1.188.3 (bru2p): 3. Außerhalb der Tagesordnung: Bericht über die Reise des Reichskanzlers nach Rom.

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3. Außerhalb der Tagesordnung: Bericht über die Reise des Reichskanzlers nach Rom.

Der Reichsminister des Auswärtigen berichtete, daß die Reise ohne jeden Mißklang verlaufen sei15. Der Empfang sei sehr würdig, erst etwas zurückhaltend,[1550] nachher um so wärmer gewesen. Die deutschen Herren seien im Sonderzug am Brenner abgeholt worden. Herr Mussolini habe den Zug auf der Rückfahrt bis Berlin zur Verfügung gestellt, begreiflicherweise habe man das aber nur bis zum Brenner annehmen können. In der ersten Besprechung im Palazzo Venezia habe zunächst der Reichskanzler die Lage eingehend geschildert. Mussolini habe darauf in längerer Ausführung, ganz in der Einstellung auf eine europäische Kooperation geantwortet und Italiens Hilfsbereitschaft bekundet. Er habe von vier weiteren Hooverjahren, möglichst zehn Feierjahren, gesprochen und besonders der Besorgnis Ausdruck gegeben, daß Amerika sich wieder von Europa zurückziehen könne. Von einer Blockpolitik gegenüber Frankreich sei nicht die Rede gewesen. Mussolini habe sich für Abhaltung der Abrüstungskonferenz im Februar 1932 ausgesprochen, trotz großer Zweifel an ihren Ergebnissen. Er habe darauf hingewiesen, daß man die Zeit noch ausnützen müsse, in der die englische Labour-Regierung am Ruder sei16.

15

RK und RAM hatten am 7. und 8.8.31 der ital. Reg. und dem Vatikan einen Besuch abgestattet (Schultheß 1931, S. 390–392). Über die einzelnen Gespräche hatte der RAM Aufzeichnungen angefertigt (Umdrucke in R 43 I /80 , Bd. 334–353). S. auch Brüning, Memoiren, S. 354–361; Curtius, Sechs Jahre Minister, S. 222–225.

16

Vgl. die Aufzeichnung des RAM über dieses Gespräch (R 43 I /80 , Bl. 339–341).

In den weiteren Besprechungen sei man mehr ins einzelne gegangen. Man habe die Frage der Kohlenlieferungen besprochen, über die Mussolini genauestens unterrichtet gewesen sei. Er habe hierbei viel Verständnis für den deutschen Standpunkt gezeigt.

Man habe ferner die italienische Absicht, in Genf die Generalakte17 zu zeichnen, erörtert. Mussolini habe betont, daß er damit Frankreich nur den Vorwand nehmen wolle, auf seine Sicherheitswünsche zu pochen. Unsere Gegengründe seien ausgeführt worden und man habe sich den Austausch von Gutachten zugesagt. Vielleicht könne Deutschland mit gewissen Reserven doch auch die Generalakte zeichnen.

17

S. Dok. Nr. 306, Anm. 7.

Eingehend sei über die wirtschaftlichen Fragen, Präferenzverträge, europäische Wirtschaftssanierung gesprochen worden. Wegen dieser Dinge habe man Entsendung italienischer Sachverständiger nach Berlin ins Auge gefaßt, die dort gegebenenfalls mit Herrn Layton beraten sollten18.

18

Die Fragen der Kohlelieferungen, der Generalakte und der Präferenzverträge waren während eines Besuchs Mussolinis und Grandis in der dt. Botschaft erörtert worden (Umdruck einer Aufzeichnung des RAM vom 9.8.31, R 43 I /80 , Bl. 350–353).

Hinsichtlich der Abrüstungsfragen habe man nur über Seeabrüstung gesprochen. Mussolini habe berichtet, daß die Franzosen den Versuch machten, mit den Italienern gemeinsam eine Front gegen England zu bilden. Darauf werde Italien sich nicht einlassen. Den deutschen Herren gegenüber hätten die Italiener von einem oder zwei Flottenfeierjahren gesprochen, wobei natürlich die Schiffe weiter gebaut werden sollten, deren Bau schon begonnen sei19.

19

Vgl. den Umdruck der Aufzeichnung des RAM vom 9.8.31 über die Besprechungen beim Frühstück in der Villa Borghese am 7.8.31 (R 43 I /80 , Bl. 347–349, hier Bl. 348 f.).

Über die Anschluß- und Zollunionsfrage sei nicht gesprochen worden.

[1551] Der Reichsminister des Auswärtigen berichtete sodann über den sehr herzlichen Empfang der beiden Minister im Vatikan durch den Papst und Kardinal-Staatssekretär Pacelli20.

20

Vgl. die Aufzeichnungen des RAM über die Audienz beim Papst Pius XI. und den Besuch bei Kardinal Pacelli (R 43 I /80 , Bl. 336–338); s. dagegen Brüning, Memoiren, S. 358–360.

Der Reichskanzler wies ergänzend darauf hin, daß mit den Italienern ausgemacht worden sei, Deutschland dürfe nicht in allen für Europa schwebenden wichtigen Fragen als Sturmbock gegen Frankreich benutzt werden. Die Italiener hätten für diesen Gesichtspunkt volles Verständnis gehabt. Aufgefallen sei ihm bei Mussolini die ernste Grundstimmung bei allen seinen Ausführungen. Er habe sich hinsichtlich der Lage Italiens und Europas sehr besorgt gezeigt. Mehrfach habe Mussolini auf den entscheidend großen Einfluß des französischen Generalstabs auf die französische Politik hingewiesen. Er habe geäußert, das große Rätsel für Europa sei, was General Weygand beabsichtige21. Auffallend sei im übrigen die weniger gute Qualität der Mitarbeiter Mussolinis. Es sei doch ein sehr schwieriges Problem, was einmal nach Mussolini werden solle.

21

Vgl. dazu die Aufzeichnung des RAM über die Gespräche in der Villa d’Este am 7.8.31 nachmittags (R 43 I /80 , Bl. 345–346, hier Bl. 346).

Die Berichterstattung wurde hiermit geschlossen.

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