2.107.3 (ma11p): 3. Stellungnahme zum Antrag Hergt.

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3. Stellungnahme zum Antrag Hergt3.

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Unter Hinweis auf das hochverräterische Treiben der Separatisten im besetzten Gebiet hatte die deutschnationale RT-Fraktion am 30. 1. den Antrag gestellt, einem GesEntw. zuzustimmen, der folgende Bestimmungen enthalten soll: 1. Für Hochverrat im besetzten Gebiet wird die Todesstrafe festgesetzt. 2. Das Reichsgericht ist auch in Abwesenheit des Beschuldigten zur Aburteilung berufen. 3. Als abwesend gilt ein Deutscher, wenn er sich im besetzten Gebiet aufhält und nicht vor Gericht gestellt werden kann. 4. Die Reichsanwaltschaft hat sofort das Verfahren gegen die Hochverräter einzuleiten (RT-Drucks. Nr. 6435, Bd. 380 ).

Staatssekretär Joel äußerte sich eingehend über die rechtliche Seite des Antrags Hergt. Er wies darauf hin, daß z. Zt. auf Grund des Ausnahmezustandes die Androhung der Todesstrafe für Hochverrat bereits bestehe4. Bei Aufhebung des Ausnahmezustandes könne daran gedacht werden, den betreffenden § 5 weiterbestehen zu lassen. Bei restloser Aufhebung sei es nicht möglich, die Androhung der Todesstrafe durch besondere Verordnung oder Gesetz wieder einzuführen. Ein Contumacialverfahren bei schwersten Verbrechen einzuführen sei ein kultureller Rückschritt. Praktisch führe das Verfahren auch nicht zum Erfolg. Er empfehle, die Frage nicht im Plenum zu behandeln, sondern dem Ausschuß zu überweisen.

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S. § 5 der VO vom 26.9.23 (RGBl. I, S. 905 ).

Der Reichsarbeitsminister glaubte, daß man um eine Behandlung im Plenum nicht herumkomme. Geschehen müsse auf jeden Fall etwas. Es müsse eine Warnungstafel aufgerichtet werden, und vielleicht sei dafür doch der Weg eines Contumacialverfahrens vorzusehen.

[375] Der Vertreter des besetzten Gebietes schloß sich den Ausführungen des Reichsarbeitsministers an5.

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In einem Schreiben an die Rkei vom 20. 2. erklärt der RMbesGeb. (i. V. Schmid), daß er die Einführung eines Abwesenheitsverfahrens bei Hochverrat zur Bekämpfung des rhein. Separatismus für dringend erforderlich halte. Die in einem solchen Verfahren zu erzielende Verurteilung der separatistischen Führer bedeute „eine unentbehrliche Aufklärung der rhein. Bevölkerung über die verbrecherische Natur des separatistischen Treibens“ und sei „eine äußerst wertvolle Waffe für die dt. Abwehrarbeit“. „Da nach sachkundigem Urteil die Gefahr des Separatismus keineswegs beseitigt ist, vielmehr, von allem anderen abgesehen, zur Zeit im Ruhrgebiet starke Bestrebungen der Separatisten, mit Hilfe der Syndikalisten neue Unruhen anzuzetteln, festgestellt sind, ist nachdrücklichstes Auftreten der Staatsgewalt unbedingt notwendig.“ Demgegenüber müßten rechtspolitische Bedenken zurücktreten. Die Einführung der Todesstrafe sei wegen des zu erwartenden Widerstandes im RT abzulehnen. Durch das Abwesenheitsverfahren sollten die Rädelsführer und nicht die Mitläufer verfolgt werden (R 43 I /556 , Bl. 289).

Der Reichswehrminister stellte anheim zu erwägen, ob nicht eine andere Form der Verurteilung und eine andere Form der Strafe gefunden werden könne. Es müsse ein Verfahren bestimmt werden, wonach gewisse Leute als Verräter am Vaterland festgestellt würden, wobei vorbehalten bleiben könne, später die Konsequenzen aus dieser Feststellung zu ziehen.

Staatssekretär Weismann teilte mit, daß auch der Preußische Ministerpräsident auf dem Standpunkt stehe, daß politisch etwas geschehen müsse. Warnen möchte er aber vor einem Verfahren, bei dem es nicht möglich sei, das Urteil zu vollstrecken. Sehr beachtlich finde er die Anregung des Reichswehrministers.

Staatssekretär Joel wies darauf hin, daß Deutschland die Contumacialverfahren Frankreichs jederzeit verurteilt habe. Ein derartiges Verfahren einzuführen, sei für Deutschland unmöglich. Die Anregung des Reichswehrministers sei sehr erwägenswert. Er bitte aber auch hier angesichts der Schwierigkeiten der Materie eine Erörterung im Plenum nicht herbeizuführen.

Das Kabinett war der Meinung, daß gewisse Grundgedanken des Hergtschen Antrages berechtigt seien. Die Regierung sei interessiert daran, gewisse Leute zu brandmarken, technisch seien jedoch die Verhältnisse derart schwierig, daß Ausschußverhandlungen unumgänglich seien6.

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Der Antrag Hergt wird in den RT-Sitzungen vom 20. bis 22. 2. im Zusammenhang mit einer Aussprache über die Separatistenbewegung in der Pfalz kurz berührt und an den Rechtsausschuß überwiesen, wo er unerledigt bleibt.

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