1.246.1 (bru2p): 1. Lohnregelung im Ruhrbergbau.

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1. Lohnregelung im Ruhrbergbau.

Nach einleitenden Worten des Reichsarbeitsministers1 erläuterte Ministerialdirektor Dr. Sitzler den mit Schreiben vom 30. September 1930 […] übersandten Entwurf einer Verordnung des Reichspräsidenten über den Steinkohlenbergbau2. Er bemerkte hierzu, daß die Arbeitgeberseite es lieber sehen werde, wenn der Schiedsspruch, so wie er gefällt sei3, für verbindlich erklärt werde und wenn die Abkürzung der Laufdauer der durch Schiedsspruch zustande gekommenen Tarife später in größerem Rahmen durchgeführt werde. Der Bergbau wende sich auch gegen die in der Notverordnung vorgesehene Subvention durch Entlastung von den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung4. Die Arbeiterschaft werde den Erlaß der Notverordnung insofern peinlich empfinden, als zum ersten Male eine Lohnregelung durch Notverordnung erfolge, und schließlich treffe die Notverordnung auch die Schlichter sehr empfindlich, weil ihr Spruch dadurch desavouiert werde. Aus all diesen Gründen glaube er persönlich empfehlen zu müssen, von einer neuen Notverordnung abzusehen und den Schiedsspruch für verbindlich zu erklären.

1

S. zur bisherigen Beratung Dok. Nr. 486, P. 1.

2

Der NotVOEntw. verlängerte den am 30.9.31 ablaufenden Lohntarifvertrag bei gleichzeitiger Lohnsenkung um 7%. Der Tarifvertrag sollte erstmalig zum 30.11.31 kündbar sein. Für die Zeit vom 1. 10.–30.11.31 wurden die Untertagearbeiter im Steinkohlenbergbau des Ruhrgebiets und ihre Arbeitgeber von der Beitragspflicht zur ALV befreit (Entw. mit Anschreiben des RArbM vom 30.9.31 in R 43 I /2178 , Bl. 362–364).

3

Der Schiedsspruch war am 29.9.31 gefällt worden. Der Tarifvertrag hatte bei einer Lohnsenkung um 7% eine Laufzeit vom 1.10.31–31.1.32. Das Arbeitszeitabkommen war unverändert bis zum 31.3.32 verlängert worden (DAZ Nr. 447–448 vom 30.9.31).

4

S. auch Dok. Nr. 343.

Staatssekretär Dr. TrendelenburgTrendelenburg führte aus, daß ein Weg gefunden werden müsse, die Laufzeit der im Schiedsspruch gefundenen Regelung abzukürzen. Entweder müsse man durch Notverordnung die Dauer der neuen Tarifregelung abkürzen oder man müsse bei der Verbindlichkeitserklärung gleichzeitig bekanntgeben, daß die Neuregelung nicht bis zum 1.2.1932, wie im Schiedsspruch vorgesehen, dauern werde, sondern daß eine Abkürzung im Gesamtrahmen des Wirtschaftsprogramms der Reichsregierung erfolgen werde.

Reichsbankpräsident Dr. LutherLuther äußerte sich besorgt darüber, daß durch die Übernahme des Ausfalls an Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung auf die[1773] Reichskasse ein erkennbares Defizit im Reichsetat entstehen könnte. Er warnte eindringlich vor der dadurch eintretenden Diskreditierung der Stabilität der deutschen Verhältnisse gegenüber dem Auslande.

Der Reichskanzler erklärte, daß er den Erlaß einer neuen Notverordnung im Sinne der Vorlage des Reichsarbeitsministers für die richtige Lösung halte.

Staatssekretär Dr. MeissnerMeissner regte an, der Notverordnung eine andere Formulierung zu geben, durch die der Reichspräsident nicht unmittelbar mit der Lohnfrage belastet werde. Er schlug vor, den § 1 etwa in dem Sinne zu fassen, daß es heißt: Der Reichsarbeitsminister wird ermächtigt, bei der Verbindlichkeitserklärung von Schiedssprüchen, die auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten vom 27. 9.5 ergangen sind, die getroffene Regelung zu ändern.

5

NotVO über die Beilegung von Schlichtungsstreitigkeiten öffentlichen Interesses vom 27.9.31 (RGBl. I, S. 513 ).

Auch der Reichswehrminister sprach sich eindringlich dafür aus, einen Weg zu finden, der den Reichspräsidenten aus der Sache soweit wie möglich heraushält. Dieser Auffassung trat auch Staatssekretär JoëlJoël bei.

Es wurde beschlossen, die Notverordnung entsprechend der Anregung von Staatssekretär Meissner umzuarbeiten, im übrigen aber dem Herrn Reichspräsidenten den Erlaß der neuen Notverordnung vorzuschlagen6.

6

S. die 2. NotVO über die Beilegung von Schlichtungsstreitigkeiten öffentlichen Interesses vom 30.9.31 (RGBl. I, S. 521 ). Gegen die Befreiung des Ruhrbergbaus von der ALV-Beitragspflicht protestierten der Dt. Braunkohlen-Industrie-Verein (Telegramm vom 1.10.31, R 43 I /2178 , Bl. 381–382), der Verband Sächsischer Industrieller (Telegramm vom 2.10.31, R 43 I /2178 , Bl. 384–385) und der Wirtschaftsverband Mitteldeutschland (Schreiben vom 2.10.31, R 43 I /2178 , Bl. 389–391). Zur Begründung der Ablehnung s. Dok. Nr. 343, Anm. 3. Vgl. auch die VOen über die Befreiung von der Beitragspflicht zur ALV vom 3.10.31 (RGBl. I, S. 570 ) sowie vom 9.10.31 (RGBl. I, S. 584 ).

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