1.249.3 (bru2p): 3. Herabsetzung übermäßig hoher Dienstvergütungen.

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3. Herabsetzung übermäßig hoher Dienstvergütungen.

Staatssekretär Dr. JoëlJoël trug den Inhalt der Vorlage vom 30.9.1931 […] vor10. Er führte aus, daß er nach wie vor grundsätzliche Bedenken gegen eine derartige Notverordnung habe11. Die Rechtssicherheit müsse durch diese Verordnung gefährdet werden. Auf jeden Fall werde es notwendig sein, im § 1, wie vorgesehen, ausdrücklich die Nichtweiterzahlung der als übermäßig hoch anzusehenden Dienstbezüge von Treu und Glauben abhängig zu machen.

10

Die Vorlage des RJMin. ermächtigte die Arbeitgeber zur Herabsetzung überhöhter Gehälter, wenn ihnen mit Rücksicht auf die Geschäfts- und Vermögenslage und die veränderte allgemeine Wirtschaftslage die Weiterzahlung dieser hohen Gehälter nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden konnte. Der Arbeitnehmer konnte gegen diese Gehaltssenkung binnen eines Monats Einspruch einlegen. Die Vorschriften dieses NotVOEntw. sollten nicht gelten für öffentliche Bedienstete und für Arbeitnehmer, deren Bezüge durch einen Tarifvertrag geregelt waren oder deren Jahreseinkommen die Versicherungspflichtgrenze (8400 RM) nicht überschritt (R 43 I /2374 , S. 211–215). Vgl. auch die ursprüngliche Vorlage in Dok. Nr. 493, Anm. 9.

11

Vgl. Dok. Nr. 493, Anm. 11.

Der Reichskanzler führte aus, daß er eine derartige Vorlage nicht aus politischen Gründen wünsche. Die Vertreter der Wirtschaft hätten ihn um eine derartige Verordnung gebeten.

Reichsminister TreviranusTreviranus äußerte politische Bedenken gegen den Entwurf.

Der Reichsarbeitsminister führte aus, daß er der vorliegenden Fassung des Entwurfs nicht zustimmen könne. Die Berufung auf Treu und Glauben im § 1 müsse fortfallen. Grundsätzlich müsse er bemerken, daß die Reichsregierung gegen Eingriffe in Tarifverträge, die es zur Zeit der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches noch nicht gegeben habe, keine wesentlichen Bedenken hätte. Gegen eine derartige Verordnung würden aber Bedenken geäußert.

Staatssekretär Dr. TrendelenburgTrendelenburg betonte, daß diese Verordnung in das Wirtschaftsprogramm der Reichsregierung gehöre. Im Wirtschaftsprogramm sei sie unentbehrlich. Eine ausdrücklich untere Grenze der Dienstbezüge, bei deren Überschreiten die Möglichkeit der Herabsetzung übermäßig hoher Dienstvergütungen gegeben werde, solle man in dem Entwurf nicht vorsehen.

Der Reichsbankpräsident schlug vor, vielleicht eine Grenze von 20 000 RM in dem Entwurf vorzusehen. Vielleicht könne man jedoch für Vorstandsmitglieder von Gesellschaften, insbesondere von Genossenschaften, von der Festsetzung einer unteren Gehaltsgrenze absehen, bei deren Überschreitung Herabsetzung des Gehalts möglich sei.

[1781] Der Reichskanzler wies auf die Notwendigkeit hin, besonders bei den Genossenschaften die Dienstbezüge der leitenden Persönlichkeiten herabzusetzen. Derartige Bestimmungen könnten jedoch besser in einer anderen Verordnung getroffen werden.

Im übrigen bestand Übereinstimmung darüber, nur bei solchen Gehältern die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit der Herabsetzung zuzulassen, welche 15 000 RM überschreiten. Die Frist zwischen der Abgabe der Erklärung des Dienstberechtigten, daß er die Vergütung herabsetze, und dem Beginn des Kalender-Vierteljahres, von dem ab die niedrigeren Bezüge gelten sollen, soll einen Zeitraum von mindestens drei Monaten umfassen.

§ 1 Abs. 1 der Verordnung soll lauten:

„Hat ein Dienstberechtigter sich in einem vor Inkrafttreten dieser Verordnung abgeschlossenen Dienstvertrage zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet, die mit Rücksicht auf seine Geschäfts- oder Vermögenslage oder auf die veränderte allgemeine Wirtschaftslage als übermäßig hoch anzusehen ist und deren Weiterzahlung deshalb ihm nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, so ist er berechtigt, die Vergütung durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Dienstverpflichteten auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen12“.

12

Zur Fortsetzung der Beratung s. Dok. Nr. 508.

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