2.8.3 (lut1p): 3. Außerhalb der Tagesordnung: Mitteilungen des Reichsministers der Finanzen.

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3. Außerhalb der Tagesordnung: Mitteilungen des Reichsministers der Finanzen.

Der Reichsminister der Finanzen Er halte es für nötig, zu Beginn der Etatsberatung am Mittwoch, dem 28. Januar, im Hauptausschuß des Reichstages eine Etatsrede zu halten. In dieser Rede müsse er einige sehr schwierige Punkte behandeln, wie z. B. die Aufwertungsfrage und Beamtenfragen. Zunächst wolle er bemerken, daß die von den Parteien verlangte Erhöhung der sozialen Aufwendungen usw. eine Mehrbelastung von ungefähr 6 Milliarden Mark zur Folge haben würde. Er wolle auf den Ernst der Lage hinweisen und ihnen vorschlagen, man solle sich gemeinschaftlich überlegen, wieviel an sozialen Ausgaben noch auf den Etat übernommen werden könnten.

Seine besondere Sorge gelte den Beamtenfragen. Folgende Fragen seien hier von hervorragender Bedeutung: die Frage der allgemeinen Beamtenbesoldung, die Frage der Vierteljahrszahlungen der Beamtengehälter, die Frage des Besoldungssperrgesetzes5, die Folgen der Personal-Abbau-Verordnung6 und des Ortsklassenverzeichnisses. Keine Schwierigkeiten befürchte er bei den beiden zuletzt genannten Punkten, nämlich der Personal-Abbau-Verordnung und dem Ortsklassenverzeichnis. Außerordentlich schwierig sei jedoch die Frage der allgemeinen Beamtenbesoldung. Er sei sich darüber im Zweifel, ob, wann und in welchem Umfange er eine Gehaltserhöhung in Aussicht stellen solle und ob man nur den unteren und eventuell den mittleren Beamten etwas zuwenden solle7. Die Frage der Vierteljahrszahlungen der Gehälter sei[23] gleichfalls von großer Bedeutung. Immerhin beständen aber doch ganz erhebliche Bedenken gegen die Einführung dieser Regelung. Jedoch habe das Reichsfinanzministerium schon einen besonderen Plan ausgearbeitet, wonach die Vorauszahlungen der Gehälter auf ein Vierteljahr sich vielleicht werde ermöglichen lassen, ohne die Reichskasse auf einmal zu sehr zu belasten8. Die Einführung der Vierteljahrszahlung würde auch im Interesse einer Stärkung der Beamtenwirtschaftsorganisationen liegen. Voraussetzung für alle diese Maßnahmen wäre aber, daß das Besoldungssperrgesetz noch 1 oder 2 Jahre aufrechterhalten bleibe9. In der Denkschrift des Reichsfinanzministeriums sei über alle diese Fragen umfangreiches Material enthalten10.

5

Es handelt sich um das „Gesetz zur Sicherung einer einheitlichen Regelung der Beamtenbesoldung“ vom 21.12.20 (RGBl., S. 2117 ), dessen wichtigste Bestimmung wie folgt lautet: „Das Reichsbesoldungsgesetz vom 30. April 1920 [RGBl., S. 805 ] und seine späteren Abänderungen oder Ergänzungen sowie die Ausführungsbestimmungen hierzu sind für die Regelung der Beamtenbesoldung in den Ländern, Gemeinden und sonstigen öffentlichen Körperschaften in dem Sinne bindend, daß die Dienstbezüge ihrer hauptamtlichen Beamten nicht günstiger geregelt werden dürfen als die der gleichzubewertenden Reichsbeamten.“ Zur Kontroverse um dieses Gesetz s. die „Denkschrift über das Besoldungssperrgesetz“, die der RFM am 14.1.25 dem RT zugeleitet hatte (RT-Drucks. Nr. 412, Bd. 398 ) sowie die Gegendenkschrift des Reichsbundes der Kommunalbeamten und -angestellten Deutschlands vom 6.2.25 in R 43 I /2567 , Bl. 27-33, 39-46.

6

S. dazu Anm. 3 zu Dok. Nr. 20; s. auch Dok. Nr. 21, P. 6.

7

Im RT waren von mehreren Parteien Anträge zur Neuregelung der Besoldungsordnung und zur Anhebung der Gehälter in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen eingebracht worden (s. die Anträge der BVP und DVP vom 5. 1., der DNVP vom 6. 1. sowie der WV und SPD vom 8.1.25 in RT-Drucks. Nr. 33 , 55, 73, 168 und 175). Von der DDP wurde mit Antrag vom 8. 1. (RT-Drucks. Nr. 157, Bd. 397 ) die Anhebung der Gehälter auf mindestens das Einkommen des letzten Vorkriegsjahres verlangt. Die KPD forderte mit Antrag vom 5. 1. eine Erhöhung der unteren Beamtengehälter sowie der Löhne der im Staatsdienst stehenden Arbeiter um 40%. Zur weiteren Behandlung s. Dok. Nr. 48, P. 5.

8

Zur Verabschiedung eines diesbez. GesEntw. in der Kabinettssitzung am 24. 2. s. Dok. Nr. 28, P. 3.

9

Durch Gesetz über die „Vierte Änderung des Besoldungssperrgesetzes“ vom 24.3.25 bis zum 1.4.26 verlängert (RGBl. 1925 I, S. 30 ).

10

Gemeint ist die „Denkschrift über die Entwicklung der Besoldung der Reichsbeamten von 1897 bis Dezember 1924“, die der RFM am 19.1.25 dem RT zugeleitet hatte. S. RT-Drucks. Nr. 407, Bd. 398 .

Der Reichsminister des Innern Er warne davor, in die Etatsrede eine Andeutung über etwaige Erhöhung der Gehälter aufzunehmen. Auch dürfe die Einführung der vierteljährlichen Vorauszahlungen der Gehälter nicht vorbereitet werden. Die finanzielle Situation des Reichs werde sich voraussichtlich schwierig gestalten, und er befürchte ein weiteres Anziehen des Lebenshaltungsindexes, ohne allzu pessimistisch urteilen zu wollen.

Der Reichsarbeitsminister In allen diesen Fragen müsse sich nach seiner Ansicht der Reichsminister der Finanzen möglichst neutral ausdrücken. In der Frage der Beamtenbesoldung könne er vielleicht sich in dem Sinne äußern, daß er (Reichsminister der Finanzen) sich dafür einsetzen wolle, daß die Gehaltsbemessung der unteren und der mittleren Beamten sich parallel der Wirtschaft gestalte.

Der Reichswirtschaftsminister Er warne dringend davor, von seiten der Regierung eine Erhöhung der Gehälter in Aussicht zu stellen. Es sei leicht möglich, daß eine derartige Ankündigung schon ein Anziehen der Preise zur Folge habe.

Der Reichskanzler und die übrigen Mitglieder des Kabinetts erklärten sich mit dem Inhalt der von dem Reichsminister des Innern, dem Reichsarbeitsminister und dem Reichswirtschaftsminister gemachten Ausführungen einverstanden und hielten es für zweckmäßig, wenn der Reichsminister der Finanzen ungefähr den Inhalt dieser Ausführungen in seiner Etatsrede wiedergebe.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte sich hiermit einverstanden.

Wegen der Frage der Beamtenbesoldung schlug der Reichskanzler vor, eine Erklärung ungefähr mit dem Inhalt, wie sie der Reichsarbeitsminister vorgeschlagen habe, abzugeben.

Der Reichsminister der Finanzen legte weiter dar, was er zur Aufwertungsfrage sagen wolle. Er wies im besonderen darauf hin, daß er klar die Auffassung[24] vertreten wolle, spekulative Erwerber von Anleihen sollten von der Aufwertung ausgeschlossen sein11.

11

Zum vollen Wortlaut der Etatrede v. Schliebens vor dem Hauptausschuß des RT am 28. 1. s. das Druckexemplar in R 43 I /1017 , Bl. 218-224. Von den oben angeschnittenen Punkten behandelt der RFM dabei lediglich die Aufwertungsfrage. „Soweit Leistungen in Verbindung mit der Aufwertung öffentlicher Anleihen möglich sind, werden mit an erster Stelle solche Personen oder Anstalten zu berücksichtigen sein, die dem Vaterlande in der Zeit der höchsten Not ihre Ersparnisse oder Mittel zur Verfügung gestellt haben. Und unter den hier zu berücksichtigenden Personen verdienen wiederum die eine Sonderbehandlung, die durch die Entwertung von Kapital und Zinsen in Not geraten sind. Ein Anspruch auf Berücksichtigung ist ferner denen zuzuerkennen, die unter dem Zwange der Geldentwertung öffentliche Anleihen erworben haben.“

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft bezeichnete es als erwünscht, wenn über die gesamte Aufwertungsfrage nochmals im Kabinett auch im Beisein des Reichsbankpräsidenten gesprochen würde.

Der Reichswirtschaftsminister wies darauf hin, daß der Reichsbankpräsident bei dieser Gelegenheit darüber Aufschluß geben könne, ob und inwieweit eine etwaige Aufwertung eine Gefahr für die Währung bedeuten könne12.

12

S. die Ausführungen Schachts in der Kabinettssitzung am 16. 3. (Dok. Nr. 48, P. 1).

Die übrigen Mitglieder des Kabinetts erklärten sich mit diesen Anregungen des Reichsernährungs- und Reichswirtschaftsministers durchaus einverstanden.

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