1.66.1 (bru2p): Aussprache über die Entwürfe zur Notverordnung.

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Aussprache über die Entwürfe zur Notverordnung.

In Vertretung des Reichskanzlers eröffnete der Reichswehrminister die Sitzung. Er stellte die Reform der Arbeitslosenversicherung zur Erörterung.

Der Reichsarbeitsminister erklärte, der Reichswirtschaftsminister habe Einwendungen dagegen erhoben, daß der Vorstand der Arbeitslosenversicherungsanstalt die Beiträge ändern könne. Es bestehe aber keine Gefahr einer Erhöhung der Beiträge, da die Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits 8½% der Lohnsumme an Beiträgen leisteten.

Staatssekretär Dr. TrendelenburgTrendelenburg erklärte sich mit der vorgeschlagenen Bestimmung einverstanden, zumal die Beschlüsse des Vorstandes der Zustimmung der Reichsregierung bedürften.

Im übrigen wurde der Entwurf des Teiles „Arbeitslosenversicherung und Krisenfürsorge“ gebilligt1 bis auf die Bestimmungen über den freiwilligen[1155] Arbeitsdienst, der durch einen neuen § 139 a zum AVAVG geregelt werden soll.

1

S. NotVO vom 5.6.31, 3. Teil, Kapitel I, RGBl. I, S. 293 .

Reichsminister TreviranusTreviranus forderte über den vorliegenden Entwurf hinausgehende ergänzende Bestimmungen.

Dieser Punkt wurde einstweilen zurückgestellt2.

2

Vgl. Dok. Nr. 319.

Wohnungswirtschaft.

Ministerialrat WölzWölz erläuterte den Teilentwurf über die Entschädigungspflicht und den Rechtsweg bei Enteignungen auf dem Gebiete des Städtebaues.

Reichsminister TreviranusTreviranus äußerte Bedenken dagegen, daß die Städte allzuweitgehend gegen die Zahlung der Entschädigung für die in der Vergangenheit liegenden Fälle in Schutz genommen würden. Er regte an, die im § 4 Ziffer 1 vorgesehene Fälligkeit von fünf Jahren erheblich abzukürzen3.

3

Der Entw. sah vor, daß der Anspruch auf Entschädigung für Enteignungen frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der NotVO fällig wurde.

Staatssekretär Dr. SchäfferSchäffer führte aus, daß der vorliegende Entwurf durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts zu Artikel 153 der Reichsverfassung4 notwendig geworden sei, daß der Entwurf aber keineswegs die Rechtsprechung des Reichsgerichts desavouiere, daß vielmehr das Reichsgericht der Regierung die gesetzliche Regelung nahegelegt habe.

4

Art. 153 RV enthielt das Recht auf Eigentum und die Entschädigungspflicht der öffentlichen Hand bei Enteignungen.

Im ähnlichen Sinne sprach sich auch Staatssekretär Dr. JoëlJoël aus. Er erklärte, daß der vorliegende Entwurf im Duktus der Reichsgerichtsentscheidungen liege. Das einzige Bedenken, das man vielleicht haben könne, liege in der Einbeziehung der Fälle aus der Vergangenheit. Aber, da das Gesetz die ganze Materie neu regele, halte er es für unbedenklich, die Neuregelung auch auf die Vergangenheit zu erstrecken.

Staatssekretär ZweigertZweigert äußerte sich auf Befragen dahin, daß gegen die Neuregelung auf Grund des Artikel 48 der Reichsverfassung keinerlei Bedenken bestünden.

Der Reichsminister des Auswärtigen schloß sich der Anregung von Reichsminister Treviranus an, die Frist des § 4 Ziffer 1 möglichst zu verkürzen.

Das Kabinett beschloß, diese Frist auf drei Jahre festzusetzen.

Der Reichskanzler fügte jedoch hin[zu], daß im weiteren Verlauf der Debatte nochmals auf die Sache zurückgekommen werden könne5.

5

Die Frist wurde in der NotVO, nachdem die Angelegenheit anscheinend noch einmal am 2.6.31 im Kabinett diskutiert worden war (Dok. Nr. 321), auf zwei Jahre herabgesetzt (RGBl. 1931 I, S. 310 ).

Ohne besondere Aussprache genehmigte das Reichskabinett sodann die in dem Teil „Wohnungswirtschaft“ aufzunehmenden Kapitel über Zinszuschüsse und Aufwertungszinszuschlag6.

6

S. NotVO vom 5.6.31, 6. Teil „Wohnungswirtschaft“, RGBl. I, S. 309 .

Knappschaftliche Versicherung.

Auf Vortrag des Reichsarbeitsministers erklärte sich das Kabinett mit dem vorgelegten Entwurfe dieses Kapitels grundsätzlich einverstanden. § 1 soll eine Fassung erhalten, durch die sichergestellt wird, daß die Reichszuschüsse[1156] an die Reichsknappschaft nur dann geleistet werden können, wenn die Reichsknappschaft selbst mit Wirkung vom 1. Juli 1931 durch die Satzung die Leistungen der Pensionskassen derartig gemildert hat, daß unter Hinzurechnung der Reichszuschüsse ein Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben sichergestellt ist7.

7

NotVO vom 5.6.31, 5. Teil, Kapitel I, RGBl. I, S. 304 .

Die Weiterberatung wurde auf den Nachmittag vertagt8.

8

S. Dok. Nr. 319.

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