1.246.2 (bru2p): 2. Fortsetzung der Beratung über den Entwurf der dritten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen.

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2. Fortsetzung der Beratung über den Entwurf der dritten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen.

Arbeitslosenversicherung.

Der Reichsarbeitsminister legte die mit Schreiben vom 30.9.1931 übersandte Berechnung des Finanzbedarfs in Alu und Kru im Winterhalbjahr 1931/32 bei Annahme eines winterlichen Maximums von 6,5 Millionen Arbeitslosen vor und erläuterte die Berechnungen im einzelnen. Die Zusammenstellung schließt mit einem Fehlbetrag von insgesamt 146 Millionen RM7.

7

Die Aufstellung befindet sich in R 43 I /2041 , Bl. 281–283. Im einzelnen ergab sich für die Arbeitslosenunterstützung ein Fehlbetrag von 17 Mio RM, für die Krisenunterstützung ein Defizit von 125 Mio RM. Die Gemeinden mußten mit einer Mehrbelastung von 25 Mio RM in der Fürsorge rechnen. Hierzu Schäffers Tagebuch vom 29.9.31, IfZ ED 93, Bd. 14, Bl. 861 bis 863.

Reichsbankpräsident Dr. LutherLuther betonte die Notwendigkeit, diesen Fehlbetrag unter allen Umständen abzudecken, da man im Ausland in der Beurteilung der Stabilität der Mark gerade in der jetzigen Zeit überempfindlich sei und daß auch Kräfte am Werke seien, jede, auch nur entfernte Möglichkeit auszunutzen, die Reichsmark an das Schicksal des englischen Pfundes anzuhängen. Daher müsse der Reichsetat unter allen Umständen in Ordnung sein.

[1774] Der Reichskanzler erklärte, daß am Schluß der Beratung durch das Reichskabinett über den Gesamtkomplex der Notverordnung ein Überblick über das Etatsdefizit herbeigeführt werden würde8 und daß alsdann über die Bereinigung dieses Defizits eine klare Entscheidung fallen müsse.

8

Vgl. Dok. Nr. 505, P. 2.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, daß der Fehlbetrag von 146 Millionen RM notfalls durch Einsparung auf anderen Gebieten beschafft werden müsse.

Sodann ging das Reichskabinett auf die Vorlage des Reichsarbeitsministers vom 29.9.1931 […] ein9. Die Einzelheiten der Vorlage wurden von Ministerialdirektor Dr. Sitzler erläutert. Auf Grund der Aussprache wurde der durch Art. 1 der Vorlage eingefügte neue § 56 a gestrichen10.

9

Die Vorlage befindet sich in R 43 I /2041 , Bl. 266–270.

10

Dieser neue § 54 a sollte den Präs. der RAfAuA ermächtigen, Ausnahmen vom Verbot der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung zu gestatten (R 43 I /2041 , Bl. 267).

Im übrigen wurde die Vorlage nach Antrag unverändert angenommen11. Die Unterstützungsdauer in der Arbeitslosenversicherung soll auf 20 Wochen herabgesetzt werden. Für die Saisonarbeiter soll die Unterstützungsdauer der Arbeitslosenversicherung künftig nur noch 16 Wochen betragen. In diesem Sinne wird der Reichsarbeitsminister auf die Reichsanstalt einwirken.

11

S. den 2. Teil der 3. NotVO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6.10.31 (RGBl. I, S. 541 ).

Siedlungswesen.

Der Reichsarbeitsminister nahm Bezug auf die den Reichsministern zugegangene Vorlage […]12.

12

Die Vorlage enthielt Bestimmungen über die landwirtschaftliche Siedlung, die vorstädtische Kleinsiedlung, die Bereitstellung von Kleingärten für Erwerbslose sowie den Entw. einer Vereinbarung zwischen Reich und Preußen (R 43 I /1287 , Bl. 92–102).

Ministerialdirektor WeigertWeigert erläuterte die einzelnen Artikel und ferner den der Vorlage beigefügten Entwurf der Vereinbarung zwischen Reich und Preußen.

Reichsminister TreviranusTreviranus stellte die in seiner Vorlage vom 29.9.1931 […] formulierten Abänderungsanträge zu § 9, 18 und 2313.

13

RM Treviranus hatte in seiner Vorlage vom 29.9.31 folgende Abänderungen am NotVOEntw. des RArbM vorgeschlagen: Der Rkom. für die vorstädtische Kleinsiedlung sollte nicht dem RArbM, sondern dem RK unmittelbar unterstehen (§ 9). § 18, der den Bewerber für eine Kleinsiedlerstelle verpflichtete, sich einer Beratung für die Bewirtschaftung seines Geländes zu unterwerfen, und sich einer Absatzgenossenschaft anzuschließen, sollte gestrichen werden. Als § 23 sollte die Bestimmung neu aufgenommen werden, daß der RK bei Meinungsverschiedenheiten auf den Arbeitsgebieten der vorstädtischen Kleinsiedlung und der ländlichen Siedlung entscheiden sollte (R 43 I /1287 , Bl. 103–104).

Das Reichskabinett erteilte der Vorlage des Reichsarbeitsministers sowie dem Entwurf der Vereinbarung zwischen Reich und Preußen14 seine Zustimmung mit der Maßgabe, daß im § 9 gesagt wird, daß der Reichskommissar seine Stellvertreter nicht im Einvernehmen, sondern im Benehmen mit der Landesregierung zu bestellen hat.

14

Der Protokollentw. enthielt folgende Bestimmungen: Die Siedlungsbehörden durften Anordnungen nur im Einvernehmen von Reich und Preußen erlassen. Zur einheitlichen Durchführung der Siedlung wollte Preußen einen Stkom. ernennen. Alle Mittel für die landwirtschaftliche Siedlung sollten über die Dt. Siedlungsbank geleitet werden. Die bereitgestellten Mittel sollten möglichst effektiv eingesetzt werden (R 43 I /1287 , Bl. 100–102).

[1775] Zur Frage der Unterstellung des Reichskommissars unter den Reichsarbeitsminister oder eine andere Zentralstelle erklärte der Reichskanzler mit dem Reichsarbeitsminister gesondert verhandeln zu wollen.

Ferner soll in dieser Aussprache auch die Frage behandelt werden, ob dem Antrag des Reichsministers Treviranus auf Einfügung des § 23 – s. Vorlage vom 29. 9. […] – entsprochen werden soll15.

15

In der Chefbesprechung vom 5.10.31 entschied der RK, daß die sachliche Zuständigkeit für alle Siedlungsvorschriften beim RArbM verbleiben sollte, daß aber zur praktischen Durchführung der Maßnahmen ein Rkom. zu bestellen sei. Der RFM schlug zur Durchführung der Kleinsiedlung die Bildung eines engeren Kabinettsausschusses vor, der aus dem RK, dem RArbM und RM Treviranus bestehen sollte. Der RArbM erklärte sich unter der Voraussetzung mit dem Vorschlag einverstanden, daß die Formulierung des Beschlusses seiner Auffassung Rechnung trage (Aufzeichnung des MinR Feßler vom 20.10.31, R 43 I /1290 , Bl. 80). Der Entw. des RArbM wurde in das Kapitel II des 4. Teils der 3. NotVO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen […] vom 6.10.31 (RGBl. I, S. 551 ) übernommen.

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