2.225.1 (cun1p): [Politische Lage]

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Das Kabinett Cuno Wilhelm Cuno Bild 183-1982-0092-007Französischer Posten Bild 183-R43432Posten an der Grenze des besetzten Gebietes Bild 102-09903Käuferschlange vor Lebensmittelgeschäft Bild 146-1971-109-42

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[Politische Lage]

Der Herr Reichskanzler führt aus, daß die innenpolitischen Schwierigkeiten Anlaß zu der Besprechung mit dem Preußischen Staatsministerium gegeben haben1. Die Hauptsorge bildet im Augenblick die innerwirtschaftliche und innerpolitische Lage. Die außenpolitische Lage hat in letzter Zeit eine gewisse Entspannung erfahren. Die innerpolitische Spannung hat ihre Hauptursache in den innerwirtschaftlichen Verhältnissen. Zur Entspannung sind verschiedene Maßnahmen getroffen bzw. eingeleitet: Gesetzentwürfe zur Erhöhung der Erträge[667] der Vermögenssteuer, der Erbschaftssteuer und der Umsatzsteuer sind dem Kabinett zugegangen2. Der Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung eines Notopfers für Rhein und Ruhr ist ebenfalls fertiggestellt3. Die Auflage einer wertbeständigen Anleihe ist in Vorbereitung4. Der eingeschlagene Weg, Löhne und Gehälter wertbeständig zu machen, wird weiter verfolgt werden. Es ist zu prüfen, welche Maßnahmen noch getroffen werden könnten. Die Reichsregierung ist bereit, alles in ihr Programm einzufügen, was Hilfe bringen kann.

1

Am 24. 7. hatte der PrMinPräs. an den RK geschrieben: „Aufgrund eines in der heutigen Sitzung des PrStMin. gefaßten Beschlusses bitte ich Sie, Herr RK, ergebenst, die Frage der durch die rapide Markverschlechterung und die täglich steigende Lebensmittelteuerung in einem geradezu bedrohlichen Ausmaße gewachsenen Ernährungsnot und Wirtschaftsnot in den weitesten Volkskreisen und der etwa zu ergreifenden Maßnahmen baldmöglichst in einer Reichskabinettssitzung unter Zuziehung der PrStReg. zur Erörterung zu stellen.“ (R 43 I /1262 , Bl. 244). In einem Vermerk der Rkei über die Sitzung des PrStMin. vom 24. 7. heißt es u. a.: „Der Herr PrMinPräs. trat dem Antrag [des PrWohlfM] auf gemeinsame Besprechung mit dem Reichskabinett bei und ersuchte, hierfür geeignete, bestimmte Einzelanträge auszuarbeiten. Im weiteren Verlauf der Sitzung sprach der Herr WohlfM davon, daß die Wirtschaftspolitik des Reichs seit Jahren wenig auf das Wohl der Konsumenten eingestellt sei.“ (R 43 I /1262 , Bl. 244).

2

Dieser Gesetzentwurf wird am 30. 7. vom Kabinett verabschiedet (s. Dok. Nr. 231).

3

Er wird am 27. 7. vom Kabinett verabschiedet (s. Dok. Nr. 227).

4

Die Auflegung einer wertbeständigen Anleihe ging u. a. auf den Vorstoß des SPD-Abg. Müller zurück, worüber StS Hamm dem RK und abschriftlich dem RWiM und RFM am 19. 7. berichtet hatte: „Herr Abg. Müller-Franken übermittelte heute telefonisch den Wunsch, möglichst bald empfangen zu werden. Er hält die innenpolitische Lage infolge der wachsenden Erregung und Ratlosigkeit der Bevölkerung über die Teuerung für bedenklich, da diese Erregung ein guter Nährboden für radikale Treibereien sei. Nach seiner Meinung müsse nun vor allem die Schaffung wertbeständiger Anlagemittel unverzüglich in Angriff genommen werden. Der gegenwärtige Zustand, daß, wer auch nur für die nächste Zukunft sorgen wolle, Gehaltsempfänger wie Geschäftsleute, zum Ankauf von Effekten oder zum verbotswidrigen Erwerb von Devisen sich gezwungen sehe, sei nicht länger zu ertragen. Die Rbk müsse endlich wertbeständige Schatzanweisungen gegen Papiermark ausgeben. Eine Goldzinsgarantie bringe für die Rbk keine unerträgliche Belastung im Verhältnis zu dem, was sie jetzt zufolge des mit durch ihre Politik veranlaßten Ansturmes auf Devisen opfern müsse.“ (R 43 I /2439 , Bl. 4). Am 21. 7. vermerkte StS Hamm: „Der Herr RFM hat sich nun entschlossen, eine wertbeständige Anleihe herauszubringen. Der Prospekt wird eben ausgearbeitet; Summe 20 Mio GM. Ausgabe sofort. Die Summe ist deswegen so gering genommen, um auf keinen Fall einen Mißerfolg eintreten zu lassen.“ (R 43 I /2435 , Bl. 335). Lt. Pressemeldungen fanden am 23. und 24. 7. im RFMin. Besprechungen mit der Rbk und Banksachverständigen über die Goldanleihe statt, wobei die Rbk die Bereitstellung von Gold zu Garantiezwecken ablehnte. Die Höhe der Anleihe sollte bei 20 – 25 Mio GM liegen, doch wurde eine wesentliche Ausweitung nicht ausgeschlossen. Am 27. 7. spricht Albert bereits von einer 400 Mio-Anleihe (Dok. Nr. 227). Die Notwendigkeit einer hohen Anleihe wird ausführlich von Albert und Henrich in ihrer Denkschrift begründet (Dok. Nr. 229).

Der Herr Minister des Auswärtigen schildert die außenpolitische Lage. Gegen November v. J. ist eine Besserung eingetreten. Im November war Deutschland isoliert, jetzt ist Frankreich auf dem Wege, isoliert zu werden. Die Lage im Augenblick ist folgende: Frankreich wird voraussichtlich auch den neuen Schritt Englands sabotieren5; England wird aber im eigenen Interesse, aus Prestigegründen und infolge seines Mißtrauens gegenüber Frankreich nicht untätig bleiben und seine selbständige Aktivität, allerdings in für Frankreich schonender Weise, fortsetzen. Zwei Möglichkeiten bestehen:

5

Note der engl. Regierung an ihre Alliierten vom 20. 7. in RT-Drucks. Nr. 6204, Bd. 379, S. 90  – 97.

1) Einberufung einer internationalen Kommission zur Prüfung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Reichs unter Mitwirkung prominenter anderer Staaten.

2) Verweisung der Reparationsfrage an den Völkerbund. Diese Möglichkeit ist allerdings in letzter Zeit in den Hintergrund getreten, da Lord Robert Cecil Bedenken bekommen hat, ob das Gebäude des Völkerbundes für diese Aufgabe tragfähig genug ist. Daneben werden andere Aktivitäten einhergehen:

a) Einwirkung auf den französischen Frankenkurs, b) Einforderung der Schulden von Frankreich in Verbindung mit Amerika, c) Möglichkeiten in der weltpolitischen Arena. Zuzugeben ist, daß diese außenpolitische Entwicklung[668] sehr viel Zeit kostet, und es muß die Aufgabe sein, für diese Zeit das Deutsche Reich und die deutsche Wirtschaft lebensfähig zu erhalten6.

6

Am 17. 7. hatte der RAM Botschafter Sthamer ersucht, Curzon über die schwierige wirtschaftliche Lage in Deutschland zu informieren sowie über die Entschlossenheit der Bevölkerung, den passiven Widerstand fortzusetzen. „Eine Kapitulation, wie Poincaré sie anstrebt, würde mit Sicherheit im Ruhrgebiet die Anarchie und im Inneren den Bürgerkrieg entfachen. Andererseits sind die seelische Spannung und der wirtschaftliche Druck derart gestiegen, daß jeden Augenblick ein an sich vielleicht bedeutungsloser Zwischenfall der Staatsgewalt die Kontrolle aus der Hand schlagen kann. […] Wir sind entschlossen, alles, was in unserer Kraft steht, zu tun, um dem deutschen Volke weiteres Ausharren zu ermöglichen und der englischen Aktion Zeit zur Auswirkung zu lassen. Die englische Regierung muß sich aber darüber klar sein, daß die Lage in Deutschland zu einer schnellen Klärung drängt. Jede Verschleppung verschlechtert unsere Lage zum Schaden der Reparationsgläubiger.“ (AA Büro RM 5, Reparationen Bd. 13). Am 19. 7. berichtete Sthamer dem RAM über sein Gespräch mit Curzon u. a.: „Lord Curzon bezeichnete die Lage als äußerst ernst und war sich klar darüber, daß bald etwas geschehen müsse, um der jetzigen Situation ein Ende zu bereiten, die unmöglich ewig fortdauern könne, ließ aber erkennen, daß die Beschleunigung der Sache von ihm allein nicht abhänge. Er knüpfte daran den Rat, während er bislang ausgesprochenermaßen Ratschläge nicht hatte geben wollen, daß Deutschland hinsichtlich des passiven Widerstandes Konzessionen mache. Die Franzosen seien nun einmal in der Ruhr, und es sei klar, daß ohne Konzessionen von allen Seiten es unmöglich sei, sich mit ihnen über die Besetzung der Ruhr zu verständigen.“ (AA Büro RM 5, Reparationen Bd. 13). Der RAM antwortete darauf Sthamer am 19. 7., daß jede dt. Verständigungsformel davon ausgehen müsse, „daß keine deutsche Regierung der Bevölkerung der rechtswidrig besetzten Gebiete einen Abbau ihres Widerstandes zumuten kann, ohne daß der Bevölkerung gleichzeitig sichere Garantie für die Räumung der Gebiete in kürzester Frist gegeben wird. Vorschläge, die diesen Punkt außer acht lassen, kann die RReg. nicht annehmen, weil sie eine solche Lösung, selbst wenn sie wollte, nicht durchführen könnte. Sollte der Versuch unternommen werden, die Regierung zur Annahme zu zwingen, so wäre ihre Autorität gebrochen und eine weitere Geschäftsführung für sie nicht mehr möglich. Ihr Rücktritt würde das Signal für unberechenbare und unabsehbare innere Konflikte sein.“ (AA Büro RM 14 – 5, Frage der Aufgabe des passiven Widerstandes, Bd. 1). Am 29. 7. bestätigt der RAM Sthamer noch einmal, daß der dt. Standpunkt in der Frage des Widerstandes unverändert sei, auch nicht geändert werden könne, „weil er sich zwangsläufig aus der Situation ergebe.“ (AA ebd.).

Herr Ministerpräsident Braun gibt die Richtigkeit dieser Ausführungen zu, betont aber, daß die innerwirtschaftlichen Verhältnisse, besonders die Ernährungsverhältnisse, sich in der letzten Zeit sehr verschlechtert haben und daß unbedingt Maßnahmen zur Behebung dieser Schwierigkeiten getroffen werden müssen. Er verweist auf das Memorandum des Herrn Reichskanzlers vom Juni d. J.7, in dem die Reichsregierung zugesagt habe, alles zu tun, um das Durchhalten während des Abwehrkampfes an der Ruhr zu ermöglichen. Von den Landesregierungen ist in dieser Richtung alles geschehen, was möglich war. Mit Wucherbekämpfung und dergl. ist aber den augenblicklichen Schwierigkeiten nicht beizukommen. Es muß damit gerechnet werden, daß infolge der Ernährungsschwierigkeiten Unruhen entstehen. Mit der Notenpresse allein kann der Ruhrkampf nicht finanziert werden. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, die schnell Geld bringen.

7

Gemeint ist offenbar das Rundschreiben des RK an die Landesregierungen vom 18. 6., abgedruckt als Dok. Nr. 196.

Der Herr Reichswirtschaftsminister gibt einen Überblick über die Maßnahmen, die zur Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen und Lebensmitteln und zur Verhinderung eines zu starken und zu schnellen Fallens der Mark getroffen worden sind. Es muß zugegeben werden, daß es gelungen ist, die[669] Wirtschaft im allgemeinen in Gang zu halten. Allerdings hat dies viel Geld gekostet. Die Folge davon ist das Herabsinken der Mark gewesen. Durch die eingeleiteten verschiedenen Stützungsaktionen ist es gelungen, dieses Herabsinken zeitweise aufzuhalten oder zu bremsen. Ein völliges Aufhalten des Markkurses ist nicht möglich. Der Marksturz ist ein Naturereignis, das der Produktion von Papiergeld folgen muß. Die Einführung des Einheitskurses hat zu großen Unzuträglichkeiten geführt8. Durch eine allmähliche Lockerung der Devisenbestimmungen wird diesen begegnet werden. Außerdem wird versucht werden, die Pflichtablieferung von Devisen zu verstärken und durch Einführung von Goldkonten bei der Reichsbank die Devisenlage zu erleichtern.

8

Vgl. dazu das Schreiben des RWiM an den RK vom 23. 7. (Dok. Nr. 222).

Der Herr Preußische Wohlfahrtsminister verliest die in Abschrift beigefügte Erklärung9.

9

Die achtseitige Denkschrift des PrWohlfM behandelt gesundheitspolitische Fragen und unterbreitet eine Reihe von Vorschlägen zur besseren organisatorischen und sachlichen Behandlung dieses Fragenkomplexes. Am Ende werden die Anträge kurz zusammengefaßt: „1. Dienstanweisung zur Vereinheitlichung der Zusammenarbeit der am Gesundheitswesen beteiligten drei RMin. 2. Ausgiebige Beteiligung der Preußischen Ressorts. 3. Bessere Organisation der Verteilung der Reichsfonds. 4. Heranziehung der bestehenden bewährten Organisationen bei der Verteilung statt der Schaffung neuer Verteilungsstellen von Fall zu Fall. 5. Schleunige Ernährungshilfe namentlich bei der heranwachsenden Jugend. 6. Schleunige Hilfe zur Versorgung privater und öffentlicher Krankenanstalten mit Heizmaterial zu erschwinglichen Preisen!“ (R 43 I /1386 , Bl. 188-195).

Der Herr Reichskanzler erklärt, daß die Reichsregierung auf ein Zusammenarbeiten mit Preußen größten Wert legt. Die gegebenen Anregungen werden befolgt, die Einzelheiten sofort geprüft werden.

Der Preußische Handelsminister führt aus, daß die Arbeiterschaft im Abwehrkampf noch fest steht. Allerdings macht sich eine immer größere Beunruhigung bemerkbar, hervorgerufen einmal durch die schwierige Ernährungslage infolge der Devisenpolitik des Reichs, zum anderen durch die Diskontpolitik der Reichsbank10. Die Mittel zur Fortführung des Ruhrkampfes dürfen nicht weiter durch die Notenpresse, sondern durch Maßnahmen beschafft werden, die auch in den Besitz stark eingreifen.

10

In der Sitzung des Zentralausschusses der Rbk am 11. 7. hatte das Rbk-Direktorium seinen Vorschlag einer Diskonterhöhung von 18 auf 25% zurückgezogen, nachdem sich die Mitglieder des Zentralausschusses mit einer Ausnahme (Carl Fürstenberg) gegen die Erhöhung ausgesprochen hatten. Der Bankier Salomonsohn hatte dabei u. a. ausgeführt: „Ich sehr nur zwei Gründe, die dafür sprechen könnten: Sie sind politischer Art. Einmal der Eindruck auf die Arbeiterbevölkerung und dann der Eindruck nach außen auf die Entente. Allein das letztere Moment ist ins Gewicht fallend.“ (R 43 I /640 , Bl. 195-202, hier: Bl. 201f).

Der Herr Reichswirtschaftsminister betont, daß die Einführung des Einheitskurses von vornherein nur als eine vorübergehende Maßnahme gedacht gewesen ist und daß er lieber heute als morgen, wenn es schon angängig, den Einheitskurs aufheben möchte. Ein großer Teil der damit verbunden gewesenen Schäden ist jetzt schon behoben. Die Anregung betr. Diskontpolitik der Reichsbank wird an diese weitergegeben werden11.

11

Am 2. 8. schlägt der RbkPräs. dem Zentralausschuß eine Erhöhung des Diskonts von 18 auf 30% vor und erklärt dazu, „daß die Erhöhung des Diskontsatzes nunmehr eine unbedingte Notwendigkeit ist, und ich möchte annehmen, daß auch der Zentralausschuß heute diese Überzeugung teilt. Ich brauche nur darauf hinzuweisen, daß sich die Sätze am offenen Markt neuerdings sehr erheblich erhöht haben. Sie wissen alle, daß Sätze für Leihgelder von 1% pro Tag nichts Ungewöhnliches sind.“ Trotzdem spricht sich der Zentralausschuß mit 18 : 5 Stimmen gegen eine Diskonterhöhung aus; das Rbk-Direktorium setzt sich jedoch darüber hinweg und hält an der vorgeschlagenen Erhöhung fest (R 43 I /640 , Bl.  208-213;, hier: Bl.  209).

[670] Der Herr Reichskanzler weist darauf hin, daß jede Zentralisierung des Devisenverkehrs zu Schwierigkeiten führt. Die Reichsregierung geht mit dem Preuß. Staatsministerium darin einig, daß die Inflation eingedämmt werden muß. Auf die eingeleiteten und getroffenen Maßnahmen ist bereits eingangs hingewiesen worden; Untätigkeit der Reichsregierung hat nicht obgewaltet.

Der Preußische Ministerpräsident Braun macht Mitteilung davon, daß eine Deputation von Berliner Betrieben wegen Aufhebung des Versammlungsverbots vorstellig geworden ist12. Es ist zu befürchten, daß es trotz des Verbots zu Demonstrationen kommt. Es müssen alle Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, um ein Umsichgreifen von Unruhen zu vermeiden.

12

Durch Verfügung vom 24. 7. hatte Severing Versammlungen und Umzüge unter freiem Himmel verboten (Ministerialblatt des PrIMin. 1923, S. 508), um damit die befürchteten Zusammenstöße zwischen Links- und Rechtradikalen am 29. 7. zu verhindern (vgl. dazu Dok. Nr. 227).

Der Herr Reichskanzler spricht die Bitte an das Preuß. Ministerium des Innern aus, gegen die Schlemmerei, die Spielwut, die schwarzen Börsen mit Nachdruck einzuschreiten.

Herr Staatssekretär Weismann erklärt, daß dies bereits geschehen ist und daß nach dem 29. Juli, wenn die Schutzpolizei nicht mehr so stark zur Vermeidung der Unruhen in Anspruch genommen ist, noch schärfer vorgegangen werden wird.

Der Herr Reichskanzler bittet um Auskunft über die Kartoffelversorgung in der nächsten Zeit.

Herr Staatssekretär Ramm erklärt, daß in kürzester Zeit größere Mengen auf den Markt kommen werden13. Die augenblickliche Notlage ist vor allem dadurch verursacht, daß bei der Schwierigkeit der Devisenbeschaffung Lebensmittel vom Auslande nicht eingeführt werden können. Es muß versucht werden, auf dem Wege des Kredits die Einfuhr zu ermöglichen.

13

Am 27. 7. telegrafiert der RK an die Führer der landwirtschaftlichen Verbände Brandes, v. Wangenheim, Roesicke, Hepp und Kerkerinck zur Borg: „Städte infolge Verspätung der Ernte von Kartoffeln entblößt; auch sonst wachsen Ernährungsschwierigkeiten der großen Verbrauchermassen. Ich richte daher an die deutsche Landwirtschaft den dringenden Aufruf, alle Kräfte anzuspannen, um die Erträge, insbesondere der Frühkartoffelernte möglichst umgehend dem Verbrauch zuzuführen und die Lage in den Städten zu erleichtern. Unterstützung durch RVMin. gesichert. Zu mündlicher Besprechung werde morgen bitten.“ (R 43 I /1262 , Bl. 246).

Der Herr Reichsminister des Auswärtigen und der Herr Staatssekretär Heinrici schließen sich dieser Auffassung an.

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