2.199.2 (ma31p): 2. Arbeitsbeschaffungsprogramm für die deutschen Seeschiffswerften.

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RTF

[622]2. Arbeitsbeschaffungsprogramm für die deutschen Seeschiffswerften.

Der Reichsverkehrsminister begründete die Vorlage seines Ressorts3. Als neuer Umstand sei noch hinzugekommen, daß die Länder nunmehr doch bereit seien, auch ihrerseits den Anteil von 25%, der für die übrigen Bauten vorgesehen sei, auch für die Großbauten des Norddeutschen Lloyd und der Hapag zu übernehmen. Falls das Reich die Zinsverbilligung auch für die Großbauten vornehmen werde, seien Norddeutscher Lloyd und Hapag zu verpflichten, bei Rückerstattung der in Aussicht gestellten Entschädigungssummen aus den Vereinigten Staaten ihrerseits den Zinsvorschuß an das Reich zurückzuzahlen4.

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Die RReg. hatte am 11.11.26 beschlossen, den dt. Reedern, die bis zum 31.3.27 Schiffbauaufträge an dt. Werften vergeben, für die Dauer der Bauzeit und die ersten fünf Betriebsjahre Zinszuschüsse aus den Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge zu gewähren (Dok. Nr. 115, P. 1). Für die Bewilligung der Zuschüsse hatten die beteiligten Reichsressorts Richtlinien aufgestellt, die den Reedern übermittelt worden waren. Wie RVM Koch in seiner Kabinettsvorlage vom 11.3.27 mitteilte, hätten die Ressorts mit Bauaufträgen im Gesamtwert von höchstens 90 bis 100 Mio RM gerechnet. Die inzwischen eingereichten Anmeldungen der Reeder ergäben jedoch ein Bauprogramm von rund 250 Mio RM. Davon entfielen ca. 90 Mio auf zwei große Fahrgastdampfer des Norddeutschen Lloyd vom Typ „Columbus“. Die Hamburg-Amerika-Linie habe nachträglich noch Neubauten im Wert von 55 Mio RM angemeldet. Durch das unerwartet große Schiffbauprogramm habe sich für das Reich und für die Länder, die 25% der Zinszuschüsse aufzubringen hätten, eine neue Lage ergeben. Der RVM bat das Kabinett, folgende Beschlüsse zu fassen: 1) Die Richtlinien werden mit der Beschränkung durchgeführt, daß die Zinszuschüsse nicht über den 31.3.33 hinaus gewährt werden und daß die Aufwendungen hierfür im Jahresdurchschnitt 3 Mio RM, insgesamt also 18 Mio RM nicht übersteigen dürfen. 2) Für die beiden Columbus-Bauten des Norddeutschen Lloyd und die Nachtragsanmeldungen der Hamburg-Amerika-Linie werden Zinszuschüsse für drei Jahre im Gesamtbetrag von 8 Mio RM bewilligt; hierfür ist die Zustimmung des Haushaltsausschusses des RT einzuholen (R 43 I /2147 , Bl. 20–25; siehe auch die Vorlage des RVM vom 17.2.27, ebd., Bl. 6–14).

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Auf Wunsch des RFM und des RArbM sollten die Reedereien, die von der amerik. Reg. Entschädigungszahlungen für ihre in Amerika beschlagnahmten Schiffe zu erwarten hatten, beim Eingang der Entschädigungen die vom Reich und den Landesregierungen empfangenen Zinszuschüsse zurückzahlen (R 43 I /2147 , Bl. 21).

Der Reichspostminister bat für den Fall, daß das Reichskabinett dem Vorschlage des Reichsverkehrsministeriums zustimme, zu beschließen, daß den Firmen auferlegt würde, ihre Aufträge gleichmäßig über ganz Deutschland zu verteilen.

Ferner erbat Staatssekretär Weismann Berücksichtigung der preußischen Werften.

Der Reichsverkehrsminister erklärte, daß diese gleichmäßige Verteilung schon durch Ziffer 3 der Richtlinien sich ergebe.

Regierungsrat Berndt vom Reichsarbeitsministerium teilte mit, daß sein Ressort sich gegen die Erweiterung der Aktion auf die Großbauten ausspreche. Man werde durch eine derartige neue Aktion Schwierigkeiten im Haushaltsausschuß haben. Besonders habe das Reichsarbeitsministerium dagegen Bedenken, daß hierbei die produktive Erwerbslosenfürsorge eingeschaltet werde5.

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Das RArbMin. hatte in einem Schreiben an den RVM vom 10. 3. die Ansicht vertreten, daß Subventionen aus Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge „nicht an finanziell so gut dastehende Unternehmungen wie die Hamburg-Amerika-Linie und den Norddeutschen Lloyd gewährt werden dürfen, zumal wenn es sich um ausgesprochene Expansionsbestrebungen und um Luxusbauten handelt“ (R 43 I /2147 , Bl. 19).

[623] Ministerialrat Dr. Wachsmann glaubte ebenfalls Schwierigkeiten im Hauptausschuß für die Erweiterung des Programms auf die Großbauten voraussehen zu sollen. Vom wirtschaftlichen Standpunkt habe er Bedenken, die jetzt vor sich gehende Konsolidierung der Werften durch eine künstliche Steigerung der Konjunktur durch Reichsmittel, der ein starker Rückschlag nach Ablauf der 3 bzw. 6 Jahre folgen könne, zu stören. Auch sei die Stimmung des Reichstags gegen jede Art von Subvention ja hinreichend bekannt. Ministerialrat Wachsmann wies ferner auf die außerordentlich hohen Ansprüche hin, die im Laufe dieses Jahres noch an die Mittel des Reichs gestellt werden würden.

Staatssekretär Dr. Trendelenburg führte aus, daß zwar auch im Reichswirtschaftsministerium Bedenken wegen einer Störung des Konsolidierungsvorgangs bei den Werften beständen, trotzdem spreche sich aber das Reichswirtschaftsministerium für die Vorschläge des Reichsverkehrsministeriums aus, weil durch die Richtlinien, in denen weder bezüglich der Tonnenzahl noch der Zeit Einschränkungen ausgesprochen seien, doch gewisse Zusagen gemacht worden seien, die man halten müsse.

Das Reichskabinett entschied sich gegen die zugunsten der Großbauten des Norddeutschen Lloyd und der Hapag über den Gesamtbetrag von 18 Millionen hinaus vorgesehene Erweiterung der Unterstützungsaktion.

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