1.150.1 (ma32p): Reichsverwaltungsgericht.

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Reichsverwaltungsgericht1.

1

Auf der Grundlage eines Vorschlags der Pr. Reg. (vgl. Dok. Nr. 192, P. 10, bes. Anm. 22) hatte das RIMin. einen neuen Referentenentwurf für ein „Gesetz über das Reichsverwaltungsgericht“ aufgestellt und am 17.11.27 den Ressorts übermittelt. Der GesEntw. sah die Errichtung eines Reichsverwaltungsgerichts in Berlin vor, wobei das Pr. Oberverwaltungsgericht im Reichsverwaltungsgericht aufgehen sollte. Den anderen Ländern sollte die Möglichkeit eröffnet werden, ihre obersten Verwaltungsgerichte ebenfalls mit dem Reichsverwaltungsgericht zu vereinigen (R 43 I /988 , Bl. 25–50). Bei den Ressortbesprechungen über den GesEntw. kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem RIMin. und dem RFMin. über die Zuständigkeit und das Verfahren des künftigen Reichsverwaltungsgerichts (R 43 I /988 , Bl. 51 ff.). Während der Entwurf des RIMin. die Zuständigkeiten des Gerichts fürs erste begrenzte und im einzelnen aufzählte („positive Enumeration“), wünschte das RFMin. die Zuständigkeiten durch eine „Generalklausel mit negativer Enumeration“ von vornherein möglichst weit zu fassen. Außerdem trat das RFMin. für eine reichsrechtliche Regelung des Verfahrens vor dem Reichsverwaltungsgericht ein, während der Entwurf des RIMin. hierauf verzichtete. Dem RIMin. ging es darum, den Widerstand der Länder gegen die Errichtung des Reichsverwaltungsgerichts durch eine entgegenkommende Fassung des GesEntw. zu überwinden. Für das RFMin. stand dagegen der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung, der Rechtsvereinheitlichung und der Kostenersparnis im Vordergrund. Am 24.12.27 übersandte RIM v. Keudell den Entwurf eines Gesetzes über das Reichsverwaltungsgericht sowie den Entwurf eines Einführungsgesetzes an den StSRkei; im Begleitschreiben legte der RIM die Differenzen zwischen den Ressorts dar und bat, die Angelegenheit in einer Kabinettssitzung zur Entscheidung zu bringen (R 43 I /988 , Bl. 73–101; die Stellungnahme des RFM vom 5.1.28 und des RSparkom. vom 10.1.28 ebd., Bl. 106–112).

Der Stellvertreter des Reichskanzlers leitete die Sitzung.

Ministerialdirektor v. Kameke legte zunächst die zwischen dem Reichsinnen- und Reichsfinanzministerium bestehende Meinungsverschiedenheit bezüglich der Zuständigkeit des Reichsverwaltungsgerichts und der etwaigen Einführung einer Generalklausel dar. Er betonte, daß das Reichsinnenministerium das Enumerationsprinzip für richtig halte, wenn auch für die Zukunft vielleicht eine Generalklausel anzustreben sei.

Demgegenüber betonte Staatssekretär Dr. Popitz, daß man gleich die Zuständigkeiten des Reichsverwaltungsgerichts möglichst weit fassen müsse. Er schlage daher eine Generalklausel mit negativer Enumeration vor. Er könne nicht einsehen, weshalb nicht das auch vom Reichsministerium des Innern für die Zukunft als erstrebenswert bezeichnete Ziel schon jetzt erreicht werden könne.

Staatsminister a.D. Präsident Dr. Drews erklärte, daß als Ziel für die Zukunft jedenfalls die Generalklausel angestrebt werden müsse. Zur Zeit habe er jedoch ernste Zweifel, ob nicht große politische Schwierigkeiten der jetzigen Erreichung dieses Zieles entgegenständen.

[1222] Der Stellvertreter des Reichskanzlers warf hierzu die Frage auf, welche Stellung denn die Preußische Staatsregierung einnehme.

Staatsminister a.D. Präsident Dr. Drews erwiderte, Preußen würde in der Sache selber wohl keine Bedenken haben.

Der Reichsminister des Innern erklärte ein vorsichtiges Vorgehen für notwendig, besonders mit Rücksicht auf die süddeutschen Länder.

Staatsminister a.D. Präsident Dr. Drews warf ganz allgemein die Frage auf, ob nicht die Zuständigkeiten des Reichsverwaltungsgerichts grundsätzlich weiter zu fassen seien. Z. B. halte er es für möglich, das Reichsverwaltungsgericht auf dem Gebiete des Presserechts wegen Verletzung der Pressefreiheit für zuständig zu erklären.

Ministerialdirektor v. Kameke erwiderte, daß hiergegen keine Bedenken bestünden.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers stellte fest, daß nunmehr die Ansichten zu diesem Punkt genügend geklärt seien. Die Entscheidung selber könne über diesen Punkt wie über die übrigen Differenzpunkte erst in einer möglichst vollbesetzten Ministerbesprechung am Nachmittag fallen, weil sie politischer Natur sei2.

2

Siehe Dok. Nr. 393, P. 1.

Ministerialdirektor v. Kameke erläuterte sodann die zwischen dem Reichsministerium des Innern und dem Reichsfinanzministerium bestehenden Meinungsverschiedenheiten wegen der Ausgestaltung des Verfahrens.

[…]

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