2.37.1 (lut1p): 1. Zollsätze für Kartoffeln, Kohl, Schnittholz und Wein.

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RTF

1. Zollsätze für Kartoffeln, Kohl, Schnittholz und Wein.

Ministerialdirektor Ernst berichtete über die Vorlage und begründete den Standpunkt des Reichsministers der Finanzen1.

1

Der RFM hatte in seiner Kabinettsvorlage vom 27. 2. mitgeteilt: Gemäß den Kabinettsbeschlüssen vom 21. und 23. 2. sei der Entwurf eines Gesetzes über Zolländerungen (Zolltarifnovelle) (s. Dok. Nr. 26, P. 1, dort bes. Anm. 1) einer Nachprüfung unterzogen worden, ob etwa prohibitiv wirkende Zollsätze noch herabgesetzt werden könnten. Nachdem die Ressorts sich in allen wesentlichen Punkten über die Höhe der Sätze geeinigt hätten, seien neue Schwierigkeiten dadurch entstanden, daß der REM auf Ersuchen des Dt. Landwirtschaftsrats um Aufnahme der folgenden neuen Sätze in den Entwurf gebeten habe: 1) für Kartoffeln 1,50 RM (Der Entw. des RFM stellt hier die Erhebung eines Zollsatzes frei.), 2) für Rotkohl, Weißkohl, Wirsingkohl 4 RM (Entw. des RFM: 3 RM), 3) für Schnittholz 2,10 RM (Entw. des RFM: 1 RM), 4) für Wein 80 RM (Entw. des RFM: 60 RM). Der RFM fügt abschließend hinzu, daß, abgesehen von schwerwiegenden sachlichen Bedenken, eine derartige Erweiterung des Entwurfs im gegenwärtigen Vorbereitungsstadium ganz unmöglich erscheine (R 43 I /2417 , Bl. 190).

[139] Der Reichskanzler empfahl, die einzelnen Punkte nacheinander zu behandeln.

Das Kabinett war damit einverstanden.

a) Weinzoll.

Der Reichskanzler hielt die Erhöhung des Weinzolls mit Rücksicht auf die Raynaldy gegenüber abgegebenen Erklärungen2 für unmöglich.

2

Bei den dt.-frz. Wirtschaftsverhandlungen in Paris war am 28. 2. zwischen Trendelenburg und Raynaldy ein Protokoll über das bisherige Verhandlungsergebnis vereinbart worden, worin es u. a. heißt: „Die deutsche und die französische Regierung geben sich die Versicherung, daß sie für die Dauer der Verhandlungen die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder nicht durch Maßnahmen stören werden, die ausschließlich oder besonders gegen den anderen Teil gerichtet sind. Diese Zusage schließt die wohlwollende Anwendung der Gesetze, Verordnungen und der sonstigen augenblicklich in Kraft befindlichen Bestimmungen in sich.“ (Telegramm Nr. 103 Trendelenburg und Hoesch an AA vom 28. 2. in: Pol. Arch. des AA, Büro StS, B Fr Deutsch-Französischer Handelsvertrag, Bd. 1).

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft führte aus, daß nach Angabe der Unterhändler die Verhandlungen deshalb schwierig geworden seien, weil ein höherer Zollsatz auf deutscher Seite nicht vorliege. Rein sachlich spiele die Erhöhung des Zollsatzes keine große Rolle. Die von ihm aufgestellten Forderungen hätten im wesentlichen überhaupt nur den Zweck, für die taktischen Verhandlungen eine ausreichende Grundlage zu geben.

Der Reichskanzler stellte daraufhin fest, daß eine Erhöhung des Weinzollsatzes im Widerspruch stehe mit den Abmachungen Raynaldy–Trendelenburg und daher das Kabinett dieser Erhöhung nicht zustimme3.

3

Die Endfassung des Gesetzes über Zolländerungen vom 17.8.25 (RGBl. I, S. 261 ) sieht für Wein (mit natürlichen Weingeistgehalt) einen Zollsatz von 80 RM vor.

b) Schnittholz. […]

c) Kohl.

Der Zollsatz von 4 M für Kohl wurde angenommen.

d) Kartoffeln.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft wies auf die starke Bedrohung des Kartoffelbaues durch die polnischen Kartoffeln hin und hielt einen Schutz im Interesse der Ernährung des deutschen Volkes für unbedingt notwendig.

Der Reichsminister des Innern vertrat den gleichen Standpunkt. Der Kartoffelbau sei noch sehr erweiterungsfähig, und es müsse ihm die größte Aufmerksamkeit zugewandt werden. Der Getreidebau sei viel weniger leicht als der Kartoffelbau zu steigern.

Der Reichskanzler gab zur Erwägung, ob nicht den Bedürfnissen dadurch Rechnung getragen werden könne, daß man von der Seite der Branntweinmonopolverwaltung gewisse Erleichterungen einführe.

[140] Ministerialdirektor Ernst wies demgegenüber darauf hin, daß nur 2 bis 3% der gesamten Kartoffelproduktion verbrannt würden und von dieser Seite daher keine Erleichterung entstehen könnte.

Der Reichswirtschaftsminister hielt zwar einen Verhandlungszollsatz für zweckmäßig, wünschte ihn aber nur so hoch bemessen zu sehen, daß er evtl. tatsächlich auch eingeführt werden könne.

Der Reichskanzler hielt die Angelegenheit sachlich noch nicht für genügend geklärt und empfahl die Vertagung der Beschlußfassung, für die neues Material vorgelegt werden solle4.

4

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 42, P. 2, dort bes. Anm. 7.

Das Kabinett war damit einverstanden.

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