1.130.3 (lut2p): 3. Reichsministerium für die besetzten Gebiete.

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3. Reichsministerium für die besetzten Gebiete.

Reichsminister Dr. Marx trug den Inhalt der Kabinettsvorlage13 vor und machte zur Ergänzung besonders darauf aufmerksam, daß die Unterbringung der eventuell abzubauenden Beamten, namentlich derjenigen in der Reichsvermögensverwaltung, außerordentliche Schwierigkeiten machen würde. Er bat, einen Beschluß dahin zu fassen, daß der bisherige Zustand zur Zeit aufrechterhalten werden solle. Die Ernennung eines hauptamtlichen Ministers14 halte[1158] er nach wie vor nicht für erforderlich, obwohl sie von dem besetzten Gebiet gewünscht werde.

13

S. Dok. Nr. 296.

14

Die Frage hatte die RReg. im März 1925 wiederholt beschäftigt. Vgl. Dok. Nr. 45 und 52.

Der Reichskanzler machte darauf aufmerksam, daß bei gewissen Fonds zu prüfen sei, ob sie nach der Räumung der ersten Zone nicht auf die Verwendung für die zweite und dritte Zone zu beschränken seien. Zur Abwendung von Wünschen aus der ersten Zone hielt er baldige Beschränkung in diesem Sinne für erforderlich.

Namens des Reichsministers der Finanzen trug Ministerialdirektor Lothholz die Stellungnahme des Finanzministeriums dahin vor: Durch die Eingliederung der gegenwärtigen Abteilung I15 des Rheinministeriums in das Reichsministerium des Innern unter wesentlicher Verringerung des Personals würde eine starke Vereinfachung eintreten, insbesondere dann, wenn gewisse Funktionen dieser Abteilung dem Reichskommissar in Koblenz übertragen würden. Die Abt. II könne zur Zeit noch nicht abgebaut werden, da sie auch nach dem Gutachten des Sparkommissars zur Zeit noch vollständig ausgelastet sei. In etwa vier bis sechs Monaten werde sich ihr Aufgabengebiet aber wesentlich verringert haben. Es beständen keinerlei Bedenken, daß die Abteilung II als Abwicklungsstelle des Reichsministeriums für die besetzten Gebiete mit ihren gegenwärtigen Aufgaben an das Reichsministerium des Innern angegliedert werde. In der Zwischenzeit müsse geprüft werden, von welchen Stellen ihre gegenwärtigen Aufgaben, namentlich auf dem Entschädigungsgebiet, die keinesfalls in ein Ministerium hineingehörten, übernommen werden könnten. In Betracht kämen da neben einer Reichsmittelbehörde wohl am meisten die örtlich zuständigen Landesfinanzämter. Im übrigen müßten die Aufgaben der Abt. II allmählich auf das Reichsfinanzministerium oder Reichsministerium des Innern übertragen werden. Die Entscheidung darüber, ob politische Gesichtspunkte für das Fortbestehen sprechen, überlasse der Reichsminister der Finanzen dem Kabinett. Nicht für angängig würde ein Beschluß etwa dahin gehalten, daß etwa das Ministerium nach einer Reihe von Monaten aufgelöst werden solle. Derartige Beschlüsse hätten von jeher den Widerstand der in Mitleidenschaft gezogenen Beamten hervorgerufen.

15

Über die Geschäftsbereiche der Abteilungen I und II des RMinbesGeb. vgl. Dok. Nr. 296.

Der Reichswirtschaftsminister äußerte Bedenken gegen die Auflösung. Innenpolitisch würde sie, namentlich bei den hinter der Regierung stehenden Parteien auf stärksten Widerstand stoßen und außenpolitisch den Eindruck erwecken, daß nach Räumung der ersten Zone die Reichsregierung damit rechne, daß nunmehr auch die zweite und dritte Zone alsbald geräumt werden würde. Die Auflösung würde als eine Geste dahin aufgefaßt werden, daß die Räumung der beiden anderen Zonen unmittelbar bevorstehe.

Reichsminister Dr. Marx hielt nicht für angezeigt, auf die sachlichen Vorschläge des Reichsfinanzministeriums einzugehen, sondern bat, mit einer Entscheidung über die Art der Auflösung zu warten, bis bestimmte Aussicht für die Räumung der zweiten und dritten Zone vorhanden sei. Außer den Regierungsparteien[1159] würden auch die Deutschnationalen bestimmt gegen die Auflösung eintreten.

Der Reichsminister des Auswärtigen hielt eine hauptamtliche Besetzung des Ministerpostens aus außenpolitischen Gründen für ausgeschlossen. Die Auflösung des Ministeriums im gegenwärtigen Augenblick würde aber im Auslande dahin mißgedeutet werden können, daß die Reichsregierung mit den Verhältnissen in der zweiten und dritten Zone derartig zufrieden sei, daß sie deren besondere Betreuung innerhalb der Reichsregierung nicht mehr für notwendig halte.

Der Reichskanzler vertrat für seine Person den Standpunkt, daß die Auflösung sehr wohl zu rechtfertigen sei und auch bei sachgemäßer Begründung von den Parteien und von der Bevölkerung verstanden werden würde. Er wolle sich aber dem Standpunkt der Vorredner nicht widersetzen, halte jedoch für unbedingt notwendig, daß das Entschädigungsverfahren sobald als möglich aus dem Rheinministerium herausgenommen werde, da es typische Aufgabe einer Mittelbehörde, am besten wohl der Landesfinanzämter sei. Ferner müsse alsbald Bestimmung über die Verwendung des Dispositionsfonds getroffen werden.

Nach kurzer Debatte stellte der Reichskanzler das Ergebnis der Besprechung dahin fest:

1.

Das Rheinministerium soll zur Zeit aufrechterhalten bleiben.

2.

Es soll umgehend geprüft werden, wie das Entschädigungsverfahren an eine Mittelbehörde übertragen werden könne.

3.

Das Rheinministerium werde Anregungen des Finanz- oder des Innenministeriums über die Verwendung der für das besetzte Gebiet ausgeworfenen Posten abwarten, und zwar mit Rücksicht darauf, daß immer noch Teile des früher besetzten Gebietes besetzt sind16.

16

Für die restliche Amtszeit der Reg. Luther hierzu keinerlei Vorgänge in den Akten der Rkei.

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