1.89.1 (ma32p): Reparationspolitik.

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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Reparationspolitik.

Der Reichsminister der Finanzen berichtete, daß bei einer erneuten mündlichen Unterredung mit dem Reparationsagenten Parker Gilbert, die er und der Reichsaußenminister Dr. Stresemann am 29. Oktober gehabt haben, eine Verständigung darüber erzielt worden sei, daß die Veröffentlichung des Memorandums des Reparationsagenten vom 20.10.1927 erfolgen solle1. Dabei sei auch zum Ausdruck gebracht worden, daß die deutsche Regierung gleichzeitig eine Gegenerklärung veröffentlichen werde. Parker Gilbert habe sich auch damit einverstanden erklärt, daß mit der Veröffentlichung noch 8 bis 10 Tage gewartet werde. Inzwischen sei eine grundsätzliche Einigung zwischen seinem Ressort und dem Reichswirtschaftsministerium über die deutsche Gegenerklärung zustande gekommen2. Die deutsche Erklärung solle einen finanzpolitischen Teil und einen wirtschaftspolitischen Teil umfassen. Die Kredit- und Währungspolitik solle nur ganz kurz gestreift werden mit dem Hinweis darauf, daß die Reichsbank im Rahmen ihrer Zuständigkeit von der Reichsregierung unabhängig sei. Der Entwurf zum finanzpolitischen Teil sei von ihm gefertigt, während der Wirtschaftsminister den wirtschaftspolitischen Teil übernommen habe. Beide Teile lägen zwar im Entwurf vor3, seien jedoch noch nicht aufeinander abgestimmt. Er verlas sodann den Entwurf des finanzpolitischen Teiles und stellte ihn zur Erörterung. Von seiten verschiedener Minister, insbesondere von den[1035] Ministern Schiele, Hergt und Stresemann wurden Abänderungswünsche geäußert, über die eine Verständigung erzielt wurde.

1

Vgl. zuvor Dok. Nr. 329.

2

Siehe hierzu: ADAP, Serie B, Bd. VII, Dok. Nr. 63.

3

Diese Teilentwürfe waren in den Akten der Rkei nicht zu ermitteln.

Sodann verlas der Minister Curtius den von ihm gefertigten Entwurf der wirtschaftspolitischen Ausführungen.

In der folgenden Aussprache wurde ein Wunsch des Reichsernährungsministers als berechtigt anerkannt, daß dem Reichsernährungsministerium Gelegenheit zur Anfügung eines kurzen ernährungspolitischen Teiles gegeben werden müsse.

Die grundlegenden Ausführungen der verlesenen Entwürfe fanden die Billigung des Kabinetts.

Wegen der weiteren formellen Behandlung der deutschen Denkschrift einigten sich die beteiligten Ressorts dahin, daß die einstweiligen noch getrennten Teile der Denkschrift am Vormittag des 3. November von den beteiligten Ressorts zu einem einheitlichen Ganzen verschmolzen werden sollten, unter Einbeziehung des von dem Reichsernährungsministerium in aussicht gestellten landwirtschaftlichen Teiles.

Der Gesamtentwurf soll sodann am Nachmittag des 3. November dem Gesamtkabinett zur Billigung unterbreitet werden4.

4

Siehe Dok. Nr. 332, P. 5.

Ferner beschloß das Kabinett, mit Rücksicht auf die sich in der Tagespresse offenbarende weitgehende Beunruhigung der öffentlichen Meinung folgende Verlautbarung in die Presse zu geben:

„Das Reichskabinett beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung mit Reparationsfragen und dabei auch mit der Beantwortung des Memorandums des Reparationsagenten. Nachdem im In- und Auslande die verschiedensten irreführenden Mitteilungen über seinen Inhalt veröffentlicht worden sind, hält es die Reichsregierung im Einvernehmen mit dem Reparationsagenten für richtig, den vollen Wortlaut des Memorandums zusammen mit der Antwort der Reichsregierung bekannt zu geben. Die Veröffentlichung wird voraussichtlich am kommenden Sonntag [6. 11.] erfolgen.“

Der Reichsminister der Finanzen wurde gebeten, vor der Weitergabe dieser Verlautbarung an die Presse das Einverständnis des Reparationsagenten hierzu herbeizuführen.

Sodann trat das Kabinett noch in eine kurze Erörterung der Frage der Bildung einer besonderen Reichsstelle für die Behandlung der Reparationsangelegenheiten ein.

Der Reichsminister der Finanzen meinte, daß ein bereits in der Öffentlichkeit erörterter Plan Erwägung verdiente, der dahin gehe, den drei Reparationsressorts (Reichsfinanzministerium, Reichswirtschaftsministerium und Auswärtiges Amt) zu ihrer Entlastung einen Sachverständigenbeirat, bestehend aus je 1 Mitglied der Hauptparteien des Reichstages, beizugeben.

Der Reichsminister des Auswärtigen fragte an, ob der Gedanke der Bestellung eines besonderen Kommissars zur Behandlung der Reparationsfragen fallen gelassen worden sei. Im übrigen meinte er, daß die Bildung eines dem bestehenden[1036] handelspolitischen Ausschuß ähnlichen Ausschusses für Reparationsfragen prüfenswert sei. Er warnte jedoch vor voreiligen Beschlüssen.

Der Reichsminister der Justiz äußerte starke Bedenken gegen eine maßgebliche Heranziehung von Mitgliedern des Reichstags5.

5

Mit dieser Frage beschäftigte sich die RReg. in der Ministerbesprechung vom 9. 11.; siehe Dok. Nr. 334, dort Ministerbesprechung, P. 1.

Die Verhandlungen wurden alsbald abgebrochen.

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