2.162.1 (ma11p): 1. Micumverträge.

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1. Micumverträge.

Der Reichsminister des Auswärtigen machte Mitteilung von einem Schreiben des Generaldirektors Vögler1, in dem dieser der Reichsregierung empfehle, in Paris vorstellig zu werden, daß Verhandlungen über die Verlängerung der Micumverträge so lange unterbleiben möchten, bis das Sachverständigengutachten vorläge. Diesem Vorschlage schließe er sich an.

1

In einem Schreiben an den Gesandten Ritter (AA) vom 31. 3. teilte Vögler mit: Die Micum habe inzwischen die Sechserkommission des Bergbaulichen Vereins eingeladen, am 1. 4. in Düsseldorf über eine Verlängerung des zum 15. 4. ablaufenden Micumabkommens mit dem Kohlenbergbau vom 23.11.23 zu verhandeln. Die Sechserkommission werde der Micum antworten, daß ihre Mitglieder in dieser Woche keine Zeit hätten. „Es fragt sich, ob aber nicht auf Grund der jetzt vorliegenden Einladung die Regierung ihrerseits Schritte unternimmt, um die Führung in die Hand zu bekommen. Ich habe schon dem Herrn RK gegenüber […] mich dahin geäußert, daß doch jetzt die Möglichkeit bestände, durch direkte Anfrage in Paris klarzulegen, ob trotz der Arbeiten der Sachverständigen noch private Verhandlungen seitens der frz. Organe angestrebt würden.“ (R 43 I /454 , Bl. 118 f.).

Der Reichskanzler stimmte dem Vorschlage grundsätzlich zu, gab nur zur Erwägung, ob nicht auch dieses negative Vorgehen schon zu weit ginge. Er berichtete über die inzwischen gepflogenen Verhandlungen und gab Mitteilung von dem Inhalt eines Schreibens des Dr. Silverberg, in dem dieser ein aktives Vorgehen der Reichsregierung fordere2. Er bat um Auskunft, ob wohl bekannt sei, wie Frankreich sich den Zustand nach Ablauf der Micumverträge vorstelle.

2

S. Dok. Nr. 157, Anm. 6.

Der Reichsminister des Auswärtigen teilte mit, daß neuere Meldungen darüber nicht vorlägen. Eine klare Vorstellung scheine in Paris nicht zu bestehen. Geheimrat Klöckner habe ihm mitgeteilt, er sei der Überzeugung, daß die Franzosen nach Ablauf der Micumverträge nichts für Deutschland Nachteiliges unternehmen würden. Nach seiner (Klöckners) Meinung bereiteten sich die Franzosen darauf vor, die Regiezechen zu verlassen.

Ministerialdirektor v. Schubert bestätigte die Auffassung Klöckners auf Grund von neueren Mitteilungen aus London.

Staatssekretär Müller wies auf das ruhige Verhalten der französischen Presse hin, das gleiche Schlüsse zuließe.

Der Vizekanzler bat zu erwägen, ob nicht gleichwohl ein Schritt in Paris angezeigt sei. Seiner Meinung nach könne es nichts schaden, wenn die deutsche Regierung mitteile, daß am 15. April die Verträge abliefen und daß sie[513] nicht in der Lage sei, die Verträge zu verlängern. Ohne einen Schritt der Reichsregierung bestehe die Gefahr, daß stillschweigend von den Zechen weiter geliefert werde, und diese Gefahr sei für die künftige Entwicklung nicht zu unterschätzen.

Der Reichsminister der Finanzen stimmte dem bei und wies ergänzend darauf hin, daß eine noch viel größere Gefahr darin läge, daß sogar Verträge seitens deutscher Zechen, und zwar der sogenannten Magerkohlenzechen, mit der Micum abgeschlossen würden. Er sei der Meinung, man solle versuchen, in geeigneter Form den Gedanken Trendelenburgs3 der Gegenseite mitzuteilen. Man habe dann alles getan, was im Rahmen der Verhältnisse möglich sei.

3

In der Sitzung des Rhein-Ruhr-Ausschusses vom 19. 3. (Dok. Nr. 150, P. 9) hatte StS Trendelenburg vorgeschlagen, man solle in Paris versuchen, die vom Dawes-Komitee in Aussicht genommene Auslandsanleihe an Deutschland schon jetzt zugesichert zu erhalten, um auf dieser Grundlage Kredite für die Finanzierung der Micumlieferungen zu beschaffen.

Der Reichsminister des Auswärtigen warnte vor derartigen Mitteilungen und bat, es bei seiner Anregung zu belassen.

Der Reichsbankpräsident betätigte auf Grund seiner Unterredung mit Young die Auffassung, daß bei Einstellung der Lieferungen nach dem 15. April seitens Frankreichs nichts Ernstliches unternommen werde.

Mit Rücksicht auf die am gleichen Tage stattfindende Besprechung der Arbeitgebervertreter mit der Micum4 wurde beschlossen, zunächst von einer Entscheidung abzusehen, das Ergebnis der Besprechung abzuwarten und dann erneut die Frage zu prüfen.

4

Die Besprechung der Sechserkommission mit der Micum am Nachmittag des 1. 4., zu der die Micum eingeladen hatte, findet nicht statt, da die Sechserkommission absagt und eine Verschiebung der Verhandlungen bis zur nächsten Woche vorschlägt (Vermerk Ritters vom 1. 4. in R 43 I /454 , Bl. 120-122; vgl. auch Anm. 1).

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