1.180.4 (bru3p): 4. Außerhalb der Tagesordnung: Verordnung zum Schutz von Geschäften und Betriebsgeheimnissen.

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[2360]4. Außerhalb der Tagesordnung: Verordnung zum Schutz von Geschäften und Betriebsgeheimnissen.

Die Besprechung der vorstehenden Punkte 1–4 erfolgte zusammenfassend.

Der Reichsminister der Justiz legte dar, daß es sachlich erwünscht und auch im Sinne des abwesenden Herrn Reichskanzlers1 sei, die zu 1–3 aufgeführten Kabinettsvorlagen2 mit den schon älteren Vorschlägen des Reichsjustizministeriums zur Bekämpfung der sogenannten Industriespionage möglichst bald im Wege der Anwendung des Artikel 48 als Verordnung in Kraft zu setzen und zu veröffentlichen3.

1

Der RK hielt am 8.3.32 um 20 Uhr in Düsseldorf eine Wahlrede zur RPRäs.-Wahl (Nachl. Pünder , Nr. 44, Bl. 85).

2

Vgl. Dok. Nr. 691, P. 3.

3

Der RJM hatte am 27.5.31 einen GesEntw. zum Schutze von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen vorgelegt (R 43 I /1217 , Bl. 368–373), den das Rkab. am 11.6.31 im Umlaufverfahren gebilligt hatte (R 43 I /1217 , Bl. 374). Der RdI hatte am 8.12.31 vom RJM den Erlaß des GesEntw. als NotVo. gefordert und dies mit Beispielen von Betriebsspionage zugunsten der Sowjetunion begründet (R 43 I /1217 , Bl. 402–410).

Von einer sachlichen Erörterung seiner Vorlage für die Regelung des Zugabewesens schlage er vor abzusehen, im Hinblick darauf, daß der Reichsrat den Entwurf genehmigt und dazu lediglich zwei Ergänzungsvorschläge gemacht habe4. Eine baldige Anwendung dieser Bestimmungen sei in der letzten Zeit auch von vielen Stellen gewünscht worden, in den letzten Tagen noch von dem Abgeordneten Borrmann und den Vertretern der Industrieverbände. Diese wünschten eine Anwendung des Artikels 48, damit möglichst bald die Unsicherheit beseitigt werde, die infolge der ungewissen Zukunft des Zugabewesens bestehe und für eine Reihe von Wirtschaftszweigen lähmend wirke. Eine baldige Regelung sei auch deswegen erwünscht, weil mittlerweile Geschäfte dazu übergingen, Zugaben einzuführen, die bisher davon abgesehen hätten.

4

Der RR hatte das Zugabeverbot nicht auf den Einzelhandel beschränkt, sondern den gesamten geschäftlichen Verkehr einbezogen; zweitens hatte der RR die ergänzende Bestimmung in den GesEntw. eingearbeitet, daß der Geldbetrag, der auf Verlangen statt der Zugabe zu entrichten war, nicht geringer als der Einstandspreis der Zugabe sein durfte (Schreiben des RJM vom 26.2.32 mit GesEntw. und Begründung, R 43 I /1081 , Bl. 151–162).

Der Reichsminister der Justiz erläuterte sodann die beiden Ergänzungsvorschläge des Reichsrats entsprechend der Darlegung der Kabinettsvorlage. Er bat, den Anregungen des Reichsrats zu folgen, wie das der vorgelegte Entwurf bereits vorsehe.

Er schlug demnach vor, die oben angeführten Punkte 1–4 entsprechend den Vorlagen zusammen in einer Verordnung auf Grund des Artikel 48 zu regeln.

Der Reichsminister der Finanzen teilte mit, daß der Herr Reichskanzler darum gebeten habe, daß diese Vorlagen möglichst in dieser Weise erledigt würden.

Der Reichswehrminister äußerte Bedenken, vor der Wahl noch eine wirtschaftliche Notverordnung zu erlassen. Er meinte, die Opposition arbeite stark und mit Erfolg an der Behauptung, das Kabinett könne nichts anderes als Notverordnungen erlassen.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft vertrat den Standpunkt, daß man mit der Anwendung des Artikel 48 möglichst sparsam umgehen solle.

[2361] Der Reichswirtschaftsminister teilte mit, daß er von den interessierten Kreisen stark gedrängt werde, daß die zur Erörterung stehenden Vorlagen vom Kabinett auf dem schnellsten Wege erledigt werden möchten.

Staatssekretär Dr. Pünder erklärte, der Herr Reichskanzler sei sehr für den Erlaß einer solchen Verordnung und teile nicht die Bedenken des Reichswehrministers. Er verspreche sich im Gegenteil bei dem Mittelstand eine günstige Wirkung für die Wahl von der Verordnung5. Der Herr Reichskanzler wäre daher dankbar, wenn die Verordnung möglichst bald beschlossen würde.

5

Vgl. auch Dok. Nr. 686.

Der Reichsminister der Finanzen stellte fest, daß der Vertreter des Reichsarbeitsministers und die der anderen Ressorts keinen Widerspruch gegen die Verordnung vorzubringen hätten, und daß das Kabinett grundsätzlich mit dem Erlaß einer Notverordnung auf Grund des Artikels 48 zur Regelung der vier Angelegenheiten zustimme.

Der Reichsminister der Justiz erläuterte sodann den Inhalt der Verordnungsentwürfe zur Bekämpfung der Auswüchse bei Ausverkäufen6 sowie zur Bekämpfung der Industriespionage7. Er wiederholte die wesentlichsten Gesichtspunkte der schriftlichen Vorlage. Er bat vor allem zum Schutz der deutschen Wirtschaft gegenüber dem Ausland auch die Bestimmungen gegen die Industriespionage in die Verordnung aufzunehmen. Er teilte mit, daß früher die Arbeitnehmer-Organisationen gegen die vorgesehenen Bindungen für Arbeitnehmer über die Zeit des Arbeitsvertrages hinaus Bedenken getragen und diese Bestimmungen als drückend empfunden hätten. Diese Organisationen würden sich jetzt aber mit der vorgesehenen Regelung abfinden, weil die Bestimmungen mittlerweile wesentlich gemildert worden seien und die Organisationen auch Verständnis dafür hätten, daß die deutschen Wirtschaftsbetriebe geschützt werden müssen.

6

Den GesEntw. zur Änderung des Ges. gegen den unlauteren Wettbewerb hatte der RJM mit Schreiben vom 3.3.32 vorgelegt, in dem die Bestimmungen über den Ausverkauf schärfer gefaßt wurden (Schreiben mit GesEntw. nebst Begründung in R 43 I /1081 , Bl. 166–184).

7

Vgl. Anm. 3.

Der Reichswirtschaftsminister trug den Inhalt seiner Vorlage über Einheitspreisgeschäfte entsprechend seiner schriftlichen Darlegung vor8. Er teilte mit, daß die vorgeschlagene Regelung politisch nicht nur tragbar wäre, sondern sehr günstig wirken werde.

8

Die Vorlage des RWiM mit Schreiben vom 4.3.32 konnte die Empfehlungen des Vorl.RWiR (siehe Dok. Nr. 691, Anm. 9), der seine Beratungen im wesentlichen am 2.3.32 abgeschlossen hatte, berücksichtigen: vgl. das Schreiben des Vors. des Arbeitsausschusses I, Hamm, an MinR Feßler vom 4.3.32, R 43 I /2010 , Bl. 40–48. Der Entw. des RWiM verbot bis zum 1.4.34 die Errichtung von Einheitspreisgeschäften in Städten mit weniger als 100 000 Einwohnern. Die Bezeichnung „Einheitspreisgeschäft“ durften nur Geschäfte mit einheitlichen Preisstufen führen. Es mußten in den Geschäften Aushänge die gesamten Einheitspreise bekanntgeben (R 43 I /2010 , Bl. 38–39).

Das Kabinett beschloß, die vier Vorlagen über

1.) ein Gesetz über die Gewährung von Zugaben zu Waren oder Leistungen,

2.) ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb,

3.) eine Verordnung über Einheitspreisgeschäfte,

4.) ein Gesetz zum Schutze von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen,

[2362] durch eine zusammenfassende Notverordnung in Kraft zu setzen. Zum Zwecke der Zusammenfassung der Entwürfe zu einer einheitlichen Verordnung wurden die beteiligten Ressorts ermächtigt, den Wortlaut gemeinsam nach der Kabinettssitzung genauer festzulegen9.

9

Vgl. die NotVo. zum Schutze der Wirtschaft vom 9.3.32 (RGBl. I, S. 121 ). Vgl. auch die amtliche Bekanntmachung über diese NotVo. in R 43 I /2376 , S. 319–333, veröffentlicht von WTB Nr. 526 vom 9.3.32, a.a.O., S. 335–337.

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