2.188 (ma11p): Nr. 188 Der Reichswehrminister an das Büro des Reichspräsidenten. 30. April 1924

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Nr. 188
Der Reichswehrminister an das Büro des Reichspräsidenten. 30. April 1924

R 43 I /685 , Bl. 236 Durchschrift

[Zurückweisung von Behauptungen über illegale Rekrutierungsmaßnahmen der Reichswehr]

Der Abgeordnete Schücking hat mir auf meine Bitte, mir nähere Unterlagen zur Anstellung einer Untersuchung zuzustellen, leider nur mit allgemein gehaltenen, nicht nachzuprüfenden Angaben geantwortet1 und lediglich auf eine frühere Mitteilung an mich verwiesen, wonach in Marburg mehrere namentlich genannte Mitglieder der „Völkischen Hakenkreuzler“ – gemeint sind, wie aus einer anderen Nachricht an mich hervorgeht, des „Jungdeutschen Ordens“ – zur Ausbildung eingestellt worden seien. Als Ergebnis der sofort von mir angeordneten Untersuchung dieses Falles meldete mir der Kommandeur des Wehrkreiskommandos V, Generalleutnant Reinhardt:

1

S. die Eingabe Schückings an den RK vom 8. 3., Dok. Nr. 137, sowie die dortige Anm. 2.

[596] „Unter den Mannschaften des Marburger Bataillons befinden sich keine Angehörigen verbotener Organisationen. Daß sich einzelne ehemalige Angehörige der nicht verbotenen Vereinigungen „Stahlhelm“ und „Jungdeutscher Orden“ dort befinden, ist möglich, da der Eintritt in das Heer für taugliche Freiwillige aus allen Volksschichten freisteht.“

Im übrigen kann ich den Anschuldigungen des Abgeordneten Schücking gegenüber nur nochmals feststellen, daß Einstellungen in die Reichswehr nur nach den Bestimmungen des Wehrgesetzes2, d. h. auf zwölfjährige Verpflichtung hin, erfolgen. Entlassungen aus der Wehrmacht und vorzeitige Lösung des Vertrages dürfen gemäß Art. 174 des Vertrages von Versailles und § 29 des Wehrgesetzes bis zu 5% der Gesamtstärke des Heeres vorgenommen werden. Von dieser Möglichkeit wird nach Lage der Dinge Gebrauch gemacht. Jede militärische Ausbildung mit der Waffe von außerhalb des Heeres stehenden Persönlichkeiten ist durch scharfe Befehle untersagt3. Ein Beweis, daß militärische Dienststellen gegen die oben genannten Bestimmungen verstoßen haben, ist mir bisher von keiner Stelle erbracht worden. Zu einem Einschreiten lag für mich daher kein Anlaß vor.

2

S. Wehrgesetz vom 23.3.21, RGBl. S. 329  und Gesetz zur Änderung des Wehrgesetzes vom 18.6.21, RGBl. S. 787 .

3

Mit Schreiben vom 10. 3. an den RWeM übermittelte der hess. Gesandte Frhr. v. Biegeleben einen Bericht des Polizeiamts Gießen vom 16. 2., aus dem hervorgehe, „daß auf den Militärschießständen bei Gießen Schießübungen durch Zivilpersonen stattgefunden haben, ein Vorgang, der aus außen- und innenpolitischen Gründen zu ernsten Bedenken Anlaß gibt. Der Herr Staatspräs. und Minister des Äußern Ulrich […] legt den größten Wert darauf, daß seitens der RReg. endlich Garantien gegen eine Wiederholung derartiger Mißstände geschaffen werden. Ich bin beauftragt, diese Auffassung mit dem äußersten Ernst zur Kenntnis der RReg. zu bringen und zugleich nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Hess. Reg. in ihrem Lande derartige Vorkommnisse länger nicht zu dulden vermag. Dem Herrn RWeM wäre ich für eine beschleunigte Entschließung im Sinne meiner Reg. zu besonderem Dank verbunden.“ (R 43 I /685 , Bl. 220 f.). Am 9. 4. antwortete der RWeM dem hess. Gesandten: „Durch persönliche Besprechung des Herrn Chefs der Heeresleitung mit dem Befehlshaber des Wehrkreiskommandos V [Genlt. Reinhardt] und erneute scharfe Bestimmungen ist Vorsorge getroffen, daß sich derartige Vorgänge in Zukunft nicht wiederholen.“ (R 43 I /685 , Bl. 231).

gez. Dr. Geßler

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