2.79 (mu11p): Nr. 79 Der Reichskanzler an den Reichswehrminister. 4. Mai 1920

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Nr. 79
Der Reichskanzler an den Reichswehrminister. 4. Mai 1920

R 43 I /405 , Bl. 19 Reinkonzept

[Betrifft: Auflösung der Zeitfreiwilligen-Formationen.]

Bei der bevorstehenden Konferenz in Spa wird neben der Entschädigungsfrage die der Heeresstärke voraussichtlich im Vordergrund der Erörterung stehen. Das Vorhandensein militärischer Formationen neben der Reichswehr, wie Einwohnerwehr und Zeitfreiwilligen, ist erfahrungsgemäß geeignet, bei den Mächten der Entente die Überzeugung wachzuhalten, als beabsichtige das Reich seine tatsächliche Truppenstärke zu verschleiern und im Krümperwege eine Wehrmacht aufzustellen, welche die betreffenden Bestimmungen des Versailler Vertrages illusorisch macht. Im Interesse eines möglichst befriedigenden Verlaufs der Verhandlungen über die Festsetzung einer Entschädigung muß eine derartige Anschauung der Verhandlungsmächte nach Möglichkeit entkräftet werden. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, wenigstens diejenigen[190] Formationen unverzüglich zur Auflösung zu bringen, bei denen sie ohne innerpolitische Schwierigkeiten sofort durchgeführt werden kann. Dies ist1 bei den Zeitfreiwilligenverbänden zweifellos möglich. Nach der dortigen Mitteilung vom 20. April 1920 […] ist die Einrichtung der Reichswehr-Zeitfreiwilligen zwar im allgemeinen mit dem 10. April 20 aufgehoben worden, in einzelnen Fällen aber die Beibehaltung kleinerer Teile genehmigt worden; so in Preußen für Westfalen und Berlin2. Mit Rücksicht auf die angeführten Gründe bitte ich ergebenst die erhalten gebliebenen Reste von Zeitfreiwilligenformationen im ganzen Reich nunmehr sofort in der Weise zur Auflösung zu bringen, daß diese Maßnahme bis spätestens 10. Mai durchgeführt ist. Ich bitte ferner, dafür Sorge zu tragen, daß alle Waffen, die sich in den Händen der Zeitfreiwilligen befanden, bis zu dem genannten Zeitpunkt restlos an die Reichswehr zurückgegeben werden3.

1

Danach ausgestrichen: „wenn nicht bei der Einwohnerwehr so doch“.

2

In dem genannten Schreiben war ausgeführt worden: „Die Einrichtung der Reichswehr-Zeitfreiwilligen ist entsprechend dem VV durch Fernschreiben vom 3.4.20 an die Kommandobehörden zum 10.4.20 aufgehoben worden. Bei der augenblicklichen Lage ließ sich diese Auflösung nicht überall am 10.4.20 durchführen, ohne die Aufrechterhaltung der Ordnung zu gefährden. Das RWeMin. hat daher in einzelnen, besonders begründeten Fällen die Beibehaltung kleiner Teile von einberufenen Rw.Zeitfreiw. auf begrenzte Zeit genehmigt. Dies widerspricht nicht dem Versailler Vertrag, da die solcherweise noch dienstleistenden Rw.Zeitfreiw. auf Fehlstellen innerhalb der vertraglichen Heeresstärke Anrechnung finden. – In Preußen sind solche Genehmigungen für Westfalen und Berlin erteilt worden. Eine weitere Ausdehnung dieser Maßnahme ist nicht beabsichtigt. – Besondere Anordnungen für die Einziehung der Waffen erübrigen sich, da die Truppenteile verpflichtet sind, die Waffen aller zur Entlassung kommenden Rw.Zeitfreiw., die ihren Beständen entnommen sind, wieder einzusammeln“ (R 43 I /405 , Bl. 16).

3

Zur Frage der Entwaffnung s. Dok. Nr. 65 und 97, P. 8.

Um baldgefällige Mitteilung der dortigen Maßnahmen darf ich ergebenst bitten4.

4

Eine erste Mitteilung erfolgte am 7.5.20: „Die Einrichtung der Reichswehr-Zeitfreiwilligen war zum 10.4.20 mit Ausnahme kleiner Verbände im Ruhrgebiet, in Sachsen, im Grenzschutz Ost und in Berlin und München aufgelöst worden. Auch diese Ausnahmen sind abgesehen vom Ruhrgebiet und Leipzig zum 1.5.20 aufgehoben worden. Nach dem 1.5.20 waren noch 1000 Köpfe für Leipzig und 2738 für das Ruhrgebiet genehmigt. Auch diese 3738 sind bis 10.5.20 zu entlassen“ (R 43 I /405 , Bl. 61). Eine weitere Antwort vom 8. 5. lautete: „Die für Westfalen, Berlin und Sachsen noch erteilten Genehmigungen, Zeitfreiwilligenverbände zu behalten, sind am 1.5.20 in der Hauptsache aufgehoben worden. – Die Dienststellen sind angewiesen, auch den Rest der noch vorhandenen Reichswehrzeitfreiwilligen (1000 in Leipzig, 2738 im Ruhrgebiet und Westfalen) bis spätestens 10.5.20 zu entlassen. – Vollzugsmeldungen, daß alle Reichswehrzeitfreiwilligen entlassen sind und auch keine Zeitfreiwilligen-Abwickelungsstellen mehr bestehen, sind von allen Dienststellen am 5.5.20 eingefordert worden“ (R 43 I /405 , Bl. 62).

gez. Müller

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