1.243.1 (bru3p): 1. Bericht über einen endgültigen Plan zum Arbeitsbeschaffungsprogramm, betreffend Straßen- und Wasserstraßenbau.

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1. Bericht über einen endgültigen Plan zum Arbeitsbeschaffungsprogramm, betreffend Straßen- und Wasserstraßenbau.

a) Wasserstraßenbauprogramm

Der Reichsverkehrsminister erläuterte das von ihm vorgesehene Arbeitsbeschaffungsprogramm für Arbeiten an den Wasserstraßen. Er trug im wesentlichen die in den als Anlage 1 und 2 beigefügten Aufzeichnungen enthaltenen Vorschläge vor1. Er teilte mit, daß das Reichsbank-Direktorium der geplanten Finanzierung zustimme. Die Unternehmer-Firmen sollten Wechsel auf die Gesellschaft für öffentliche Arbeiten2 ziehen, die von der Reichsbank diskontiert würden. Mit den Firmen, die für die Ausführung von Arbeiten zunächst in Frage kämen, stehe das Reichsverkehrsministerium bereits in Verbindung.

1

Anlage 1 „Arbeitsbeschaffung im Wasser- und Straßenbau“ ermächtigte den RVM „zur Behebung der Wirkungen der Arbeitslosigkeit“ ein Notstandsprogramm öffentlicher Arbeiten an Flußläufen und Kanälen von der Reichswasserstraßenverwaltung und an den öffentlichen Landstraßen von den Wegeunterhaltungspflichtigen durchführen zu lassen. Der RFM erhielt die Ermächtigung, im Einvernehmen mit dem RVM für Darlehensverpflichtungen aus diesem Notstandsprogramm Bürgschaften zu übernehmen. „Die Arbeiten dieses Notstandsprogramms gelten als zusätzliche im Sinne der Bestimmungen über die Förderung von Notstandsarbeiten und für den freiwilligen Arbeitsdienst. Sie müssen zusätzlich auch insofern sein, als für sie Mittel in den ordentlichen Haushalten 1932 der Pflichtigen nicht vorgesehen sein dürfen“ (Abdruck in R 43 I /1456 , S. 135–137).

2

Zur Gesellschaft für öffentliche Arbeiten siehe Dok. Nr. 117, Anm. 7.

Der Reichsminister der Finanzen meinte, er teile die Auffassung, daß der Plan – namentlich auch bezüglich der Finanzierung – glattgehen werde. Dadurch, daß das Reich selbst Auftraggeber sei, sei das Verfahren verhältnismäßig einfach.

Reichsbankdirektor Hasse erklärte, daß die Reichsbank bei der Zusage ihrer Diskonthilfe von der Annahme ausgegangen sei, daß das Reich dabei eine Garantie übernehme.

[2540] Der Reichsminister der Finanzen erwiderte, er sei bereit, eine solche Garantie zu leisten. Er lege dem Projekt eine große Bedeutung bei. Diese gehe über die Wirkung der Aufwendung von 53 Millionen RM für Aufträge hinaus durch die zu erwartenden günstigen psychologischen Auswirkungen.

Der Reichsminister der Justiz machte darauf aufmerksam, daß der Entwurf des Reichsverkehrsministeriums, der als Anlage 2 beigefügt ist, eine Reihe von Rechtsfragen, insbesondere auf dem Gebiet der Enteignungsrechte enthalte, die einer eingehenden Prüfung bedürften3.

3

In einer ungezeichneten Aufzeichnung für den RVM vom 19.5.32 war ein VoEntw. zur Enteignung von Grundstücken vorgelegt worden; dies erschien notwendig, weil die Finanzierung der Arbeiten des Beschaffungsprogramms nicht durch Haushaltsmittel erfolgen sollte. Der VoEntw. sollte außerdem die zeitliche Verzögerung des Baubeginns durch die Planfeststellungsverfahren beseitigen. Der Entw. hatte folgenden Wortlaut: „Soweit aufgrund dieser Verordnung Arbeiten an Reichswasserstraßen vorgesehen sind, stellt der Reichspräsident die Zulässigkeit der Enteignung fest. Die endgültige Entscheidung über die Art der Durchführung und den Umfang der Enteignung soweit sie nicht in einem Verwaltungsstreitverfahren ergeht, sowie über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von fremden Grundstücken zur Ausführung von Vorarbeiten trifft der Reichsverkehrsminister nach Anhörung der zuständigen Landespolizeibehörden. Im übrigen gelten die Landesenteignungsgesetze.

Der Reichsverkehrsminister kann nach Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung durch den Reichspräsidenten die für den sofortigen Beginn der Arbeiten benötigten, nicht mit Wohngebäuden besetzten Grundstücke selbst in Besitz nehmen oder durch nachgeordnete Behörden in Besitz nehmen lassen. Die Inbesitznahme darf erst erfolgen, nachdem der Reichsverkehrsminister oder die nachgeordneten Behörden schriftlich mittels Zustellungsurkunde den Eigentümern und den Nutzungsberechtigten (Mieter, Pächter, Nießbraucher) die Absicht der Inbesitznahme unter Bezeichnung des Grundstücks oder Grundstücksteils angezeigt und sie zur Räumung aufgefordert haben. Zwischen der Zustellung der Anzeige und der Inbesitznahme ist von den Behörden der Reichswasserstraßenverwaltung die Einleitung des nach Landesrecht vorgeschriebenen förmlichen Verfahrens zur Enteignung des Grundstücks zu beantragen.

Der Zustand des Grundstücks, soweit er für die spätere Feststellung des Werts und für die Bemessung der Entschädigung von Bedeutung ist, ist bei der Inbesitznahme, nötigenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, schriftlich niederzulegen. Der durch die Inbesitznahme entstehende besondere Schaden ist angemessen zu vergüten“ (R 43 I /1456 , S. 139–143).

Der Reichskanzler bat, daß über diese Fragen eine Verständigung zwischen dem Reichsverkehrsminister, dem Reichsminister der Justiz und dem Reichsminister des Innern baldigst herbeigeführt werde.

Der Reichsverkehrsminister sagte zu, eine gemeinsame Besprechung hierüber zu veranlassen4.

4

Vgl. Dok. Nr. 759, Anm. 1.

b) Straßenbauprogramm.

Der Reichsverkehrsminister erläuterte seine Pläne für Straßenbauarbeiten entsprechend den beigefügten Aufzeichnungen. Er erörterte insbesondere den Finanzierungsplan, der ebenso wie bei den Wasserstraßenbauarbeiten auf Diskontierung von Wechseln beruhe. Die Unternehmer sollten diese Wechsel ausstellen, die Gesellschaft für öffentliche Arbeiten solle akzeptieren und die Reichsbank diskontieren. Die Akzeptbank solle zunächst dabei nicht mitwirken.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte sich damit einverstanden.

Reichsbankdirektor Hasse schlug vor, daß auch die Lieferanten auf die Unternehmer Wechsel ziehen möchten. Die Wechsel würden dadurch besser.

Dem Vorschlag wurde zugestimmt.

[2541] Der Reichsverkehrsminister warf sodann die Frage auf, ob das Aufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer nicht vorfinanziert werden könne, um das Bauprogramm zu erweitern.

Der Reichsminister der Finanzen erörterte den Gedanken, eine Reichsbürgschaft zu leisten auf Grund des Aufkommens aus der Benzinzoll- oder der Kraftfahrzeugsteuer, und unter solchen Umständen vielleicht zwei Jahreswechsel zu geben.

Es wurde vorgesehen, diese Gedanken im Benehmen mit der Reichsbank noch zu vertiefen.

Der Reichsverkehrsminister schlug vor, der Gesellschaft für öffentliche Arbeiten eine Ermächtigung zu erteilen, die notwendigen näheren Bestimmungen zu erlassen.

Diesem Vorschlage wurde zugestimmt5.

5

Zur Fortsetzung der Beratung siehe Dok. Nr. 759, P. 1 b.

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