2.191.1 (ma11p): 1. Zusammentritt der Organisationskomitees.

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1. Zusammentritt der Organisationskomitees1.

1

Vgl. hierzu Dok. Nr. 184, P. 3, bes. Anm. 5 und 6.

Der Reichskanzler eröffnete die Sitzung und führte aus, daß es sich darum handle, sich über das weitere Vorgehen in Sachen des Sachverständigen-Gutachtens zu einigen.

Der Reichsminister der Finanzen teilte mit, daß die Kriegslastenkommission in einer Sitzung am Vortage sich mit dieser Frage beschäftigt habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, daß deutscherseits, soweit als möglich, die Initiative beibehalten werden müsse. Es komme darauf an, möglichst von Anfang an in den Organisationskomitees den deutschen Standpunkt nach jeder Richtung hin mit fertigen Entwürfen zur Geltung zu bringen. Aus Paris sei berichtet worden, daß neutrale Mitglieder in die Organisationskomitees zunächst noch nicht berufen werden sollten.

Was insbesondere die Frage der Notenbank anbelange, so habe er in einem Schreiben an den Herrn Reichsbankpräsidenten2 den Standpunkt des Reichsfinanzministeriums ausführlich dargelegt und den Geheimrat Norden als seinen Vertreter beim Reichsbankpräsidenten bestimmt.

2

In den Akten der Rkei nicht ermittelt.

Der Reichsbankpräsident teilte mit, daß er sofort nach Ernennung des englischen Mitgliedes des Organisationskomitees für die Bank, Kindersley, sich mit diesem telegrafisch in Verbindung gesetzt und Berlin als Ort der Zusammenkunft vorgeschlagen habe. Eine Antwort sei noch nicht eingegangen. Schon vorher habe er ferner an den Gouverneur der Bank von England, Norman, geschrieben und sich zu einer von letzterem angeregten Aussprache zur Verfügung gestellt. Auch hier habe er noch keine Antwort erhalten.

Im übrigen habe die Reichsbank den Entwurf zu einem neuen Bankgesetz sowie zu den verschiedenen Verträgen mit Rentenbank, Reich und Inhabern der Dollarschatzanweisungen vorbereitet und könne den Entwurf bereits am 5. d. Mts. den Ressorts vorlegen. Selbstverständlich würde den Wünschen des Reichsministers der Finanzen in vollem Umfange Rechnung getragen.

In der Frage der deutschen Initiative stimme er vollkommen mit dem Reichsminister der Finanzen überein. Er halte es für richtig, daß den Komitees jeweils fertige Gesetzentwürfe sofort bei Zusammentritt vorgelegt würden, so daß sich die Aufgabe der fremden Mitglieder der Komitees nach Möglichkeit darauf beschränke, diese Entwürfe auf ihre Übereinstimmung mit den unerläßlichen Forderungen des Gutachtens zu prüfen. Im übrigen würden die Komitees dazu berufen sein, zahlreiche materielle Fragen zu regeln, und es müsse in dieser Beziehung festgestellt werden, daß die deutschen Komiteemitglieder[602] durchweg Beauftragte der Reichsregierung seien, keine Zusage machen könnten ohne Genehmigung der Reichsregierung und in allen Sachen an die Instruktionen der Reichsregierung gebunden seien.

Staatssekretär Trendelenburg stellte die Frage des Verhältnisses der einzelnen deutschen Komiteemitglieder untereinander zur Erörterung. Er fasse sein Verhältnis zum Geheimrat Bücher3 dahin auf, daß er grundsätzlich die deutsche Führung im Komitee zu übernehmen habe. Er bitte um Klarstellung dieser Frage, da er im Falle einer anderweitigen Entscheidung des Kabinetts vorschlagen müsse, an seiner Stelle einen Regierungsvertreter in geringerer Stellung als der eines Staatssekretärs in das Organisationskomitee für die Industriebelastung zu entsenden.

3

Im Organisationskomitee für die Industriebelastung ist Bücher Vertreter der dt. Industrie, StS Trendelenburg Vertreter der RReg.

Der Reichsminister der Finanzen äußerte die Auffassung, daß nach außen hin die deutschen Mitglieder gleichgestellt sein müßten, daß dagegen im internen Verhältniss der deutschen Mitglieder untereinander die Regierung soweit als irgend möglich die Führung haben müsse.

Der Reichsbankpräsident stimmte dieser Auffassung bei und wies auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage hin. So sei z. B. bereits, wie er vertraulich mitteilen wolle, eine amerikanische Bankgruppe an ihn herangetreten mit dem Ziele, die Industrieobligationen zu übernehmen. Auf Anfrage des Vertreters dieser Gruppe habe er ihm anheimgestellt, auch mit Geheimrat Bücher Fühlung zu nehmen. Die Führung unter den deutschen Mitgliedern der Komitees müsse aber selbstverständlich in der Hand der Regierung sein.

Geheimrat Norden wies darauf hin, daß ja schon aus dem Gesichtspunkte des engen Zusammenhangs der Entschließungen der Komitees mit den Fragen der Steuerbelastung sowie mit Rücksicht auf den Beruf der neuen Notenbank als ausschließlichen Währungsinstituts des Reichs die Führung der Regierung bei Bestimmung des deutschen Standpunkts in den Komitees eine Selbstverständlichkeit sei.

Der Reichskanzler stellte die Übereinstimmung der Anwesenden zu den vorhergehenden Ausführungen dahin fest, daß deutscherseits in den Komitees die Initiative ergriffen werden müsse, und daß unter den deutschen Mitgliedern der Komitees den Regierungsvertretern im internen Verhältnis die Führung zustehe.

Zur Frage der Stellung der Reichsbankbeamten unter dem neuen Gesetze führte der Reichsbankpräsident aus, daß diese im wesentlichen der Stellung der Beamten des Unternehmens „Deutsche Reichsbahn“4 entsprechen werde. Er halte zu diesem Zweck enge Verbindung mit dem Reichsverkehrsministerium. Eine fremde Einwirkung, insbesondere in der Gehalts- und Lohnpolitik, sei nicht zu befürchten, da ja die Gehaltsfrage ausschließlich Sache der Reichsbankdirektion sei.

4

Vgl. die VO über die Schaffung eines Unternehmens ‚Dt. Reichsbahn‘ vom 12.2.24 (RGBl. I, S. 57 ).

Der Reichsminister der Finanzen wies auf die Notwendigkeit hin, dafür Sorge zu tragen, daß auch in Zukunft dem Reich eine Einflußnahme auf die[603] Gehaltspolitik bei Reichsbank und Eisenbahn zustehe. Es werde zu diesem Zwecke zu erwägen sein, inwieweit im neuen Bankgesetze der Einfluß des Reichs in Besoldungsfragen sichergestellt werden könne.

Der Reichsbankpräsident stellte engste Zusammenarbeit auch mit dem Reichsfinanzministerium in Aussicht.

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