2.11.1 (ma11p): 1. Gründung einer rheinischen Notenbank.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 2). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Marx I und II, Band 1 Wilhelm Marx Bild 146-1973-011-02Reichskanzler Marx vor seinem Wahllokal Bild 102-00392Hochverratsprozeß gegen die Teilnehmer am PutschDawes und Young Bild 102-00258

Extras:

 

Text

RTF

1. Gründung einer rheinischen Notenbank.

Der Vizekanzler hob hervor, daß die Besprechung streng vertraulich sei. Es seien Aufzeichnungen über die Ergebnisse der bisherigen Erörterungen im Rahmen des Reichsministeriums1 verteilt worden. Er bitte, den Inhalt dieser Aufzeichnung, welche durchaus nicht endgültig formuliert sei, streng vertraulich zu behandeln und die Aufzeichnung am Schlusse der Sitzung wieder an ihn zurückzuhändigen.

1

Es handelt sich um die vom RMinbesGeb. angefertigte „Übersicht über die Hauptfragen des besetzten Gebiets und die Entscheidungen des Kabinetts“, die in der Kabinettssitzung vom 5. 12. verlesen und gebilligt wurde (s. Dok. Nr. 9, Anm. 1).

Der Reichsminister der Finanzen und der Reichsarbeitsminister wiesen auf Ungenauigkeiten hin, welche sich in der Aufzeichnung befänden und der Berichtigung bedürfen.

Geheimrat Hagen trug die Gründe vor, aus denen heraus die Schaffung der Goldnotenbank für das besetzte Gebiet erforderlich sei. Maßgebend sei in erster Linie der Beschluß der Reichsregierung, die Rentenmark in das besetzte Gebiet nicht gelangen zu lassen und der dadurch bedingte Mangel an wertbeständigen Zahlungsmitteln im besetzten Gebiet.

Der Reichswährungskommissar führte aus, daß er vom Standpunkt der Währung die Schaffung des Institutes nicht billigen könne, andererseits kein[51] Hindernis in den Weg legen wolle. Er weise jedoch darauf hin, daß es auch im besetzten Gebiet Wirtschaftskreise gäbe, welche die Schaffung einer hochvalutarischen Währung aus dem Gesichtspunkte des Absatzes nach dem unbesetzten Deutschland ablehnten. Im übrigen aber sei es schwierig, zu dem Projekt endgültig Stellung zu nehmen, bevor man nicht die genauen Modalitäten der Gründung und der zu schaffenden neuen Währung kenne, insbesondere aber bevor man nicht wisse, wie das Verhältnis des neuen Institutes zur Reichsbank gedacht sei.

Geheimrat Hagen stellte in Abrede, daß irgendwelche maßgeblichen Kreise im besetzten Gebiet gegen die Gründung der Goldnotenbank seien. Die Gründung und die Herstellung der Noten könne in sechs bis acht Wochen beendet sein; die lange Verzögerung beruhe auf der Schwierigkeit, mit den ausländischen Beteiligten über die Einzelfragen eine Verständigung herbeizuführen. Die Einheit werde auf Dollar lauten. Der zehnte Teil, d. h. 42 Goldpfennige, werde die neue Goldmark darstellen. Die Noten sollten zu 75% durch Devisen oder Gold gedeckt sein; es sei jedoch die spätere Herabsetzung der Deckung auf 60% in den Statuten vorgesehen. Der erste Entwurf der Statuten sei schon vor längerer Zeit der Reichsregierung vorgelegt2 und hätte seitdem keine wesentliche Änderung erfahren. Der formale Gründungsakt könne durch Eintragung in das Handelsregister unmittelbar erfolgen, sobald das Notenprivileg erteilt sei.

2

In R 43 I nicht ermittelt.

Oberbürgermeister Adenauer (Köln) und Bürgermeister Ehrhard (Mainz) betonten ebenfalls, daß alle Kreise die Schaffung der neuen Mark wünschten. Die Städte hätten allerdings anfangs gehofft, Kredite von der neuen Bank zu erlangen; diese Annahme träfe nicht zu, trotzdem sähen sie sich darauf angewiesen, die Gründung der Notenbank zu unterstützen.

Der Bayerische Gesandte führte aus, daß die Pfalz an einer in Köln zu errichtenden Notenbank wenig Interesse habe. Die Bankverbindungen der Pfalz liefen in Frankfurt und Mannheim zusammen und nicht nach Köln. Die Frage der Gründung der Bank sei in erster Linie eine außenpolitische, und er müsse außerdem namens seiner Regierung gegen jede Sprengung der Reichseinheit in Bezug auf die Währung Stellung nehmen.

Der Reichswährungskommissar regte die Frage an, ob nicht die Überführung der Bank an die zu schaffende zentrale Goldnotenbank des Reiches vorgesehen werden könne.

Geheimrat Hagen äußerte die Auffassung, daß die beteiligten ausländischen Kreise zu einer solchen Überführung ihre Zustimmung nicht erteilen würden.

Justizrat Falk erkannte an, daß dies sehr bedauerlich sei und als Hauptübelstand der Neugründung angesehen werden müsse. Es sei jedoch demgegenüber zu bedenken, daß andernfalls die Gründung nicht zustande kommen könne, während die gesamte Wirtschaft des besetzten Gebietes die Gründung für unbedingt erforderlich halte.

[52] Oberbürgermeister Adenauer fügte hinzu, daß es nicht gut möglich sei, die Verhandlungen abzubrechen, nachdem sie unter Zustimmung der Reichsregierung schon so weit gediehen seien.

Geheimrat Hagen führte aus, daß er lediglich aus dem Grunde zu diesen Verhandlungen sich veranlaßt gefühlt habe, weil zahlreiche Privatfirmen aus dem besetzten und unbesetzten Gebiet von sich aus an die Rheinlandkommission herangetreten seien, um das Privileg für eine zu schaffende Goldnotenbank zu erlangen. Unter diesen Umständen habe er es für seine Pflicht gehalten, die Bank auf breiter Basis und unter Beteiligung aller Kreise des besetzten Gebietes zu schaffen; man denke auch nicht daran, Interessenten aus dem unbesetzten Gebiet zuzulassen. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß die Rheinlandkommission zu dieser Gründung ihre Zustimmung erteilen werde, während es fraglich erscheinen müsse, ob sie irgendeine andere Gründung oder überhaupt ein sonstiges wertbeständiges Geld zulassen werde.

Der Vizekanzler stellte fest, daß das Reichsministerium über die Auffassung der Vertreter des besetzten Gebietes zur Frage der Gründung einer Goldnotenbank voll unterrichtet sei. Die zu entscheidende Frage sei, ob die Verhandlungen über die Gründung der Bank mit Zustimmung der Reichsregierung fortgeführt werden sollten oder nicht. Diese Entscheidung werde morgen gefällt werden.

Geheimrat Hagen erklärte, daß die Wirtschaftskreise des besetzten Gebietes für die Gründung die volle Verantwortung zu übernehmen bereit seien.

Extras (Fußzeile):