2.200.1 (ma11p): 1. Mitteilungen des Herrn Reichskanzlers über die Hannoversche Frage.

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1. Mitteilungen des Herrn Reichskanzlers über die Hannoversche Frage.

Der Vizekanzler machte Mitteilungen über die Lage. Er wies darauf hin, daß man mit der Möglichkeit des Antrages auf Nichtabhaltung der Vorabstimmung rechnen müsse1. Er halte einen derartigen Antrag für unzulässig. Nachdem[640] die Angelegenheit so weit getrieben sei, habe das Reich und auch Preußen ein lebhaftes Interesse, nunmehr die Abstimmung stattfinden zu lassen.

1

Die Vorabstimmung in Hannover über die Frage, ob Hannover aus Preußen ausscheiden und ein eigenes Land bilden solle, ist auf den 18. 5. festgesetzt. Vgl. Dok. Nr. 88, P. 1.

In einem Brief an RPräs. Ebert vom 30. 4. weist der OPräs. von Hannover, Noske, auf die „ebenso intensive wie skrupellose Agitation“ hin, die von den Welfen unter der Parole „Los von Berlin“ geführt werde. „Die RReg. hat viel zu spät erkannt, welche außerordentliche Gefahr für das Reich in dieser welfischen Agitation liegt. Ich nehme an, daß ich es als eine Folge unserer Unterhaltung über das Treiben der Welfen und Deiner damals gegebenen Zusage, Dich mit Leuten der RReg. deswegen ins Einvernehmen zu setzen, betrachten kann, daß sowohl Stresemann wie der RK Marx, besonders aber auch der Innenminister Jarres, allerdings erst, nachdem sie den Abstimmungstermin festgesetzt hatten, energische Töne gegen den Welfenrummel gefunden haben, wobei Stresemann und Jarres nicht verfehlt haben, die außerordentliche Gefährdung von Reichsinteressen durch die Abstimmungsbewegung zu betonen. Aber das Unheil nimmt seinen Lauf, die Vorabstimmung geht am 18. Mai vor sich. […] Aus innen- wie außenpolitischen Gründen ist es dringend geboten, daß dieser unerhörte welfische Spuk aber, wenn irgend möglich, am 18. Mai sein Ende erreicht. Ich würde Dir außerordentlich dankbar sein, wenn Du Dich dazu entschließen könntest, dadurch zu Deinem Teil ebenfalls dazu beizutragen, daß Du mir einige Zeilen zugehen läßt, in denen Du unter voller Berücksichtigung der Tatsache, daß leider Art. 18 der RV die Forderung nach der Abstimmung zuläßt, doch zum Ausdruck bringst, daß auch Du als vornehmster Hüter der RV die Auffassung vertrittst, daß es unverantwortlich war, jetzt die Abstimmung zu fordern und daß nicht nur das Interesse Preußens, sondern wichtigste Belange des Reiches es als notwendig erscheinen lassen, daß das Begehren der Deutsch-hannoveraner nach Bildung eines selbständigen niedersächsischen Staates von der Bevölkerung zur Zeit auf das Nachdrücklichste zurückgewiesen wird. Ich ersuche Dich um eine solche Auslassung natürlich zum Zwecke ihrer öffentlichen Verwendung.“ Hierzu teilt RPräs. Ebert (wahrscheinlich aus Mergentheim) am 2. 5. seinem Büro mit: „Ich habe Noske vorläufig nicht geantwortet. Vom verfassungsrechtlichen Standpunkt habe gegen ein Eingreifen meinerseits in die Abstimmung in Hannover lebhafte Bedenken. Es empfiehlt sich aber, mit dem Herrn RK Fühlung zu nehmen, ob nicht eine Kundgebung der Regierung und deren weiteste Verbreitung in Hannover geboten ist.“ (R 43 I /1846 , Bl. 113 f.; hier weitere Materialien).

Der Reichskanzler und Staatssekretär Bracht berichteten über die in der Reichskanzlei gepflogenen Besprechungen2.

2

Hierüber in R 43 I keine Aufzeichnungen ermittelt.

Staatssekretär Weismann war der gleichen Auffassung wie der Vizekanzler. Er wies noch darauf hin, daß eine Änderung der Verfassung angestrebt werden müsse, um eine beliebige Wiederholung von Abstimmungen in der gleichen Sache zu verhindern.

Das Kabinett stimmte der Auffassung des Vizekanzlers bei3.

3

Bei der Vorabstimmung in Hannover am 18. 5. werden 542 388 gültige Stimmen abgegeben, 449 562 Wähler stimmen mit Ja, 92 826 mit Nein; die Zahl der Stimmberechtigten beträgt 1 762 132. Das für die Herbeiführung einer Hauptabstimmung erforderliche Drittel der Stimmberechtigten (= 588 044) wird also nicht erreicht, das Begehren auf Bildung eines selbständigen Landes Hannover ist bereits in der Vorabstimmung gescheitert.

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