1.219.1 (bru3p): 1. Politische Angelegenheit.

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1. Politische Angelegenheit.

Der Reichsminister des Innern betonte zunächst, daß das SA-Verbot notwendig gewesen sei1. Entgegen anders lautenden Gerüchten und Erklärungen wies er darauf hin, daß sämtliche Minister der größeren Länder dem SA-Verbot ausdrücklich zugestimmt hätten2. Es sei auch nicht richtig, daß die SA und SS besonders schlecht behandelt worden seien. Nach seiner Ansicht seien die mit der Auflösung des Roten Frontkämpferbundes in Verbindung stehenden Maßnahmen viel härter gewesen3.

1

Vgl. Dok. Nr. 714 und Dok. Nr. 716.

2

Vgl. Dok. Nr. 704 und Dok. Nr. 706.

3

Zum Verbot des Roten Frontkämpferbundes im Mai 1929 siehe diese Edition, das Kabinett Müller II, Dok. Nr. 197, P. 1.

Der Reichsminister des Innern erläuterte sodann den Entwurf einer zweiten Verordnung zur Sicherung der Staatsautorität. Er führte aus, daß der Entwurf in[2484] zwei Teile zerfalle: Teil 1: Militärische und militärähnliche Verbände, Teil 2: Freidenker-Verbände4. Der Entwurf gebe dem Reichsminister des Innern große Vollmachten5.

4

Die entschiedene Bekämpfung der Freidenkerverbände forderte vor allem die Katholische Kirche: vgl. Dok. Nr. 615.

5

Der NotVOEntw. befindet sich im Nachl. Pünder , Nr. 154, Bl. 7–10. Der erste Teil verpflichtete politische Verbände, die militärähnlich organisiert waren, und ihre Unterverbände, ihre Satzungen auf Verlangen dem RIM zur Prüfung vorzulegen und gegebenenfalls die Satzungen abzuändern. Teil II verbot mit sofortiger Wirkung die kommunistischen Freidenkerorganisationen.

Der Reichsminister der Justiz äußerte Bedenken gegen die Verbindung dieser beiden Teile in einer Verordnung. Er bezeichnete außerdem eine Verlautbarung als notwendig, in der der Vorwurf der Imparität der Behandlung der SA im Vergleich zu den Schufos des Reichsbanners zurückgewiesen werde. Es sei gar nicht notwendig, daß den Reichsbanner angeblich belastende Material zu veröffentlichen6. Es genüge, in der Verlautbarung auszuführen, daß dieses Material das Reichsbanner zu belasten keineswegs geeignet sei.

6

Vgl. Dok. Nr. 723, Anm. 4.

Der Reichsminister des Innern führte aus, daß ihm an der Verbindung der beiden erwähnten Teile in einer Verordnung nichts liege. Er habe auch keine Bedenken gegen die erwähnte Verlautbarung, frage sich allerdings, ob diese Verlautbarung einen Zweck habe. Der Herr Reichspräsident wünsche keineswegs, daß das Reichsbanner verboten werde. Nachdem die Schufos aufgelöst worden seien7, bestehe auch nicht der geringste Anlaß für ein Verbot des Reichsbanners.

7

Vgl. Dok. Nr. 723, Anm. 4.

Reichsminister Schlange führte aus, er sei über den Brief überrascht gewesen, den der Herr Reichspräsident nach Auflösung der SA Herrn Reichsminister Dr. Groener wegen der genauen Prüfung der anderen Verbände gerichtet habe8. Insbesondere habe es ihn in Erstaunen gesetzt, daß dieser Brief sofort in der Presse veröffentlicht worden sei.

8

Vgl. Dok. Nr. 723, Anm. 1.

Hoffentlich nehme der Herr Reichskanzler Veranlassung, dem Herrn Reichspräsidenten mitzuteilen, daß dieser Brief und insbesondere die Tatsache seiner Veröffentlichung in der Presse geeignet sei, die Arbeit des Reichskabinetts zu gefährden. Auf wen der Brief und seine Veröffentlichung zurückzuführen sei, wisse er nicht9.

9

Im Nachl. Pünder  Nr. 154, Bl. 12 findet sich folgender handschriftlicher Zettel Schlanges: „Was ist das eigentlich für ein Betriebsunfall mit dem Hindenburgbrief? Kann ein Kabinett, der Kanzler, und namentlich aber der Innenminister, derartiges ruhig einstecken? Das sieht ja so aus, als wäre der RPr.[äs] nicht richtig orientiert!“

Von der Verlautbarung, die der Herr Reichsminister der Justiz erwähnt habe, verspreche er sich keinen praktischen Erfolg.

Reichsminister Schlange warf sodann die Frage auf, ob die SA neu organisiert werden könnten.

Der Reichsminister des Innern erwiderte, daß diese Gefahr in gewissem Umfange bestehe. Das Reichsministerium des Innern werde sorgfältig aufpassen müssen.

Im übrigen werde es den Nationalsozialisten künftighin allerdings wohl kaum möglich sein, die SA zu bezahlen. Die bei den SA beschlagnahmten Geräte seien fast durchweg noch nicht bezahlt.

[2485] Der Reichskanzler erklärte, daß der in dem Entwurf der Verordnung eingeschlagene Weg nach seiner Überzeugung richtig sei. Er bat, ihm und dem Reichsminister des Innern die Entscheidung darüber zu überlassen, ob die beiden Teile der Verordnung in einer Verordnung zusammengefaßt oder getrennt werden sollten.

Die Entscheidung solle nach seinem Vortrage bei dem Herrn Reichspräsidenten gefällt werden10.

10

Der Vortrag beim RPräs. begann um 11.45 Uhr (Nachl. Pünder , Nr. 44, Bl. 30).

Das Reichskabinett erklärte sich hiermit sowie mit dem Entwurf der Verordnung grundsätzlich einverstanden11.

11

Der Entw. wurde in zwei NotVoen aufgeteilt: Zweite Vo. des RPräs. zur Sicherung der Staatsautorität vom 3.5.32 und die Vo. des RPräs. über die Auflösung der kommunistischen Gottlosenorganisationen vom 3.5.32 (RGBl. I, S. 185 ). Vgl. auch die Verlautbarung über diese NotVoen durch WTB Nr. 947 vom 4.5.32 in R 43 I /2701b , Bl. 60.

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