1.55.2 (bru3p): 2. Bericht über notwendig gewordene Sanierungsmaßnahmen.

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2. Bericht über notwendig gewordene Sanierungsmaßnahmen.

Der Reichsminister der Finanzen berichtete eingehend über Schwierigkeiten der Bank des Gewerkschaftsbundes deutscher Angestellten, des Zentralausschusses für die innere Mission und mehrerer ihr angeschlossener Gesellschaften und der Deutschen Volksbank Aktien-Gesellschaft in Essen. Es sei in Aussicht genommen, daß das Reich für die Bank des Gewerkschaftsbundes deutscher Angestellten eine Garantie von 2,5 Millionen übernehme und daß zur Deckung der Verbindlichkeiten des Zentralausschusses für die Innere Mission 8 Millionen mobilisiert würden. Für die Deutsche Volksbank Aktien-Gesellschaft habe die Kurzstützungsgesellschaft des Reichs Anleihen und Ablösungsrechte zur Verfügung gestellt. Dadurch wurde es ermöglicht, die sich aus der Stützung ergebende Schuld an das Reich zu verzinsen und in einer Reihe von Jahren abzudecken. Im übrigen würden die Kredite bei der Deutschen Bau- und Bodenbank bereitgestellt, das Reich übernehme die Garantie. Auch die Reichsbank habe ihre Hilfe zugesagt und für die Abdeckung der Verbindlichkeiten sei ein Plan aufgestellt. Das Reichskabinett nahm von diesen Darlegungen Kenntnis. Einwendungen wurden nicht erhoben. Der Sanierungsplan kann demnach wie vorgesehen durchgeführt werden4.

4

MinR Feßler notierte handschriftlich am 25. 11.: „Das Reichsfinanzministerium (G[ra]f Schwerin von Krosigk) ist mit der Fassung einverstanden“ (R 43 I /1453 , Bl. 294).

Mit Schreiben vom 6.12.31 bat der RK den RbkPräs. um eine baldige Behebung der Schwierigkeiten der Dt. Volksbank, Essen (Entw. in R 43 I /647 , Bl. 376). Nach Mitteilung von MinR Bayrhoffer hatte die Rbk der Volksbank für ein halbes Jahr einen Lombardkredit bis zu 5 MioRM zur Verfügung gestellt. Einlagen bei der Bau- und Bodenbank würde die Essener Volksbank allerdings nur in Höhe von 1 MioRM festlegen können (Vermerk von MinR Feßler vom 30.12.31 in R 43 I /647 , Bl. 378).

Der Reichsbankkommissar berichtete sodann darüber, daß wegen der Mittelstandsbank5 Verhandlungen weiterliefen und daß bei der Bank für Handel und Grundbesitz ein Zwangsvergleich mit 30% und Besserungsschein angestrebt werde6. Der Konkursrichter habe die Entscheidung über die Anträge auf Eröffnung des Konkurses deswegen um 4 Tage zurückgestellt. Nach dem Bericht der Revisions- und Treuhandgesellschaft sei bei einem ungedeckten Einlegerbestand von[2010] 60 Millionen mit einem Verlust von etwa 27 Millionen zu rechnen. Werde das Reich für die 30% des Zwangsvergleichs die Garantie übernehmen, dann werde es möglich sein, den Konkurs zu verhindern und so großen Schwierigkeiten vorzubeugen. Dann werde die Mobilisierung gewisser Teile von Guthaben der Bank möglich sein. Er bat, den Reichsminister der Finanzen zu ermächtigen, die endgültige Entscheidung im Benehmen mit dem Reichswirtschaftsminister zu treffen7.

5

Die Dt. Mittelstandsbank war im August 1931 in Schwierigkeiten geraten. MdR Drewitz hatte den RK als Aufsichtsratsvorsitzender der Bank um Reichsunterstützung gebeten, da ein Zusammenbruch der Mittelstandsbank die gesamten Genossenschaftsbanken in Berlin in Mitleidenschaft ziehen würde (Schreiben vom 18. 8. und 30.9.31 in R 43 I /647 , Bl. 273–275).

Am 6.10.31 beschloß die Gläubigerversammlung der Mittelstandsbank ein achtzehnmonatiges Moratorium (Schreiben der Mittelstandsbank vom 8.10.31 mit Zeitungsartikeln vom 7.10.31 in R 43 I /647 , Bl. 289–290).

6

Vgl. Dok. Nr. 560, P. 5.

7

Die Berliner Bank für Handel und Grundbesitz schloß am 19.11.31 ihre Schalter. Im Februar 1932 wurde mit Reichsbürgschaft ein Vergleich geschlossen, der den Gläubigern der Bank eine Auszahlung von 30% garantierte (R 43 I /650 , Bl. 80). Die Gewerbebank Trier gab ihren Gläubigern eine Auszahlungsgarantie von 60% (R 43 I /650 , Bl. 190).

Wie der Reichsbankenkommissar weiter berichtete, ist die Köpenicker Bank lediglich durch Pressetreibereien der radikalen Flügelparteien in Schwierigkeiten geraten. Das Unternehmen sei gesund und vorsichtig geführt. Es habe 5,6 Millionen eigenes Vermögen und ein Garantiekapital über 10 Millionen gehabt. Bei den Beleihungen seien bisher keine Verluste eingetreten. Deswegen habe das Institut als besonders solide Genossenschaftsbank gegolten. Würde sie jetzt illiquide, so würden voraussichtlich alle Genossenschaftsbanken in Berlin und der Provinz Brandenburg zum Erliegen kommen.

Die Bank werde bis Ende des Jahres 2,1 Millionen an Einlagen, 2 Millionen an Kontokorrentverpflichtungen sowie 2 Millionen an freiwilligen Auszahlungen benötigen, die bisher durchgeführt worden seien und zu wesentlichen Neueinzahlungen geführt hätten.

Es sei erforderlich, daß die Dresdner Bank und die Preußenkasse dem Unternehmen weitere 2 mal 3 Millionen zur Verfügung stellen. Jedes der beiden Institute habe bisher mit 1 Million Hilfe geleistet.

Auf Anregung des Reichsministers der Finanzen sagte der Reichsminister der Justiz zu, aufgrund des Materials über die Bank zu prüfen, ob eine Verordnung zur Bekämpfung von Veröffentlichungen vorgelegt werden könne, die offensichtlich eine wirtschaftliche Schädigung von Unternehmungen zum Ziele haben8.

8

Der RJM übersandte dem RK am 29.11.31 eine Aufzeichnung über die Verbesserung des Ehrenschutzes, in der Joël die Möglichkeit eines verbesserten Ehrenschutzes sehr skeptisch beurteilte und vor allem die verfassungsrechtliche Frage stellte, ob eine Regelung auf Grund des Art. 48 RV überhaupt zulässig sei. Er wies auch darauf hin, daß sich der Strafrechtsausschuß in zwei Lesungen mit diesen Themen beschäftigt und keine Änderungen des geltenden Rechts – bis auf die Einführung des Indiskretionsdeliktes – vorgeschlagen habe. Da die Presse sicherlich die Pläne der RReg. mit kritischer Aufmerksamkeit verfolgen werde, empfahl Joël, „für etwaige Maßnahmen zur Erweiterung des Ehrenschutzes von vornherein eine möglichst sichere Grundlage in der öffentlichen Meinung zu schaffen.“ Die Frage der Bestrafung wirtschaftlicher Falschmeldungen hatte der RJM mit RBankKom. Ernst eingehend erörtert. „Dabei ist Übereinstimmung dahin erzielt worden, daß sich die Schaffung neuer Strafvorschriften nicht empfiehlt, weil auf diesem Gebiet die Schattenseiten einer strafgerichtlichen Verfolgung (insbesondere wegen der nochmaligen Aufrollung solcher Fragen in öffentlicher Hauptverhandlung und wegen der Notwendigkeit von Beweiserhebungen) überwiegen. Der Bankenkommissar verspricht sich von einer energischen Handhabung der Zeitungsverbotsbefugnis eine schnellere und wirksamere Abwehr.“ In der Anlage skizzierte der RJM neue Vorschriften des erweiterten Ehrenschutzes (R 43 I /1218 , Bl. 140–151, Zitate Bl. 141 und 142). Zum Entw. vgl. Dok. Nr. 587.

An die Berichte schloß sich eine kurze Aussprache über die Sanierungsmaßnahmen, an der sich der Reichswirtschaftsminister der Reichsminister der Finanzen und der Reichsverkehrsminister beteiligten.

Widerspruch erfolgte nicht.

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