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Aktennotiz. 10. November 1927

Das Schreiben des Herrn Reichsministers des Innern an den Herrn Reichskanzler vom 4. November 1927, betreffend Mitwirkung der Reichsregierung bei der Besetzung diplomatischer Posten, war gestern Gegenstand einer Besprechung des Herrn Reichspräsidenten mit dem Herrn Reichsminister des Auswärtigen. Letzterer hat den Herrn Reichspräsidenten nachdrücklichst darauf hingewiesen, daß es ganz unmöglich wäre, dem Wunsche des Herrn Reichsministers des Innern, der nach seiner Meinung in der Verfassung keinerlei Grundlage fände, zu entsprechen. In jedem Falle vor der Besetzung diplomatischer Posten eine Beschlußfassung des Kabinetts herbeizuführen, würde den Rechten des Herrn Reichspräsidenten aus Art. 46, 45 der Reichsverfassung vorgreifen und würde praktisch bedeuten, bei der Besetzung dieser Posten parteipolitische Gesichtspunkte als ausschlaggebend zuzulassen. Der Herr Reichsminister erklärte, daß er für seine Person ein solches Verfahren nicht zulassen könne; er bäte den Herrn Reichspräsidenten, unter Hinweis auf die seit 9 Jahren bestehende Staatspraxis den Wunsch des Hern Reichsministers des Innern abzulehnen.

Der Reichspräsident erwiderte, daß er derselben Auffassung wäre und diesen Eingriff in seine Rechte nachdrücklichst ablehnen würde.

[1080] Am 10. November empfing der Herr Reichspräsident in der gleichen Angelegenheit den Herrn Reichskanzler. Der Herr Reichspräsident erklärte hierbei, daß er in dem Antrag des Herrn Reichsministers des Innern einen Eingriff in die ihm nach Art. 46, 45 der Reichsverfassung zustehenden Rechte erblicke und unter keinen Umständen dem zustimmen könne. Er bat den Herrn Reichskanzler, dies dem Herrn Reichsminister des Innern mitzuteilen und ihn zu ersuchen, von der weiteren Verfolgung der Angelegenheit Abstand zu nehmen.

Der Herr Reichskanzler pflichtete der Rechtsauffassung des Herrn Reichspräsidenten bei; auch er hielt es für unmöglich, dem Wunsche des Herrn Reichsministers des Innern zu entsprechen, und sprach sich dahin aus, daß es bei dem seit fast 9 Jahren bestehenden Verfahren bleiben müsse.

Im Anschluß an diese Besprechung empfing der Herr Reichspräsident auch den Herrn Reichsminister des Innern, dem er dieselbe Ansicht wie dem Herrn Reichskanzler und seinen Entschluß mitteilte, an dem bisherigen Verfahren nicht rühren zu lassen. Der Herr Reichsminister des Innern erklärte dem Herrn Reichspräsidenten, daß er angesichts dieser Entschließung des Herrn Reichspräsidenten von der weiteren Verfolgung seines Schreibens vom 4. November – I 5020 – absähe; er werde die Angelegenheit in diesem Sinne mit dem Herrn Reichskanzler mündlich weiter besprechen2.

2

Am 21.12.27 vermerkte StS Pünder: In der Angelegenheit der Mitwirkung der RReg. bei der Besetzung diplomatischer Posten habe der RK am 15. 12. mit RIM v. Keudell eine Aussprache gehabt. Keudell habe dabei die Erklärung abgegeben, „daß er nicht beabsichtige, seine in dieser Angelegenheit vorgelegte Kabinettsvorlage [Dok. Nr. 333] zur Zeit weiterzuverfolgen. Zu einer noch weitergehenden Erklärung – etwa dahingehend, daß er die Kabinettsvorlage ausdrücklich zurückziehe – sei er zu seinem Bedauern nicht in der Lage, weil er damit gegen seine innere Überzeugung handeln würde.“ – Diesen Aktenvermerk übersandte Pünder am 21. 12. an StS Meissner (R 43 II /1413 , Bl. 33). Meissner antwortete am 22. 12., daß die Erklärung v. Keudells „den hiesigen Wünschen“ genüge. Er werde die diesbezügliche Aktennotiz Pünders zu den Akten nehmen und betrachte die Angelegenheit damit als erledigt (R 43 II /1413 , Bl. 39).

M[ei]ss[ner] 10. XI.

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