2.96.1 (ma11p): [Verhandlungen mit den Sachverständigen.]

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RTF

[Verhandlungen mit den Sachverständigen.]

Staatssekretär Fischer berichtete über den Stand der Verhandlungen.

In der Frage der Goldnotenbank scheine sich eine Verständigung zwischen dem Ersten Ausschuß und dem Präsidenten der Reichsbank Dr. Schacht angebahnt zu haben1; insbesondere habe Dr. Schacht seinen bisherigen Widerspruch gegen die Inanspruchnahme der neuen Bank für Reparationszahlungen offenbar fallengelassen.

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Am 10. 2. wird durch WTB folgendes Kommuniqué des 1. Sachverständigenkomitees (des sog. Dawes-Komitees) verbreitet: Das 1. Sachverständigenkomitee habe sich auf die Grundzüge eines Planes zur Errichtung einer dt. Goldnotenbank geeinigt, die ihre Noten gegen die Noten der Rbk und der Rentenbank eintauschen solle. Die Hauptpunkte des Entwurfs seien RbkPräs. Schacht mitgeteilt worden, der ebenso wie das Komitee den Eindruck habe, daß der Entwurf geeignet sei, die endgültige Stabilisierung der dt. Währung und den Ausgleich des dt. Haushalts herbeizuführen. Schacht habe dem Komitee erklärt, er wolle seinen eigenen Plan zur Errichtung einer Goldbank [der späteren Golddiskontbank] so einrichten, daß deren Aufgehen in der vom Komitee projektierten Notenbank erleichtert werde. Schacht werde am 18. 2. mit dem Sachverständigenkomitee erneut zusammentreffen (nach DAZ Nr. 69 vom 10. 2.). Zu den Verhandlungen Schachts mit den Sachverständigen in Berlin vgl. Schacht, Die Stabilisierung der Mark, S. 106 ff.

Im übrigen stehe es wohl fest, daß das Ziel der Befreiung des Ruhrgebietes nur zu erreichen sein werde durch Barzahlungen, Sachlieferungen und Garantien (sécurités). An den Kohlenlieferungen würde Frankreich unter allen Umständen festhalten; die Barzahlung müsse durch eine Anleihe ermöglicht werden, für die als Sicherheit die Reichsbahn oder Reichsmonopole dienen müßten.

Der Reichsverkehrsminister berichtete über die Sonderverhandlungen mit den Eisenbahnsachverständigen über die Reichsbahn2. Er und auch die Sachverständigen seien der Auffassung, daß eine Verpachtung der Reichsbahn nicht in Frage komme, sondern daß vielmehr die gesamte Verwaltung und Aufsicht deutsch bleiben müsse unter Einschaltung gewisser Kontrollorgane. Er denke an eine ähnliche Einrichtung wie die Linienkommandanturen in Kriegszeiten und glaube, daß der Reichswehrminister gegen solche keine Bedenken hegen würde.

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Hierüber in R 43 I nichts ermittelt.

Staatssekretär Fischer vertrat demgegenüber die Auffassung, daß eine Rentabilität und damit also eine Nutzbarmachung für Zwecke der Kreditaufnahme nur bei einer Verpachtung in Frage komme. Dies sei auch die Auffassung der italienischen und amerikanischen Mitglieder des Ausschusses.

[343] Staatssekretär Fischer berichtete des weiteren über die Äußerungen des englischen Mitgliedes Stamp hinsichtlich der Steuerbelastung und bezeichnete es als erwünscht, daß eine andere Orientierung zur Frage des deutschen Budgets erfolgen müsse als die bisherige durch Herrn Stinnes, welche zu übertriebenen Erwartungen hinsichtlich der Sanierungsmöglichkeiten geführt habe.

Die Anwesenden stimmten der Auffassung des Staatssekretärs Fischer zu, und es wurden des weiteren die Möglichkeiten besprochen, auf der Grundlage des deutschen Memorandums vom 6. Juni 19233, sowie unter Verwertung gewisser Gedanken des belgischen Graubuch-Projektes4, Überschüsse aus dem Reich der zu schaffenden Reparationsbank zur Verfügung zu stellen. Dabei wurde davon ausgegangen, daß unter allen Umständen eine mehrjährige Ruhepause zunächst gewährt werden müsse. Auch die Frage der Unsichtbarmachung der französischen Besetzungen wurde erörtert.

3

Es muß heißen: vom 7. Juni 1923. S. dazu Dok. Nr. 72, Anm. 3.

4

S. dazu Dok. Nr. 72, Anm. 4.

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