1.71.1 (bru3p): 1. Etats- und Kassenlage.

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1. Etats- und Kassenlage.

Der Reichsminister der Finanzen erläuterte eingehend die Etats- und Kassenlage des Reichs. Er kam zu dem Ergebnis, daß im laufenden Rechnungsjahr mit einem Defizit von 600 Millionen RM zu rechnen ist. Hiervon werden gedeckt durch den Münzgewinn etwa 170 Millionen, so daß ein abzudeckender Fehlbetrag von 400 bis 430 Millionen verbleibt. Anschließend ging der Reichsminister der Finanzen kurz auf die Finanzlage der einzelnen deutschen Länder ein. Er setzte auseinander, daß der größte Teil der Länder ohne weitere Reichshilfe nicht durch den Winter werde kommen können1 und daß er daher über den Fonds von 230 Millionen hinaus mit weiteren Zuschüssen im Betrage von 200 Millionen RM rechnen müsse. Diese 200 Millionen RM seien im vorgenannten Reichsfehlbedarf von 600 Millionen einkalkuliert.

1

StS Schäffer notierte in seinem Tagebuch Dietrichs Äußerungen wie folgt: „Preußen kann Ende Dezember seinen Zahlungen nicht nachkommen. Bayern ist gedeckt. Württemberg hat ein Loch. Sachsen steht ganz schlecht und hat nur aus unseren Vorschüssen gezahlt. Deswegen ist es gegen Lohn- und Gehaltssenkung. In Hessen sieht es verheerend aus. Hamburg liegt besonders schwierig. Es verlangt 2 Millionen Mark für die Kosten des Hafens. Bremen ist hoffnungsvoller. Die kleinen Länder sind auch im Druck, können sich aber nicht entschließen, ihre Eigenstaatlichkeit aufzugeben. […] Wir haben die Länder gefragt, ob sie im nächsten Jahr durchkommen würden, wenn sie 300 Millionen Umsatzsteuer bekämen und 10% Gehaltssenkung haben. Ich hatte den Eindruck, daß die süddeutschen Länder durchkommen werden. Preußen will seine Sache mit brutalem Druck in Ordnung bringen. In Sachsen spürt man von einem Reformwillen noch nicht viel. […] Der Kultusetat ist so hoch wie der gesamte Haushalt Sachsens vor dem Krieg. Die Schulklassen sind noch mit 35 Kindern besetzt. Außerdem haben sie die höchsten Gemeindearbeiterlöhne. Sachsen wollte auch keinen Etat mehr machen. Wir und die anderen Länder haben Sachsen erklärt, es müßte einen Etat aufstellen. Sehr schwierig sind die Dinge in Hamburg und Bremen. Sie haben dort immer sehr ordentliche Gehälter gehabt. Drei Richter sind zum Offenbarungseid geladen“ (IfZ ED 93, Bd. 16, Bl. 1118–1119). Zur Finanzlage der Länder siehe auch Dok. Nr. 566, Nr. 575, Nr. 581, Nr. 613, Nr. 656, 689, 690 (Preußen), Dok. Nr. 746 (Sachsen), Dok. Nr. 400, P. 2 (Hamburg und Bremen) und Dok. Nr. 744 (Hamburg).

Übergehend auf das Rechnungsjahr 1932/1933 bemerkte der Reichsminister der Finanzen, daß für das kommende Haushaltsjahr mit einem Fehlbetrag von 900 Millionen gerechnet werden kann. Er denke sich die Abdeckung dieses Betrages in folgender Weise:

[2051] 700 Millionen Mehrerlös aus der zu erhöhenden Umsatzsteuer, 100 Millionen aus den weiteren Gehaltskürzungen, 100 Millionen Ersparnis bei den Sachausgaben. Bei dieser Berechnung sei davon ausgegangen, daß auch im kommenden Rechnungsjahr keinerlei Reparationen gezahlt werden müßten2.

2

Zur Fortsetzung der Kabinettsberatung über den Etat 1932 / 33 siehe Dok. Nr. 697, P. 9.

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