1.175 (lut2p): Nr. 344 Das Reichsbank-Direktorium an den Reichswirtschaftsminister. 26. April 1926

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Nr. 344
Das Reichsbank-Direktorium an den Reichswirtschaftsminister. 26. April 1926

R 43 I /2457 , Bl. 263-268 Abschrift

[Volksbegehren in Aufwertungsfragen]

Zu den uns zugeleiteten Anträgen auf Zulassung von Volksbegehren für den Entwurf neuer Gesetze über die Ablösung öffentlicher Anleihen und über[1303] die Umwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen1 beehren wir uns, unter Bezugnahme auf unsere abschriftlich beigefügten früheren Ausführungen2 ergebenst wie folgt Stellung zu nehmen:

1

S. Anm. 1 zu Dok. Nr. 332.

2

Beigefügt ist ein Schreiben des Rbk-Direktoriums an das RFMin. vom 7.8.24, das sich mit Entschiedenheit gegen die Abänderung der Aufwertungsbestimmungen der Dritten Steuernotverordnung vom 14.2.24 (RGBl. I, S. 74 ) ausspricht, die in diesem Zeitraum von zahlreichen Parlamentariern und den Sparerverbänden gefordert wurde (R 43 I /2457 , Bl. 269-273).

Wir können uns den von Regierungsseite in den letzten Tagen wiederholt abgegebenen Erklärungen3 nur entschieden anschließen, namentlich auch hinsichtlich der Frage eines Volksentscheids in den zur Rede stehenden Angelegenheiten. Im Hinblick auf die dem Reichsbankdirektorium gesetzlich obliegenden Verantwortlichkeiten4 müssen wir vor jeglichen auf Erhöhung der gegenwärtigen Aufwertungsquoten abzielenden Versuchen warnen.

3

S. Anm. 3 zu Dok. Nr. 340.

4

S. das Reichsbankgesetz vom 30.8.24 (RGBl. II, S. 235 ).

Zur Begründung unseres Standpunktes möchten wir insbesondere noch auf folgendes hinweisen:

Nach den schon bei der Vorbereitung der Aufwertungsgesetzgebung im Frühjahr und Sommer des Jahres 1925 gemachten Erfahrungen muß unbedingt damit gerechnet werden, daß schon die bloße Erörterung einer Änderung der Aufwertungsgesetze5 und einer Erhöhung der Aufwertungsquoten jetzt ungleich schärfere Erschütterungen des gesamten deutschen Wirtschaftslebens hervorrufen würde als im verflossenen Jahr. Die sich damals über lange Monate hinziehende Unsicherheit hat die Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit Deutschlands außerordentlich geschädigt, indem sie insbesondere zu einer weitgehenden Zurückhaltung ausländischer Kreditgeber führte. Wie die bei der Reichsbank fortlaufend angestellten statistischen Ermittlungen zeigen, ist in den fünf Monaten von April bis August 1925 keine einzige Anleihe für die private Wirtschaft vom Auslande her nach Deutschland gegeben worden, vielmehr wurden sehr große Beträge kurzfristiger Kredite zurückgezogen, so daß in den bezeichneten Monaten sich die Devisenbilanz Deutschlands bedenklich verschlechterte. Der Reichsbank wurden damals in der Tat mehrere hundert Millionen RM an Devisen entzogen; sie konnte den Anforderungen nur entsprechen, weil sie vorher aus der Dawes-Anleihe und sonstigen Zuflüssen einen gewissen Vorrat hatte ansammeln können. Wenn eine Beunruhigung der Öffentlichkeit und damit eine ungünstige Einwirkung auf die Währung nicht eintrat, so hat das lediglich darin seinen Grund, daß die Höhe der Devisenbestände nicht bekanntgegeben wird und die Kenntnis der Bewegungen auf diesem Konto sich im allgemeinen der Öffentlichkeit entzieht. Aus dem damaligen Verlauf hat sich jedenfalls ergeben, welche Gefahren mit dem Experimentieren in Aufwertungsfragen für die Kreditwirtschaft, den Devisenverkehr und damit für die Stabilität der Währung verbunden sind. Im Wiederholungsfalle würde die Entwicklung sich, wie bereits angedeutet, zweifellos viel bedenklicher gestalten, weil[1304] schwerlich damit gerechnet werden könnte, daß alsbald wieder neue Auslandskredite die Lücke im Devisenvorrat der Reichsbank auszugleichen vermöchten. Es kann auch nicht angenommen werden, daß wie im Vorjahr nach der gesetzlichen Neuregelung eine Beruhigung der Verhältnisse eintreten würde, weil die jetzt neu vorgeschlagenen Aufwertungsquoten6 eine unvergleichlich höhere Belastung der öffentlichen und privaten Wirtschaft mit sich bringen würden und weil nach einer zweiten Aufwertungsgesetzgebung die Befürchtung auf dritte und vierte Aufwertungsbewegungen nicht zur Ruhe kommen würde. Wir dürfen darauf hinweisen, daß das beruhigende Moment im vorigen Jahr hauptsächlich die vermeintliche Endgültigkeit der Aufwertungsregelung war und daß in Wirklichkeit bisher noch in keiner Weise erwiesen ist, ob die damals der deutschen Wirtschaft auferlegten Belastungen auf die Dauer tragbar sind. Es kann vielmehr keinem Zweifel unterliegen, daß die gegenwärtige Krisis durch die Regelung der Aufwertungsfrage beeinflußt ist. Dies gilt namentlich für die Landwirtschaft, die durch die Wiederherstellung der alten Hypotheken in Höhe von 25% ihres Goldwertes und die daraus technisch und materiell sich ergebende Verringerung der Kreditmöglichkeiten besonders hart betroffen ist.

5

Die Gesetze über die Hypothekenaufwertung und über die Ablösung öffentlicher Anleihen vom 16.7.25 (RGBl. I, S. 117  und 137).

6

S. Anm. 4 zu Dok. Nr. 327.

Weiter müssen wir auf die Schwierigkeiten verweisen, die der technischen Durchführung der in den neuen Gesetzentwürfen verlangten Regelung entgegenstehen würden, zumal man leicht geneigt ist, Schwierigkeiten dieser Art zu unterschätzen. Die bisherigen Erfahrungen in der praktischen Durchführung und Handhabung der geltenden Aufwertungsgesetze bestätigen jedenfalls in vollem Umfang die Berechtigung der von uns im vorigen Jahre nachdrücklich und wiederholt geäußerten Befürchtungen. Wir brauchen z. B. nur auf die durch die Verstopfung der Grundbuchämter bedingte Verzögerung hinzuweisen, welche in der Gewährung der längerfristigen Zwischenkredite der Golddiskontbank für die Landwirtschaft eingetreten ist und die Frühjahrsbestellung stellenweise gefährdet. Daß der in dem neuen Gesetzentwurf vorgesehene Ersatz von Währungsverlusten früherer Markanleihegläubiger in einer die Beteiligten befriedigenden Weise durchgeführt werden kann, erscheint uns ganz ausgeschlossen.

Bei allen früheren Verhandlungen von Aufwertungsfragen haben wir neben unserem völlig ablehnenden Standpunkt stets die Meinung vertreten, daß für die Opfer der Inflation eine weitherzige soziale Hilfe in Fällen der Bedürftigkeit gewährt werden sollte. Ob auf diesem Wege den Wünschen der den Volksentscheid erstrebenden Kreise in einer über die bisherige Regelung hinausgehenden Weise Rechnung getragen werden könnte, nachdem die bisherige Aufwertungsregelung Platz gegriffen hat, vermögen wir nicht zu beurteilen. Das Reichsbankdirektorium würde aber, da in Anbetracht der verhältnismäßig geringfügigen in Betracht kommenden Summen der Einfluß auf die Kreditwirtschaft und die Währung unbedeutend wäre, eine neue Regelung der sozialen Bestimmungen, die mit der Aufwertung an sich nichts zu tun haben, eher für tragbar halten.

[1305] In dem Entwurfe eines neuen Gesetzes „über die Umwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen (Umwertungsgesetz)“ sind in § 52 (3–5) auch Bestimmungen über die Aufwertung von Reichsbanknoten enthalten7. Wir machen darauf aufmerksam, daß diese Bestimmungen eine Abänderung der im § 3 des Bankgesetzes vom 30. August 1924 enthaltenen Regelung bedeuten würden. Nach I a der Anlage I zum Londoner Schlußprotokoll (Abkommen zwischen der deutschen Regierung und der Reparationskommission (RGBl. 1924 Teil II, S. 295)) ist das Deutsche Reich verpflichtet:

7

Vgl. Anm. 2 zu Dok. Nr. 332.

„alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um den Plan der Sachverständigen in Wirksamkeit zu setzen und sein dauerndes Funktionieren zu sichern, insbesondere:

a) alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Gesetze und Verordnungen (insbesondere die Gesetze betreffend die Bank, die Reichsbahn und die Industrieobligationen8), die zu diesem Zwecke erforderlich sind, in der von der Reparationskommission genehmigten Form zu erlassen und ihre Durchführung zu sichern.“

8

S. das „Gesetz über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft“ vom 30.8.24 (RGBl. II, S. 272 ) und das unter dem gleichen Datum verkündete „Gesetz zur Aufbringung der Industriebelastung“ (RGBl. II, S. 269).

Eine Abänderung des Bankgesetzes ohne vorherige Zustimmung der Reparationskommission und der Vertragsmächte des Londoner Abkommens würde einen Verstoß gegen internationale Vertragsverpflichtungen darstellen und ist deshalb dem deutschen Gesetzgeber – auch in der Form des Volksentscheides – nicht einseitig gestattet (vergl. Art. 4 der Reichsverfassung). Wir müssen deshalb der Auffassung Ausdruck geben, daß ein diese Schranken der deutschen Gesetzgebung ignorierendes Volksbegehren nicht zugelassen werden kann.

Was den Inhalt und die Wirkungen der vorgeschlagenen Banknotenaufwertung angeht, so möchten wir zunächst auf die darauf bezüglichen Ausführungen des Herrn Präsidenten unseres Kollegiums in der Generalversammlung der Reichsbank vom 26. März d. Js. verweisen, die folgenden Wortlaut hatten:

„Bekanntlich haben sich Verbände gebildet, die eine Aufwertung der Reichsbanknoten älterer Ausgabe, insbesondere der alten Tausender und Hunderter, erzwingen wollen. Diese Bewegung wird zu einem kleinen Teil getragen von Leuten, die man möglicherweise als Idealisten ansprechen muß, die aber jedenfalls eine Kenntnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge völlig vermissen lassen. Zu einem größeren Teil wird die Bewegung von Agitatoren berufsmäßig ausgenutzt, die unerfüllbare Hoffnungen erregen und dadurch immer neue Unruhe und Verbitterung in das Volk tragen. Daß die Aufwertung irgendeiner Art von alten Banknoten einen völligen Umsturz des Bankgesetzes vom 30. August 1924 und damit einen Bruch der Londoner Verträge darstellen würde, genügt allein schon, um jeden Gedanken daran als Unmöglichkeit zu erweisen. Die Gerichte haben bis hinauf zum Kammergericht einhellig die erhobenen Ansprüche mit überzeugender Begründung zurückgewiesen, und wir haben die feste Überzeugung, daß dies auch von dem nunmehr mit der Sache befaßten[1306] Reichsgericht geschehen wird9. Allein an braunen Tausendern mit dem Datum vom 30. April 1910 sind nominell etwa 128 Milliarden nicht wieder zur Reichsbank zurückgelangt. Die Reichsbank hätte also allein für diese Tausender 128 Milliarden Reichsmark zu zahlen, was natürlich den sofortigen Zusammenbruch der neuen Währung bedeuten würde. Leider gibt es keine gesetzliche Handhabe zur Unterdrückung dieser Agitation.“

9

Das Reichsgericht weist am 20.5.26 einen im Rahmen eines Revisionsverfahrens (Aufwertungsklage gegen die Rbk) gestellten Feststellungsantrag, daß die Rbk verpflichtet sei, alte Tausendmarkscheine in Goldwert durch Auszahlung in RM einzulösen, zurück. Es führt zur Begründung aus, daß selbst wenn man die Banknoten als Schuldverschreibungen bürgerlichen Rechtes ansehen wollte, der dadurch verbriefte Anspruch lediglich auf Zahlung des Nennbetrages in früherer Währung gehen würde. Es handele sich dabei nicht um sogenannte Goldobligationen. Die frühere Goldeinlösungspflicht sei nur für das Geldzeichen angeordnet gewesen und später beseitigt worden; sie lasse sich nicht auf die bürgerlich-rechtliche Schuldverschreibung, die man in der Banknote außerdem noch finden wolle, ausdehnen; das Zahlungsversprechen sei vielmehr ein solches gewöhnlicher Art ohne Goldklausel. „Die streitigen Noten sind deshalb sowohl in ihrer Eigenschaft als Geldzeichen wie in der als Schuldverschreibungen der Entwertung anheimgefallen. Wenn auch bis zum Erlaß des neuen Bankgesetzes [s. zuvor Anm. 4] theoretisch die Möglichkeit einer Wiederaufnahme der öffentlich-rechtlich begründeten Goldeinlösung bestand, so hat dies doch in der Verkehrsauffassung die Entwertung der Noten weder nach der einen, noch nach der anderen Seite verhindert.“ (Druckexemplar des Urteils, von der Rbk am 29. 6. zur Kenntnisnahme an Rkei, in R 43 I /2458 , Bl. 25-28).

Die Einzelbestimmungen des Entwurfes sind nicht geeignet, die hier geltend gemachten Bedenken zu beseitigen. Zunächst leidet der Entwurf an größter Unklarheit. Es werden Rechtsfolgen davon abhängig gemacht, ob die Reichsbank gewisse Banknoten vor dem 1. Januar 1917, an anderer Stelle, ob sie solche vor dem 5. August 1914 ausgegeben hat. Was die Verfasser des Entwurfs an diesen Stellen unter „Ausgabe“ verstehen, bleibt unklar. Nach dem Sprachgebrauche und der Rechtsauffassung der sogenannten Reichsbankgläubigerverbände, die insbesondere in den gegen uns erhobenen Prozessen deutlich hervortreten, muß man annehmen, daß unter dem Datum der Ausgabe das auf der Note aufgedruckte Datum verstanden werden soll, nicht etwa der urkundlich nirgends festgelegte Zeitpunkt, an dem die Reichsbank das einzelne Exemplar der Note zum ersten Male oder vielleicht auch zum letzten Male zum Zwecke der Zahlungsleistung in den Verkehr gebracht hat. Je nachdem, welchen dieser möglichen Standpunkte man einnimmt, würden natürlich die Auswirkungen des Entwurfes total verschieden sein.

Stellt man sich auf den Standpunkt, daß das aufgedruckte Datum für jede Notengattung einheitlich maßgebend ist, so würde für die hauptsächlich in Betracht kommenden braunen Tausender mit dem Datum vom 21. April 1910 die in der Generalversammlung vom 26. März d. Js. angegebene Gesamtziffer von 128 Milliarden Mark der nicht zur Reichsbank zurückgelangten Noten einen Maßstab für den möglichen Umfang der Aufwertungsverpflichtung ergeben. Nach Absatz 5 des Entwurfes10 soll die Reichsbank diese Noten mit 50% ihres Nennwertes einzulösen verpflichtet sein. Die hiernach im ungünstigsten Falle in Betracht kommende Belastung mit einer Einlösungspflicht von 64 Milliarden[1307] Reichsmark würde natürlich praktisch genau dieselben vernichtenden Wirkungen ausüben, wie die auf Grund der bisher meist erhobenen Ansprüche auf Aufwertung zu 100% berechnete Ziffer von 128 Milliarden.

10

Gemeint ist § 52 Abs. 5 des Aufwertungsentwurfs der Sparer- und Hypothekengläubigerverbände. S. Anm. 2 zu Dok. Nr. 332.

Sollte aber der Begriff der Ausgabe in einem anderen Sinne zu verstehen sein, so wäre damit für die zu begründenden Ansprüche eine Voraussetzung aufgestellt, deren Vorliegen im einzelnen Falle unmöglich festgestellt werden könnte. Denn wann eine einzelne Banknote von der Reichsbank in den Verkehr gegeben worden ist, läßt sich auf keine Art feststellen, da schriftliche Aufzeichnungen, Nummernverzeichnisse usw. der ausgegebenen Banknoten nicht geführt werden, und da eine einzelne Banknote beliebig oft in den Umlauf gegeben werden, zur Reichsbank zurückkehren und wieder von neuem ausgegeben werden kann.

Unmöglich erscheint auch die praktische Durchführung des Entwurfes in bezug auf die weiteren seitens der Banknoteninhaber zur Darlegung ihrer Ansprüche zu liefernden Nachweise. Es ist gerade von redlichen Inhabern alter Noten schwer zu verlangen, daß sie noch jetzt in der Lage sein sollten, die Art und Zeit ihres Erwerbs hinsichtlich der einzelnen Note wahrheitsgemäß anzugeben und glaubhaft zu machen. Noch weniger lassen sich irgendwie nachprüfbare Nachweisungen dafür liefern, daß jemand eine bestimmte Banknote seit 1918 ununterbrochen besessen habe. In Wirklichkeit verführen derartige Bestimmungen lediglich zu wissentlichen oder leichtfertigen falschen Angaben, wie es uns auch praktisch in Prozessen wiederholt begegnet ist, daß die Kläger sich bezüglich der Erwerbszeit ihrer Banknoten zum Eide erboten, während von uns an der Hand der Nachweisungen der Reichsdruckerei unwiderlegbar festgestellt werden konnte, daß die betreffende Note erst nach dem Zeitpunkte des behaupteten Erwerbes gedruckt und von der Reichsdruckerei an uns abgeliefert worden ist.

Ohne uns auf eine weitere Einzelkritik der Vorschläge einlassen zu wollen, möchten wir nur noch kurz darauf hinweisen, daß nach Absatz 5 z. B. die seit dem Waffenstillstand im Besitz der Belgischen Regierung befindlichen Reichsbanknoten11 vermutlich durchweg auf 50% aufzuwerten sein würden. Undurchführbar wäre ferner die Beschränkung des Aufwertungsanspruches auf die bei Besitzsteuererklärungen angegebenen Geldbeträge12 für die außerordentlich zahlreichen Noten, die sich im Besitz von Ausländern befinden. Das Volksbegehren würde durch eine solche Bestimmung gerade die bisher so sehr bekämpfte angebliche Bevorzugung von Ausländern hinsichtlich der Noteneinlösung nunmehr tatsächlich selbst herbeiführen.

11

Es handelt sich um etwa 5,5 Mrd. M, die von den dt. Besatzungsbehörden durch Zwangstausch (1 M gegen 1,25 Franken) in Umlauf gebracht, von der belg. Nationalbank nach Kriegsende wieder rückgetauscht worden waren. Weitere Einzelheiten in Anm. 21 und 22 zu Dok. Nr. 110.

12

Vgl. Anm. 2 zu Dok. Nr. 332.

Jedenfalls würden die nach dem Entwurfe notwendigen Feststellungen einen außerordentlichen Aufwand an Leistungen und Zeit erfordern und mit den erheblichsten Schwierigkeiten und Weiterungen verknüpft sein. Schon bei der Vorbereitung der Überlassung von Anleiheablösungsschuld an die Besitzer[1308] alter Markanleihen13 sind diese Schwierigkeiten außerordentlich gewesen, obgleich schließlich bei einem Wertpapierbesitz immer noch durch Vorlegung von Rechnungen, Schlußscheinen usw. ein gewisser Anhalt besteht und insbesondere auch die Feststellung der Stücknummern möglich ist. Bei Reichsbanknoten würden alle diese Hilfsmittel wegfallen und es würden vermutlich über den Zeitpunkt des Erwerbs, die Art des Erwerbs und insbesondere über die Identität der zur Aufwertung vorgelegten Noten mit den seinerzeit erworbenen endlose Beweisaufnahmen mit kaum je einwandfreiem Ausgang erforderlich werden.

13

Alte Markanleihen („Altbesitzanleihen“) sind nach der Definition des „Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen“ vom 16.7.25 (RGBl. I, S. 137 ) Markanleihen des Reichs, die von den Anmeldungseigentümern nachweislich vor dem 1.7.20 erworben wurden und sich seither ununterbrochen in deren Besitz befunden haben. Über das Umtauschverfahren – Altbesitzanleihen gegen „Anleiheablösungsschuld des Deutschen Reichs“ – s. Dok. Nr. 86.

Wir müssen deshalb die im Entwurfe gegebene Regelung der Angelegenheit nach jeder Richtung hin für durchaus schädlich und verfehlt ansehen und jeder Änderung des geltenden Bankgesetzes in dieser Materie aufs ernstlichste widerraten.

Abschrift dieses Schreibens haben wir dem Herrn Reichskanzler, dem Herrn Reichsminister des Innern, dem Herrn Reichsjustizminister und dem Herrn Reichsminister der Finanzen zur Kenntnisnahme übersandt. […]

Reichsbank-Direktorium

Hjalmar Schacht Kauffmann

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