2.94.5 (ma11p): 5. Abänderung des Reichswahlgesetzes.

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5. Abänderung des Reichswahlgesetzes.

Der Vizekanzler berichtete über die Vorlage1 und wies besonders auf die zwei hauptsächlichsten Änderungen gegenüber den bestehenden Bestimmungen hin:

1

Am 28. 1. übersandte der RIM als Kabinettsvorlage den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Abänderung des Reichswahlgesetzes (R 43 I /999 , S. 331-372). Der Entwurf sieht u. a. die Verminderung der Zahl der Reichstagsabgeordneten auf 399 vor (bisher 459); auf je 75 000 Stimmen soll 1 Mandat entfallen (bisher 60 000). Jeder Kreiswahlvorschlag darf nicht mehr als 2 Bewerber benennen. Die Zahl der Abgeordneten, die über den Reichswahlvorschlag wählbar sind, wird auf 4 beschränkt. Die Anzahl der Wahlkreise wird auf 156 erhöht (bisher 35), ihr Umfang wird entsprechend verkleinert (auf etwa 380 000 Einwohner ein Wahlkreis). Wie hierzu in der Begründung ausgeführt wird, komme es im staatlichen Interesse wie im Interesse der politischen Parteien darauf an, „der Persönlichkeit bei den Wahlen zum Reichsparlamente wieder mehr Geltung zu verschaffen. Zu diesem Zwecke wird es nötig sein, die großen Wahlkreise zu beseitigen und damit zugleich die Möglichkeit zu schaffen, von der Vielheit der Kandidaten Abstand zu nehmen und zu einer geringen Zahl von Bewerbern in jedem Wahlkreis überzugehen. Das Problem der Wahlreform liegt darin, das Verhältniswahlsystem so zu gestalten, daß die bisherige Mechanisierung und Entpersönlichung mit ihren Nachteilen für das öffentliche Wohl soweit als irgendmöglich abgemildert wird. Aufgabe der Reform muß es sein, der Einerwahl im Rahmen der Verhältniswahl möglichst nahezukommen. Dies kann nur durch Bildung kleiner Wahlkreise geschehen, die in der Größe den alten Reichstagswahlkreisen möglichst nahekommen, wo der Wahlkampf sich wieder um die einzelne Persönlichkeit konzentriert. Dieser wird ein Bearbeitungsfeld von übersehbarer Größe gegeben, der Wahlkampf dadurch in erfreulicher Weise fruchtbarer und reizvoller. Das Andrängen der Interessentenverbände und der Geldgeber, die ohne eigenen Kampf ein Mandat haben möchten, wird gehemmt. Die Auswahl der Bewerber, die befähigt sein müssen, für ihre Sache selbst einzutreten, wird erleichtert und damit das Niveau des Parlaments im ganzen gehoben.“

1.

Herabminderung der Zahl der Abgeordneten in Verbindung mit einer Heraufsetzung des Divisors,

2.

die Bildung kleinerer Wahlkreise unter Aufrechterhaltung der Verhältniswahl mit dem Ziele, die Verbindung zwischen Wählern und Gewählten wieder enger zu gestalten.

Staatssekretär v. Welser regte die Heraufsetzung des Divisors auf 80 000 an.

Der Vizekanzler äußerte Bedenken dagegen. Er befürchtete, daß selbst die Heraufsetzung von 60 000 auf 75 000 sehr schwer im Reichstag angenommen werde.

Der Reichswirtschaftsminister äußerte Bedenken gegen die Beschränkung der Reichsliste auf 4 Abgeordnete.

Diesem Bedenken schlossen sich der Reichsminister des Auswärtigen, der Reichsarbeitsminister und der Reichskanzler an.

Die Anregung des Staatssekretärs v. Welser, den Divisor von 75 000 auf 80 000 zu erhöhen, wurde abgelehnt. Die Beschlußfassung über die Gestaltung der Reichsliste wurde einer Ministerbesprechung vorbehalten2. Im übrigen wurde die Vorlage unverändert angenommen. Dabei ging das Kabinett von der Voraussetzung aus, daß die Vorlage den ordentlichen Gang der Gesetzgebung gehe.

2

S. Dok. Nr. 95, P. 1.

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