme.

7

Vgl. Dok. Nr. 408, P. 2.

10 Millionen Betriebskapital seien durch Hinterlegung von Schatzwechseln geschaffen worden. Darüber hinaus müsse das Reich die Garantie ablehnen. Voraussichtlich würde die Commerz- und Privatbank die Führung später übernehmen. Das Reich werde an die Schröderbank 1½ Millionen eigener Reserven geben, die damit gedeckt werden, daß dem Staat Bremen in dieser Höhe seine Schuld erlassen werde. Einer ihrer Vertreter und ein Mitglied der Reichs-Kredit-Gesellschaft führten zur Zeit die Geschäfte8.

8

Zur weiteren Behandlung des Falles Schröder-Bank s. Dok. Nr. 440, P. 4.

Das Kabinett hatte keine Bedenken9.

9

Schäffer notierte über diese Beratung: „Mit TrendelenburgTrendelenburg geschimpft, daß der Kanzler sich durch die Industrie wiederum nach der Richtung hat beeinflussen lassen, bei der Dresdner Bank nichts Ganzes zu machen. Ob man ohne ein Aktienkapital das nötige Vertrauen verbreitet, sei doch sehr zweifelhaft. Der Kanzler fragt augenblicklich zu viel Leute, und man weiß nie genau, wer regiert“ (IfZ ED 93 Bd. 12, Bl. 493–494).

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