2.51.1 (ma11p): Goldnotenbank.

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Goldnotenbank.

Der Reichswirtschaftsminister berichtete über den Stand der Verhandlungen und die Stellungnahme des Rhein-Ruhr-Ausschusses1 zu dem Antwortschreiben des Geheimrats Hagen2. Die Grundlagen des Referats bildeten die in der Anlage beigefügten Gesichtspunkte3.

1

Eine Aufzeichnung über die Sitzung des Rhein-Ruhr-Ausschusses des Kabinetts am 8. 1., die auch in den Tagesnotizen Stresemanns erwähnt wird (vgl. Stresemann, Vermächtnis I, S. 280), konnte in R 43 I nicht ermittelt werden.

2

S. Dok. Nr. 44.

3

In der Anlage zum obigen Protokoll zwei Aufzeichnungen über das Ergebnis einer Besprechung vom 7. 1. betr. Rhein.-Westfäl. Goldnotenbank, an der Vertreter verschiedener Reichsressorts und der Rbk einerseits, Frhr. v. Schröder (Köln) und Dr. Hammerschmidt (Düsseldorf) andererseits teilnahmen. Gegenstand dieser Besprechung war die Frage, wieweit die RReg. den im Schreiben Hagens vom 31.12.23 (Dok. Nr. 44) genannten Bedingungen zustimmen könne.

Der Reichswährungskommissar war der Meinung, daß das Kabinett in folgenden Punkten eine klare Entscheidung fassen müsse: 1) in der Frage der Konzessionsdauer, 2) in der Frage der Stückelung, 3) in der Frage der einheitlichen Diskont- und Lombard-Politik.

In der Entscheidung der Reichsregierung müsse klar zum Ausdruck kommen, daß es sich bei der Gründung der Rheinisch-Westfälischen Bank nur um eine vorübergehende Notmaßnahme handele. Die Währungsreform dürfe durch diese Bank in keiner Weise gefährdet werden. Infolgedessen dürfe die Reichsregierung nicht die Hand dazu bieten, im besetzten Gebiet eine Währungsbank zu errichten. Dies aber sei der Fall, wenn für die auszugebenden Geldscheine eine kleine Stückelung vorgesehen werde.

Der Reichsminister der Finanzen schloß sich den Ausführungen des Reichswährungskommissars an und betonte, daß die Genehmigung für die Rheinisch-westfälische Bank nur dann gegeben werden könne, wenn diese nicht die Bildung eines selbständigen Währungsgebiets und damit eines selbständigen Staates einschließe.

Der Reichsminister des Auswärtigen schloß sich den Ausführungen des Reichswährungskommissars an.

Der Vizekanzler stimmte ebenfalls mit dem Reichswährungskommissar überein bis auf die Frage der Konzessionsdauer, in der er glaubte, den Wünschen des deutschen Konsortiums nachgeben zu sollen. Die Bank werde nicht zustande kommen, wenn eine Konzession für nur kurze Zeit gegeben werde.[207] Die Gefahr, die in der längeren Konzessionsdauer liege, erscheine ihm durch die Möglichkeit vorheriger Option nicht zu groß.

Der Reichswährungskommissar wies darauf hin, daß das Recht der Option noch nicht die Möglichkeit gebe, die Bank zu beseitigen. Außerdem sei die Durchführung derartiger Rechte eine Machtfrage. Es müsse grundsätzlich entschieden werden, ob die Reichsregierung die Konzession für eine Bank erteilen wolle, die in sich für längere Zeit eine Existenzberechtigung trage, oder ob die Reichsregierung nur einer Notmaßnahme zustimmen wolle. Er wies auf die Stellungnahme Englands zu der Gründung der Rheinisch-Westfälischen Bank hin, die dahin gehe, daß der Gouverneur der Bank von England den Franzosen im Namen der gesamten englischen Bankwelt eine glatte Absage erteilt habe4.

4

Bei seinen Besprechungen in London (31.12.23 bis 2.1.24) erhielt Schacht vom Gouverneur der Bank von England, Montagu Norman, am 2.1.24 die Kopien eines Schriftwechsels zwischen der Banque de Paris et des Pays-Bas und Norman betr. Rhein.-Westfäl. Goldnotenbank (Fotokopien in R 43 I /2442 , Bl. 94-96): In einem Schreiben vom 22.12.23 an Norman teilte die Banque de Paris mit, daß in Koblenz zwischen einer Gruppe rhein. Bankiers und einer frz.-belg. Finanzgruppe Verhandlungen über die Gründung einer Emissionsbank für den rheinisch-westfäl. Bezirk stattfänden. Die frz. Reg. habe die Frage gestellt, ob sich engl. Banken an dem geplanten Institut beteiligen wollten. Dementsprechend bittet die Banque de Paris et des Pays-Bas um Nachricht, ob engl. Banken bereit sein würden, an der Gründung mitzuwirken und ob ein Unterhändler in dieser Angelegenheit in London empfangen werden könne. Darauf antwortete Norman mit Schreiben vom 2.1.24: Das erwähnte Projekt sei bei verschiedenen Gelegenheiten von den führenden Londoner Bankiers geprüft worden; sie seien schon vor Wochen zu dem Ergebnis gekommen, daß sie keine Möglichkeit einer Beteiligung sähen. Die Entsendung eines Unterhändlers sei daher nutzlos. „Leaving out of consideration whatever view might be taken by the German Government, I have no present reason to believe that the establishment of the proposed Bank would be in accord with the wishes and interests of the Reichsbank, by whose views I should feel obliged to be influenced in such a question.“

Dazu heißt es in einem vertraulichen Telegramm Schachts aus London vom 2.1.24 an das AA: „Britische Bankvereinigung beschloß kürzlich Ablehnung jeder Beteiligung Rheinbank. Norman beantwortete heute Anfrage Banque de Paris et des Pays-Bas auf Beteiligung englischer Banken entschieden ablehnend mit der Begründung, er glaube nicht, daß die Rheinnotenbank den Wünschen und Interessen Reichsbank entspräche. […] Ich anrate dringend Bedingungen deutscher Regierung für die Konzession nicht zu ändern, da ganze City offenbar gegen französische Rheinlandpolitik. Norman, in dessen Hand Finanzsanierung Österreichs und Danzigs konzentriert ist, ist sehr geneigt, Deutschland zu helfen, aber wohl nur bei Einhaltung einheitlicher deutscher Währung. Er sagte wörtlich, nachdem er mir Abschrift seines Briefes an Banque de Paris et des Pays-Bas gegeben: „I have killed the Rheinbank.‘“ (Pol.Arch. des AA, Büro RM, 5 Reparation, Bd. 16).

Der Reichsarbeitsminister stellte zur Erwägung, ob nicht, um den Anschein zu vermeiden, als ob die deutsche Reichsregierung die Errichtung der Bank unmöglich machen wolle, das Kündigungsrecht mit den sachlichen Bedingungen, die die Reichsregierung zu stellen habe, in der Form verknüpft werden könne, daß die Konzession hinfällig sei, wenn die gestellten Bedingungen nicht eingehalten würden.

Der Reichswährungskommissar warnte vor einem endgültigen Beschluß in dieser Richtung, bevor nicht vorher die Bank von England über diese mögliche Notwendigkeit unterrichtet wäre. Er teilte mit, daß es ihm bei seinem Besuch in England gelungen sei, erhebliche Zusagen für sein weiteres Arbeiten zu erlangen. Die Bank von England sei bereit, sich an die Spitze eines Konsortiums von Zentralnotenbanken (England, Holland, Schweden und Schweiz) zu[208] stellen, um die Zentralgoldnotenbank für Deutschland errichten zu helfen. Sie sei bereit, als Zeichnungsstelle im Ausland zu fungieren; sie sei ferner bereit, der Reichsbank einen mehrjährigen Kredit (5 Millionen Pfund) zur Verfügung zu stellen, damit die Reichsbank sich an der Gründung der Zentralgoldnotenbank beteiligen könne. Dabei solle die Reichsbank trotz der Minderheit der Kapitalbeteiligung die absolute Majorität besitzen. Die Bank von England sei ferner bereit, in den Aufsichtsrat, und zwar in Minorität, einzutreten. Es sei ferner in Aussicht genommen, und zwar unter Führung der Bank von England, ein englisches Privatbankkonsortium zu bilden, das ebenfalls zwecks Beteiligung an der Gründung der deutschen Zentralnotenbank ein Kapital von 5 Millionen Pfund aufzubringen habe. Er fürchte, daß alle diese Zusagen, denen sich weitere in Holland zugesellt hätten, zurückgezogen würden, wenn jetzt die deutsche Reichsregierung ihre Hand dazu biete, die deutsche Währungseinheit und damit die deutsche Reichseinheit zu zerstören. England wünsche eine deutsche Währungseinheit. Der Gedanke des Gouverneurs der Bank von England sei der, durch eine Stärkung der Zentralnotenbanken in Europa auf wirtschaftlichem Gebiet die Möglichkeit zu schaffen, ersprießliche Wiederaufbauarbeit zu leisten5. Er schlage daher vor, zunächst an den ursprünglich gestellten Hauptbedingungen6 grundsätzlich festzuhalten, dies den Kölner Herren mitzuteilen und auf diesem Gebiet die weitere Entwicklung abzuwarten. Daneben sei die Bank von England, vielleicht durch den deutschen Botschafter7, über die mögliche Entwicklung im besetzten Gebiet aufzuklären und darauf aufmerksam zu machen, daß, falls das Ausland Deutschland nicht zu Hilfe komme, die deutsche Regierung in die Zwangslage versetzt werden könne, Schritte zu tun, die weder im Ausland gebilligt werden könnten noch auch vom Standpunkt der deutschen Einheit erfreulich wären.

5

Zu den Verhandlungen Schachts in London und Amsterdam Anfang 1924 über eine ausländische Beteiligung an einer zentralen Goldnotenbank des Reichs vgl. Schacht, 76 Jahre meines Lebens, S. 243 ff.; ders., Die Stabilisierung der Mark, S. 95 f. Über die Londoner Gespräche Schachts vom 31.12.23 bis 2.1.24 orientiert auch ein ausführlicher, geheimer Bericht des dt. Botschafters Sthamer aus London vom 2.1.24 (Pol.Arch. des AA, Handakten Schubert: Sache Schacht, Rheinische Notenbank, Golddiskontbank).

6

S. das Schreiben des RK an Hagen vom 22.12.23 (Dok. Nr. 36).

7

Sthamer.

Das Kabinett stimmte diesem Vorschlage zu.

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