1.108.7 (lut2p): b) Entwurf einer Verordnung über Zulassung eines Volksbegehrens.

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b) Entwurf einer Verordnung über Zulassung eines Volksbegehrens.

Der Reichsminister des Innern erklärte die Vorlage Rk. 64713 dadurch für erledigt, daß die Regierungsparteien gewillt seien, einen Kompromißgesetzentwurf14 einzubringen.

13

In dieser Vorlage (26. 1.) wurde um „vorläufige Stellungnahme des Kabinetts“ zu folgenden Gesetzentwürfen gebeten: 1) Antrag Koch-Weser vom 23.11.25: „Entwurf eines Gesetzes über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit den früher regierenden Fürstenhäusern“ (RT-Drucks. Nr. 1527, Bd. 405 ; zum Inhalt s. auch Anm. 6 zu Dok. Nr. 256). 2) Antrag Stoecker u. Gen. vom 26.11.25: „Entwurf eines Gesetzes über entschädigungslose Enteignung der früher regierenden Fürstenhäuser“ (RT-Drucks. Nr. 1539, Bd. 405 ). 3) Antrag Neubauer und Gen. vom 11.12.25: „Entwurf eines Gesetzes über die Aussetzung der Rechtsstreitigkeiten über die Auseinandersetzung mit den ehemals regierenden Fürstenhäusern“ (RT-Drucks. Nr. 1660, Bd. 405 ). Diese Gesetzentwürfe seien vom RT nach erster Beratung am 2., 3. und 11.12.25 (s. RT-Bd. 388, S. 4716  ff., 4745 ff. und 4811 f.) an den Rechtsausschuß überwiesen worden. Das RIMin. beabsichtige, die Gesetzentwürfe nach erfolgter Stellungnahme des Kabinetts dem RR mitzuteilen und gegebenenfalls dessen Ausschüsse zur Beratung hinzuzuziehen (R 43 I /2206 , Bl. 73-81).

14

Vgl. Dok. Nr. 272; s. auch Anm. 7 zu Dok. Nr. 292.

[1078] Was die zweite Vorlage, Rk. 70315, anlange, so bitte er um Zustimmung zur Erstreckung der erforderlichen Fristen vom 4. bis 17. März.

15

Vorlage des RIM vom 30. 1., in der einleitend mitgeteilt wurde, daß die SPD, die KPD und der unter kommunistischer Führung stehende „Ausschuß zur Durchführung des Volksentscheids“ (vgl. Anm. 1 zu Dok. Nr. 272) gemeinschaftlich den Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens betr. Einbringung eines Gesetzes über Enteignung der Fürstenvermögen im RIMin. gestellt hätten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens seien erfüllt. „Nach § 31 des Gesetzes über den Volksentscheid vom 27. Juni 1921 (RGBl., S. 790 ) soll die Frist, innerhalb deren sich die Stimmberechtigten vor den Gemeindebehörden in die von den Antragstellern zu beschaffenden Eintragungslisten eintragen können, in der Regel 14 Tage umfassen. Zwischen Veröffentlichung der Zulassung und Beginn der Eintragungsfrist muß eine Frist von mindestens zwei Wochen liegen.“ – Beigefügt ist der Entwurf einer „Verordnung über Zulassung eines Volksbegehrens“ für den „Entwurf eines Gesetzes über Enteignung der Fürstenvermögen“. Dieser GesEntw. bestimmt u. a.: Art. II: Das enteignete Vermögen wird verwendet zugunsten der Erwerbslosen, Kriegsbeschädigten, Kleinrentner, Landarbeiter und Kleinbauern (Schaffung von Siedlungsland). Art. III: Alle Verfügungen (u. a. hypothekarische Belastungen), „die mit Bezug auf die nach diesem Gesetz enteigneten Vermögen“ nach dem 1.11.18 durch Urteil, Vergleich, Vertrag oder auf andere Weise getroffen wurden, sind nichtig. Art. IV: Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz werden durch ein Reichsgesetz, das innerhalb drei Monaten nach amtl. Feststellung des Abstimmungsergebnisses zu erlassen ist, festgelegt (R 43 I /2206 , Bl. 82-84). Zum vollen Wortlaut des kommunistisch-sozialdemokratischen GesEntw. s. RT-Drucks. Nr. 2229, Bd. 408 .

Der Reichskanzler regte mit Rücksicht auf die noch völlig ungeklärte Lage an, doch noch etwas zögerlicher vorzugehen. Er möchte gern dem Volke den Volksentscheid ersparen. Vielleicht sei es doch möglich, das Kompromißgesetz gemeinsam mit der SPD zu machen. Wenn diese Möglichkeit etwa bestände, sei es unzweckmäßig, jetzt schon die SPD bezüglich des Volksbegehrens festzulegen.

Der Reichsminister des Innern erklärte, daß für die Prüfung dieser Möglichkeiten an sich noch drei Wochen Zeit wären. Länger zu warten sei nicht zweckmäßig, da man dann der Agitation zu viel Zeit lasse.

Der Reichsminister der Justiz berichtete, daß der Gesetzentwurf16 so weit gefördert sei, daß er in der nächsten Sitzung des Reichstagsausschusses erledigt werden könne. Die Regierungsparteien hätten die Hoffnung, daß sich die SPD dabei wenigstens neutral verhalten würde. Es sei eine glückliche Lösung insofern gefunden worden, daß generell letzten Endes das jus aequum entscheiden solle.

16

Der obenerwähnte Kompromißgesetzentwurf der Koalitionsparteien.

Staatssekretär Weismann erklärte, daß Verhandlungen mit der SPD nicht aussichtslos sein würden.

Der Reichskanzler empfahl daraufhin nochmals, von einer Bestimmung der Termine im gegenwärtigen Augenblick abzusehen. Durch eine Terminbestimmung werde der SPD der Rückzug nur erschwert. Man solle darauf hinwirken, daß der Gesetzentwurf der Regierungsparteien möglichst bald eingebracht werde und solle dann versuchen, dafür eine Mehrheit zu erhalten. Dies entspräche auch durchaus der Regierungserklärung. An eine Verschleppung sei dabei nicht gedacht, sondern nur daran, die kommenden Tage zur Klärung der Situation zu benutzen.

[1079] Der Reichsminister des Innern erklärte sich damit einverstanden und zog seine Vorlage zurück17.

17

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 292, P. 5 und 6.

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