1.84.1 (bru3p): Deutsch-schweizerische Handelsvertragsverhandlungen.

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Deutsch-schweizerische Handelsvertragsverhandlungen.

Ministerialdirektor Dr. Ritter führte aus, er habe mit dem Schweizer Vertreter die Stellungnahme des Reichsministeriums erörtert1. Die Schweiz wolle noch auf 53 Tarifnummern für die Kontigentierung herabgehen, weiter aber nicht2. Würde die Entscheidung des Kabinetts negativ ausfallen, so würde die Schweiz zum 18. Dezember kündigen. Dann werde es möglich sein, den vertraglosen Zustand mit einer de facto-Meistbegünstigung aufrecht zu erhalten.

1

Zu den bisher geführten Verhandlungen siehe Dok. Nr. 574, P. 1 und Nr. 577, P. 1. Das AA hatte mit Anschreiben vom 4.12.31 den VoEntw. zur vorläufigen Anwendung eines zweiten Zusatzabkommens zu dem deutsch-schweizerischen Handelsvertrag vom 14.7.26 vorgelegt, in dem einzelne Zolltarifpositionen neu gefaßt worden waren (R 43 I /1115 , Bl. 137–138). Diesem Entw. hatte die RReg. im Umlaufverfahren am 8.12.31 zugestimmt (R 43 I /1115 , Bl. 139).

2

In der vorangegangenen Chefbesprechung vom 10.12.31 hatte MinDir. Ritter berichtet, daß die Schweizerische Reg. ihre ursprüngliche Forderung der Kontigentierung von 150 Zolltarifpositionen auf 60 Positionen reduziert habe, die in autonomer Form festgelegt werden sollten. Ein deutsches Zugeständnis werde für den Import Schweizer Stickereien und Uhren erwartet. Das AA hatte zur Annahme diese Forderungen geraten, auch wenn es praktisch eine Aufgabe der Meistbegünstigung bedeute. Dagegen hatten StS Trendelenburg, RWiM Warmbold und REM Schiele aus reparationspolitischen Gründen das Abkommen abgelehnt (R 43 I /1115 , Bl. 142).

Staatssekretär Dr. Schäffer berichtete anschließend über die Verhandlungen in Basel, soweit sie sich mit der deutschen Ausfuhr befaßten3. Melchior habe darauf hingewiesen, daß die Ausfuhr sich auf der bisherigen Höhe nicht werden halten können wegen des Währungsverfalls in zahlreichen Ländern, wegen der Handelshemmnisse, die im Auslande gesteigert oder neu eingeführt würden, und insbesondere auch wegen der Devisen-Maßnahmen4. Der Vertreter der Schweiz habe auf die schwierige Lage seines Landes hingewiesen, das nicht in der Lage sei, fremde Waren in gleichem Umfange wie bisher abzunehmen. Voraussichtlich werde die Ablehnung der Schweizer Vorschläge in Basel schwer empfunden werden; die Stimmung werde beeinträchtigt. Wie das auf die Reparationsverhandlungen wirken werde, sei schwer vorauszusehen. Allerdings sei die Rolle der Schweiz in dieser Hinsicht nicht allzu bedeutsam. Bedeutsamer sei sie bei den Fragen der Stillhaltung.

3

StS Schäffer hatte am 8. und 9. 12. an den Stillhalteverhandlungen in Basel teilgenommen (IfZ ED 93, Bd. 16, Bl. 1161–1168).

4

Vgl. dazu auch Dok. Nr. 579.

Wegen der Behandlung der deutschen Guthaben im Ausland habe Melchior die Bereitschaft erklärt, daß durch Gesetz eine Statistik eingeführt würde, wenn[2091] auch die anderen Länder dasselbe täten. Dadurch seien die Bedenken der anderen Länder ausgelöst worden. Die Schweiz habe diese Maßnahme als das Ende des kapitalistischen Systems bezeichnet.

Bei der Abstimmung ergab sich die überwiegende Mehrheit für die Ablehnung der Schweizer Angebote5. Nach der Kündigung soll mit der Schweizer Regierung die Fühlung aufrechterhalten werden, obwohl es Deutschland bisher im allgemeinen abgelehnt hat, in dieser Weise zu propagieren6.

5

Für die Annahme des Schweizer Vorschlags stimmten nur RPM Schätzel, der den Vorsitz in der Ministerbesprechung führte, und StS v. Bülow (Nachl. Luther  Bd. 367, Bl. 132; vgl. auch die Auszüge in Schulz, Staat und Wirtschaft in der Krise, Dok. Nr. 387).

6

Die Schweizer Reg. kündigte das Handelsabkommen am 18.12.31 zum 4.2.32 (Aufzeichnungen v. Bülows vom 18. 12. mit Durchschrift des Schreibens des Schweizer Gesandten Rüfenacht an den RK vom selben Tage in R 43 I /1115 , Bl. 147 und 149–151, der Vermerk v. Bülows ist abgedruckt in ADAP, Serie B, Bd. 19, Dok. Nr. 131). Am 19.7.32 wurde eine Vereinbarung über die Herabsetzung von Vorhangstoffen und Spielwaren getroffen (R 43 I /1115 , Bl. 156–158). Am 5.11.32 wurde ein deutsch-schweizerisches Warenverkehrsabkommen geschlossen (R 43 I /1115 , Bl. 160–177).

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