1.201.1 (bru2p): Wirtschaftspolitische Maßnahmen.

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Wirtschaftspolitische Maßnahmen.

(Fortsetzung der Besprechung vom 18. August über Bankfragen1)

1

Das Protokoll ist gekürzt abgedruckt bei Born, Die dt. Bankenkrise, S. 225–232.

Staatssekretär Dr. TrendelenburgTrendelenburg stellte fest, daß es sich bei der weiteren Beratung um folgende Probleme handele:

1.

Wie die Reichsbeteiligung bei der Danat-, der Dresdner und der Schröder-Bank2 weiter entwickelt werden solle.

2.

Wie die Bankenaufsicht zu regeln sei.

2

Vgl. Dok. Nr. 440, P. 4.

Zu 1) frage es sich, ob eine staatswirtschaftliche oder privatwirtschaftliche Lösung angestrebt werden solle; ob organisatorische Änderungen bei den drei Banken ins Auge zu fassen seien, etwa Zusammenfassungen der drei Banken[1601] untereinander oder mit einer anderen Bank; etwa eine Zusammenlegung der Dresdner Bank mit der Reichs-Kredit-Anstalt; ferner, ob eine Typisierung der Banken herausgebildet werden solle; es sei früher bereits erörtert worden, daß die Dresdner Bank als Kern des Depositengeschäfts, die Danatbank mehr zum Typ einer Industriebank entwickelt werden könnte3. Es frage sich weiter, wie die Stellung der Sparkassen geregelt werden solle und die Befriedigung des mittelständischen Kredits; auch, wie der regionale Unterbau der Danat- und der Dresdner Bank vielleicht verteilt werden müsse; zu erwägen sei die Zusammenlegung von Filialen; ferner auch wie die Beteiligung des Reichs auf die Dauer finanziert werde; bisher seien bekanntlich Schatzanweisungen ausgegeben worden; es frage sich, wie diese abgelöst werden könnten.

3

S. Dok. Nr. 449.

In diesem Zusammenhang erörterte Staatssekretär Dr. Trendelenburg nochmals das Beispiel der Tschechoslowakei bezüglich der Abgabe der Banken von den Depositenbeträgen (vgl. Niederschrift vom 18.8.19314).

4

StS Trendelenburg hatte dieses Beispiel nicht in der Sitzung vom 18.8.31, sondern in der Ministerbesprechung vom 14.8.31 erwähnt: s. Dok. Nr. 442, P. 1.

Ferner stellte Staatssekretär Dr. Trendelenburg fest, beständen noch weitere große Probleme, wie das der Genossenschaften, das wiederum nicht ohne die Preußenkasse zu lösen sein werde. Es frage sich, was in allen diesen Richtungen zu geschehen habe; vor allem müßten die Danat- und die Dresdner Bank wieder in Gang gebracht werden.

Was den großen Komplex der Frage der Bankenaufsicht angehe, so sei dieses Problem in der Beratung vom 18. d. Mts. bereits umrissen worden.

Der Reichskanzler warf die Frage auf, ob die Sachverständigen es für richtig halten, an die Personalfragen des Aufsichtsrats und des Vorstands der Danat- und der Dresdner Bank heranzugehen, bevor die grundsätzlichen Fragen näher geklärt seien; ob dieses nötig sei, um das Vertrauen des Publikums zu erhalten. Das genauere Schicksal der beiden Banken werde endgültig vielleicht erst in Monaten entschieden werden können.

Minister a. D. HilferdingHilferding meinte, der jetzige Zustand führe täglich erhebliche Schäden herbei, indem gerade die besseren Kunden von den beiden Banken weggingen. Er schlage vor, die Aktien der Danat- und der Dresdner Bank in treuhänderische Verwaltung der Reichs-Kredit-Anstalt zu nehmen, damit diese die Verwaltung der Banken übernehmen könne.

Der Reichsminister der Finanzen wies darauf hin, daß die Reichs-Kredit-Anstalt bereits eine Treuhänderstellung habe.

Minister a. D. HilferdingHilferding warf dann die Frage auf, ob man beide Banken vielleicht in einer Holding-Gesellschaft vereinigen könne, um sie zu befreien von den nur langsam abwickelbaren Geschäften. Als Hauptaufgabe könne dann das Wechselgeschäft betrachtet werden. Alle anderen Maßnahmen dürften erst getroffen werden, wenn man nähere Einblicke in die genauen Verhältnisse gewonnen habe.

[1602] Rechtsanwalt LammersLammers meinte, die Frage des Reichskanzlers habe eine politische und eine wirtschaftliche Seite. Politisch müsse unbedingt etwas geschehen, die Öffentlichkeit erwarte das. Wirtschaftlich handle es sich zunächst darum, ob bei der Danatbank die Kommissare bleiben oder ersetzt werden sollen5. Wenn jetzt etwas geschehe, sei aber Voraussetzung, daß die Banken privatwirtschaftlich weitergeführt werden und diese Richtung vorher festgelegt werde. Das halte er im Gegensatz zu Minister a. D. Hilferding für erforderlich. Die Einrichtung der Kommissare bei der Danatbank könne in ein Aufsichtsamt umgewandelt werden. Bei der Dresdner Bank lägen die Verhältnisse etwas anders. Dort handle es sich gleichzeitig um die Regelung der Frage der Genossenschaften6 und der Preußenkasse, wie Staatssekretär Trendelenburg schon angedeutet habe. Deswegen sei bei der Dresdner Bank vielleicht mehr eine Übergangszeit erforderlich. Trotzdem müsse auch bei der Dresdner Bank baldigst ein „Revirement“ erfolgen.

5

S. Dok. Nr. 380, P. 3 und Anm. 12.

6

Die Dresdner Bank unterhielt seit 1904 als einzige Großbank eine eigene Genossenschaftsabteilung: K. Gossweiler, Großbanken, Industriemonopole, Staat, S. 42. Zur Situation der landwirtschaftlichen Genossenschaften s. Dok. Nr. 244, P. 4, Dok. Nr. 247, P. 1 und Dok. Nr. 284, P. 1.

Der Reichsminister der Finanzen meinte, die Gefahr für beide Banken sei insofern groß, als dauernd die Möglichkeit bestehe, daß die Presse die Öffentlichkeit wieder beunruhige. Bei der Danatbank lägen auch besondere Schwierigkeiten in der Frage, was mit den Geschäftsinhabern geschehen solle. Mit dem Plan einer Umgründung habe die Reichsregierung sich schon lange beschäftigt. Bei der Dresdner Bank sei entscheidend, ob der ganze Aufsichtsrat ersetzt werden solle, sonst bestehe wohl auch die Möglichkeit, eine teilweise Veränderung des Aufsichtsrats im Wege der Verständigung herbeizuführen. Bei den übrigen Banken bestehe große Gefahr, falls der Geldwert weiter steigen sollte. Dann würde die Landwirtschaft leicht alles mitreißen. Aus diesen Gründen halte er für sehr entscheidend die Frage der Bankpolitik.

Staatssekretär JoëlJoël erklärte, daß er den Standpunkt des Herrn Lammers nicht teile und bei der Danatbank eine vollständige Umgründung für notwendig halte. Die rechtliche Form der Danatbank zwinge dazu7. In einem Verfahren nach dem Handelsgesetzbuch werde das jedoch nicht möglich sein8; durch einen Akt der Gesetzgebung könne das aber normativ erfolgen. Das wäre zwar schwierig, aber die einzige Möglichkeit, eine Umwandlung für die Dauer vorzunehmen. Dann könne das Reich den nötigen Einfluß erhalten, um in den Vorstand und in den Aufsichtsrat Persönlichkeiten zu delegieren, die das Vertrauen des Reichs besäßen.

7

Die Danatbank war eine Kommanditgesellschaft auf Aktien.

8

Nach § 332 HGB (RGBl. 1897, S. 301 ) konnte eine KG a. A. durch Beschluß der Generalversammlung und aller persönlich haftender Gesellschafter in eine AG umgewandelt werden.

Rechtsanwalt LammersLammers erklärte, daß auch er diesen Weg für klarer halte als die von ihm erwähnte Möglichkeit und daß er eine solche Umgründung daher sehr begrüßen würde. Er sei vorher davon ausgegangen, daß möglichst wenig geschehen solle.

[1603] Direktor PferdmengesPferdmenges befürchtete, daß bei dem Plan des Staatssekretärs Joël die Gefahr bestehe, daß der weitere privatwirtschaftliche Weg der Danatbank erschwert werde.

Der Reichskanzler warf die Frage auf, ob die Möglichkeit bestehe, geeignete Leute aus der Wirtschaft zu bekommen, die sich zur Übernahme der in Frage kommenden Bankposten bereit finden würden.

Reichsminister a. D. DernburgDernburg hielt die Einrichtung der Treuhänder auch weiterhin für notwendig wegen der vom Reich übernommenen Gläubigergarantie9. Es frage sich auch, wie das Reich aus dieser Garantie wieder herauskomme. Die Bedenken von Herrn Pferdmenges teile er. Man müsse auch daran denken, die Haftung der jetzigen Geschäftsinhaber der Danatbank möglichst klarzulegen. Eine Abgrenzung sei notwendig bezüglich der neuen Maßnahmen bei der Bank, die von den Kommissaren veranlaßt wären. Dafür scheine ihm eine Haftung der Geschäftsinhaber ausgeschlossen. Im Hinblick darauf sei er für den Vorschlag des Ministers a. D. Hilferding, daß vor organisatorischen Änderungen die genaue Lage erst festgestellt werde. Es bestehe ja auch die Aussicht, daß die personelle Entwicklung die Lage vielleicht löse.

9

§ 1 der NotVO über die Danatbank vom 13.7.31 (RGBl. I, S. 359 ).

Rechtsanwalt LammersLammers meinte demgegenüber, man müsse die weitere Linie der Entwicklung vorhersehen können, sonst werde niemand sich zur Übernahme der Aufgaben bei den beiden Banken hergeben.

Der Reichsbankpräsident trat dafür ein, daß bald etwas getan werde. Eine Verbindung der Aufgaben bezüglich der Danatbank und der Dresdner Bank werde die Angelegenheit der Dresdner Bank verzögern. Bei der Dresdner Bank könnte leicht durch personelle Änderungen schon viel geschehen. Für die Dresdner Bank halte er auch die aufgeworfenen Fusionspläne für sehr erwägenswert, namentlich der einer Fusion mit der Reichs-Kredit-Anstalt. Bei der Danatbank könne man ohne durchgreifende personelle Änderungen sachlich nicht weiterkommen. Dort werde die Abwicklung der verschiedenen Fragen viel mehr Zeit erfordern und dauernd weitere persönliche Verhandlungen. Insofern werde eine Verbindung der Angelegenheit der Dresdner Bank mit der der Danatbank auf diejenige der Dresdner Bank verzögernd wirken. Er sei deswegen dafür, daß die Danatbank besonders behandelt werde.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte:

1. Man müsse eine Verkleinerung ins Auge fassen, nicht des Volumens der Geschäfte der Banken, aber der Organisationen. Ein Abbau erscheine unvermeidlich; man könne ihn aber bis zum Frühjahr verschieben.

2. Die Fusionspläne halte er für verfrüht.

3. Die Anschauungen bezüglich der Dresdner Bank seien viel zu pessimistisch. Die Dresdner Bank sei absolut zu halten. Daran sei nach den ganzen Kapital- und sonstigen Verhältnissen gar nicht zu zweifeln. (Zum Beleg erläuterte er die Zahlen des Kapitals und des Geschäftsumfangs). Er müsse daher vor pessimistischen Anschauungen, wie sie Minister a. D. Hilferding vorher vertreten habe, warnen. Selbst bei der Danatbank gingen die Geschäfte glatt weiter. Er habe am Tage vorher noch von Staatssekretär Bergmann erfahren,[1604] daß die Einzahlungen die Auszahlungen überwiegen. Ungünstige Ansichten über die Danat- und Dresdner Bank würden anscheinend planmäßig ausgestreut.

Bei der Dresdner Bank scheine ihm einstweilen nur die Frage des Aufsichtsrats wesentlich zu sein. Es werde dabei aber nicht auf die gesetzlichen Bestimmungen und Rechte ankommen. Die notwendigen Änderungen würden auch im Wege der Verständigung herbeizuführen sein.

Der Reichsbankpräsident bat, die Personalfragen bei der Dresdner Bank möglichst bald zu lösen, um die Unsicherheit bei der Leitung dieser Bank zu beseitigen.

Direktor PferdmengesPferdmenges erklärte, auch ihm scheine es dringlich zu sein, daß man an die Frage des Aufsichtsrats bei der Dresdner Bank herangehe. Dieser bestehe aus einer ungewöhnlich großen Zahl von Mitgliedern, die zum Teil überhaupt nicht mehr in direkter Verbindung zu der Bank ständen. Man solle an deren Stelle unbedingt einwandfreie namhafte Leute in den Aufsichtsrat bestellen, die möglichst gleichzeitig auch geeignet seien, das Vertrauen in die Bank zu stärken. Er denke an Männer von Namen wie etwa Krupp von Bohlen.

Herr HackelsbergerHackelsberger erklärte, ihm scheine die Frage einer Fusion der Dresdner Bank mit einem Großbank-Institut erörtert werden zu müssen.

Der Reichskanzler bat um Stellungnahme zu der Frage der Personalveränderungen. Die Aussprache habe ergeben, daß bei der Dresdner Bank personelle Maßnahmen sehr dringend seien, bei der Danatbank dagegen schwieriger. Man müsse sich aber darüber klar werden, daß die Bestellung einer Leitung bei der Dresdner Bank durch das Reich diese Bank zu einer Art Reichsorgan machen und herausheben werde aus dem Kreise der übrigen Banken. Ein solcher Zustand werde schwer wieder zurückgebildet werden können.

Rechtsanwalt LammersLammers bekräftigte diese Feststellungen. Er sehe aber Fusionsmöglichkeiten für die Dresdner Bank etwa mit der Preußenkasse. Er halte auch, trotz der von anderen Seiten vorgebrachten Bedenken eine Typisierung der Bank für möglich.

Der Reichsbankpräsident riet, wenigstens eine teilweise Veränderung des Aufsichtsrats bei der Dresdner Bank bald vorzunehmen, um auf solche Weise Vertrauensleute des Reichs in den Aufsichtsrat hineinzubekommen.

Der Reichsminister der Finanzen meinte, man könne vielleicht vor der nächsten Aufsichtsratssitzung zehn bisherige Mitglieder veranlassen, der Einladung nicht zu folgen und auf solche Weise auszuscheiden.

Direktor ReinhartReinhart erklärte sich unbedingt für eine weitere privatwirtschaftliche Linie der Banken, ferner auch für personelle Veränderungen, jedoch unter der Voraussetzung, daß die sachliche Linie vorher festgelegt werde. Einer Typisierung der Banken könne er nach wie vor nicht zustimmen.

Professor WeberWeber hielt gleichfalls für zweckmäßig, die personellen Veränderungen möglichst bald herbeizuführen und äußerte Bedenken gegen Banktypen.

Der Reichskanzler erklärte, daß sich die Dresdner Bank gegebenenfalls als vom Reich beeinflußte Bank mindestens in ihren Geschäften Beschränkungen[1605] auferlegen müsse und nicht alle Geschäfte betreiben könne, wie andere Banken, die nach der spekulativen Richtung weniger Rücksichten zu nehmen brauchten.

Professor WeberWeber erinnerte daran, daß auch die Deutsche Bank zu Beginn des Krieges Depositenbank gewesen sei. Die Danatbank sei ebenfalls in gewissem Umfang Depositenbank gewesen. Man dürfe in der Öffentlichkeit seiner Ansicht nach nicht einmal die Meinung aufkommen lassen, daß besondere Banktypen herausgebildet würden.

Die Ansicht des Reichsministers der Finanzen halte er für richtig, daß eine weitere Steigerung der Deflation alle anderen Banken zum Zusammenbruch führen würde.

Minister a. D. DernburgDernburg meinte, die Dresdner Bank könne ohne weiteres vorwiegend dem Mittelstand weiter dienen. Die Genossenschaftsabteilung solle nicht von ihr getrennt werden. Man solle auch nicht lange Erklärungen in die Öffentlichkeit geben, sondern mehr handeln.

Herr von FlemmingFlemming trat für die privatwirtschaftliche Entwicklung der Banken ein. Eine Erklärung der Reichsregierung zur Bankenfrage halte er aber für zweckmäßig, um das Vertrauen des Publikums wiederherzustellen.

Minister a. D. HilferdingHilferding meinte, eine privatwirtschaftliche Führung der beiden Banken sei nicht mehr möglich, nachdem diese sich tatsächlich bereits zu Staatsbetrieben verändert hätten. Bei der Danatbank würde er es bedauern, wenn bei den personellen Veränderungen politische Gründe etwa in Rücksicht gezogen würden. Die Danat- und die Dresdner Bank seien im übrigen sich tatsächlich ziemlich gleich. Es ergebe sich daher die Frage, ob beide nebeneinander bestehen können oder ob nicht eine Fusion beider in eine Holding-Gesellschaft vorgenommen werden müsse. Seines Erachtens müsse die Danatbank vordringlich geregelt werden.

Hieran knüpfte sich eine Aussprache über die Frage einer Holding-Gesellschaft, die ergab, daß eine solche Holding-Gesellschaft von den meisten Teilnehmern nicht für durchführbar gehalten würde, weil sie die Gefahr einer erheblichen Schädigung des Reichs bedeuten würde.

Der Reichsbankpräsident erklärte, das Danatbankproblem als Kapitalproblem, das Dresdner-Bank-Problem dagegen als Personalproblem anzusehen. Letzteres müsse möglichst schnell gelöst werden. Bei der Danatbank seien größere Schwierigkeiten zu lösen. Deren Geschäftsbetrieb laufe. Im Vordergrund stehe die Lösung der Personalfrage bei der Dresdner Bank.

Der Reichskanzler meinte, bei der Dresdner Bank sehe er für eine neue Leitung auch unter den jetzigen Umständen schon alle Aussichten für ein Arbeitsfeld von Dauer. Bei der Danatbank dagegen scheine ihm eine solche Aussicht viel unsicherer wegen des ungewisseren weiteren Schicksals. Was die pessimistische Beurteilung der Danatbank angehe, so habe doch auch die Industrie durch ihre Beteiligung gezeigt, daß sie die Danatbank nicht als aussichtsloses Unternehmen betrachte10.

10

Vgl. Dok. Nr. 415 und Dok. Nr. 420.

[1606] Rechtsanwalt LammersLammers meinte, eine Holding-Gesellschaft sei für die Danatbank die Lösung, aber für die Zukunft; zur Zeit sei diese Lösung noch nicht zweckmäßig.

Minister a. D. DernburgDernburg trat für eine Holding-Gesellschaft ein und befürchtete, daß das Vertrauen des Publikums in die Danatbank nach der nächsten Bilanz im Frühjahr sonst von neuem erschüttert werde.

Der Reichskanzler erklärte, eine Holding-Gesellschaft könne aber nicht etwa vom Reich gemacht werden.

Herr HackelsbergerHackelsberger meinte, das Reich müsse sich möglichst bald auch aus der Beteiligung an der Dresdner Bank herausziehen, indem diese an eine private Seite abgetreten werde. Die Kommissaraufsicht bei der Danatbank sei in der Öffentlichkeit nicht genügend bekannt. Man solle deswegen für eine entsprechende Aufklärung sorgen.

Der Reichskanzler befürchtete, daß dadurch das Vertrauen der Öffentlichkeit von neuem leide.

Der Reichsbankpräsident stellte fest, daß bei der Danatbank noch gar keine Klarheit über die Kapitalfrage bestehe.

Direktor ReinhartReinhart warf die Frage auf, ob das Reich nicht bei der Danatbank Geschäftsinhaber ernennen könne, ohne persönliche Haftung.

In einer anschließenden Aussprache wurde das als gänzlich ausgeschlossen bezeichnet.

Der Reichskanzler bat Professor Weber um nähere Ausführungen über die Frage der Deflation11. Eine möglichste Klärung dieser Frage halte er für bedeutsam, da in der nächsten Zeit aus Gründen der Außenpolitik die Deflation schwerlich werde vermieden werden können.

11

Vgl. zu der möglichen Intention dieser Bitte Brüning, Memoiren, S. 371.

Professor WeberWeber erklärte, daß eine weitere Deflation die Arbeitslosigkeit so stark vermehren könnte, daß möglicherweise die Gefahr einer Inflation wieder auftauche. Nähere Ausführungen zu diesem Gegenstand bat er in der nächsten Sitzung machen zu dürfen12.

12

Wegen einer Rippenfellentzündung konnte Weber an der Besprechung vom 29.8.31 (Dok. Nr. 456) nicht teilnehmen. Dem StSRkei übersandte er am 27.8.31 eine kurze Ausarbeitung mit dem Titel „Deflationssorgen“, in der er die weltweite Deflation als eine Folge der verkehrten Weltwirtschaftspolitik bezeichnete. Weber warnte vor einer Inflation als Gegenmittel ebenso wie vor einer Deflation im Übermaß. Er kritisierte indirekt die Kreditrestriktionspolitik der Rbk und forderte eine rücksichtslose Sparpolitik im Inland, die die Ausgaben den Einnahmen anpassen und die heimischen Wirtschaftsmöglichkeiten zweckmäßig mobilisieren müsse (R 43 I /2373 , S. 213–219).

Der Reichskanzler stellte diese für Sonnabend der nächsten Woche in Aussicht.

Minister a. D. HilferdingHilferding bat, daß zunächst die grundlegenden Begriffe möglichst klargelegt würden. Sodann müsse man sich darüber klar werden, ob man eine solche Deflationspolitik wolle.

Der Reichsbankpräsident erklärte, die Fragestellung des Ministers a. D. Hilferding sei falsch. Die Deflation sei nicht etwa abhängig von unserem Willen, sondern lediglich eine zwangsläufige Folge der internationalen Verhältnisse.[1607] Das müsse vor der vorgesehenen Aussprache über die Deflation beachtet werden.

Die Deckungsfrage habe nur eine psychologische Bedeutung. Für die Notenbank sei die Liquiditätsfrage die Hauptsache. In der Beziehung seien keine Bedenken begründet. Jeder berechtigte Drei-Monats-Kredit werde befriedigt. Auch die Lösung für die Sparkassen sei gesichert13.

13

Vgl. zu diesen Äußerungen Nachl. Luther, Nr. 365, Bl. 163–166, hier besonders Bl. 165 ff.

Der Reichsminister der Finanzen meinte, die Kreditmöglichkeit allein nütze nichts, wenn die Zinsen untragbar seien.

Professor WeberWeber erklärte, die Zinsfrage halte auch er für wesentlich. Er gehe soweit, selbst ein zeitweises Disagio der Reichsmark nicht als zu großes Unglück anzusehen.

Der Reichsbankpräsident erklärte, gegen jede Möglichkeit einer Inflationsfolge für die Reichsmark lebhaft protestieren zu müssen.

Der Reichskanzler vertagte die weitere Aussprache14.

14

S. Dok. Nr. 456.

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