1.40.1 (bru3p): [Anlage]

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Der Plan Silverberg

R 43 I /1166 , Bl. 77–79

Es ist zu prüfen, ob bei der gegenwärtigen Einschrumpfung der Wirtschaft ein Auftrieb zur Wiederbelebung und zur Einschränkung der Arbeitslosigkeit geschaffen werden kann durch eine Erweiterung des Kreditvolumens. Dabei ist zu erwägen, daß das deutsche Kreditvolumen in den letzten Jahren Einschränkungen durch den Abzug ausländischer Kredite im Umfang von wenigstens 4 Milliarden RM erfahren hat; es ist ferner zu berücksichtigen, daß das deutsche Kreditvolumen, wie es sich im Wechselbestand der Reichsbank darstellt, nicht im vollen Umfang mit dem der Wirtschaft zur Verfügung zu stellenden Volumen gleichzusetzen ist, weil in ihm ein bedenklich hoher Bestand an unechten Handelswechseln enthalten ist. Auf der anderen Seite ist zu beachten, daß vom Notenumlauf der Reichsbank schätzungsweise 1½ Milliarden der Zirkulation entzogen sind.

Das Produktionsvolumen der deutschen Wirtschaft kann summarisch auf 10 Milliarden für drei Monate geschätzt werden. In jedem Monat erreichen also 3⅓ Milliarden RM Ware ihre Lieferungsfähigkeit. Wenn auch die so verkaufte Ware schon bisher in hohem Maße zunächst durch Wechsel bezahlt wurde, so gibt es dennoch zweifellos ganze Kategorien von Waren, die bisher gegen Blankoziel verkauft werden. Nimmt man vom vierteljährlichen Produktionsvolumen auch nur 10 v. H. für diese Warengattung an, so ergibt sich eine neue Beschaffungsmöglichkeit in Wechselform in einer Höhe von zunächst 1 Milliarde RM. Da diese Milliarde, unmittelbar der Reichsbank zugeführt, eine entsprechende unmittelbare Vermehrung des Notenumlaufs bedingen würde, so wird vorgeschlagen, daß diese Mobilisierung durch eine unter der Kontrolle der Reichsbank stehende Diskontbank erfolgen soll, für welche die Reichsbankstellen im Lande als Agenturen arbeiten. Zu dieser Diskontbank gelangen nur Handelswechsel bester Klasse mit einer Laufzeit von drei Monaten. Als Gegenwert gibt die Diskontbank bestätigte Verrechnungsschecks in Abschnitten nicht unter 500, – RM aus. Die Diskontierung der gekennzeichneten Warenwechsel erfolgt zu einem Satz von 4% für das Jahr, d. h. zu einem so niedrigen Satze, daß daraus lediglich die Unkosten gedeckt werden, eine sechsprozentige Verzinsung des Kapitals und eine gewisse Ansammlung von Reserven sichergestellt ist. Der Scheck ist auf drei Monate uneinlösbar, kann dann aber nicht mehr prolongiert werden und muß von der Diskontbank spätestens zum Stichtag des Warenwechsels eingelöst werden. Die Prolongation von Wechseln über dasselbe Geschäft ist untersagt. Die Diskontbank darf Reichsmark, die von ihr zum halben Reichsbanksatz zu verzinsen ist, nur[1964] zum Ankauf ihrer Schecks verwenden. Es ist zu prüfen, ob durch Gesetz der Betrag der auszugebenden Schecks festgesetzt werden soll, einstweilen auf 1 Milliarde RM, bei Bewährung des hier vorgeschlagenen Systems steigend.

Gegenüber Bedenken, daß durch diese zusätzliche Erweiterung des Kreditvolumens ohne Notenmehrausgabe um 1 Milliarde inflationistische Wirkungen eintreten könnten, wird festgestellt, daß jede Inflationsmöglichkeit solange ausgeschlossen bleibt, als darauf geachtet wird, daß hinter dem Scheck nur echte Warengeschäfte mit höchstens dreimonatlicher Laufzeit stehen und als die unbedingte Zahlungspflicht zu pari nach Ablauf von drei Monaten erfüllt wird. Eine Entwertung dieses Schecks, der praktisch nichts anderes ist als die in kleine Abschnitte aufgeteilte Wechselsumme, ist damit ebenso ausgeschlossen wie normalerweise die Entwertung von umlaufenden Zahlungsmitteln. Eine Beeinträchtigung des Wechselportefeuilles der Reichsbank ist nicht in erheblichem Umfang zu erwarten. Einmal handelt es sich um Mobilisierung von Forderungen der Wirtschaft, die bisher noch nicht mobilisiert wurden. Sodann wird auch künftig in allen den Fällen, in denen Mark benötigt werden, die Wechseleinreichung unmittelbar oder mittelbar bei der Reichsbank erfolgen. Insoweit aber wirklich eine Verringerung des Wechselportefeuilles bei der Reichsbank eintritt, wird hierdurch nur die Notenzirkulation eingeschränkt und das Deckungsverhältnis in erwünschter Weise verbessert.

Der Plan hat seine Analogie in der früheren Gestaltung des Umlaufs von reinen Warenwechseln. Mit diesen Dreimonatswechseln, die durch zahlreiche Hände gingen und praktisch wie Zahlungsmittel verwandt wurden, ist die Wirtschaft des kapitalarmen Deutschlands von der Mitte des 19. Jahrhunderts ab aufgebaut worden. Deshalb können inflationistische Bedenken, die heute gegenüber jeder Erweiterung des Kreditvolumens naheliegen, diesem Vorschlag gegenüber nicht geltend gemacht werden. Dieses Kreditvolumen wird sich über die gesamte Wirtschaft bis in alle ihre Teile hinein verteilen, den Drang nach zusätzlichen und billigen Krediten erfüllen und der Wiederbelebung der gesamten Wirtschaft den erwarteten Auftrieb geben.

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