2.172.6 (mu21p): 6. Behandlung der Ehescheidungsreform im Reichstag.

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[551]6. Behandlung der Ehescheidungsreform im Reichstag.

Der Reichsminister der Justiz führte aus, daß vor kurzem das Problem der Ehescheidungsreform im Rechtsausschuß des Reichstags erneut behandelt worden sei. Sein Amtsvorgänger habe dem Rechtsausschuß einen Referentenentwurf des Reichsjustizministeriums als Material zugeleitet4. Er bitte nun um Zustimmung des Reichskabinetts, daß diese Beratung im Rechtsausschuß nach Möglichkeit vertagt werde. Hierbei berufe er sich auf die Auffassung des vorigen Kabinetts, daß Anträge grundlegender Art über die Ehescheidung im Rechtsausschuß nicht verfolgt werden sollten. Um das von ihm gewünschte Ziel zu erreichen, werde es wohl nötig sein, daß die Reichsminister mit ihren Fraktionen sprächen. Auch sei es wünschenswert, daß der Reichskanzler mit dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, dem Abgeordneten Landsberg, Fühlung nehme.

4

Der Referentenentwurf war dem Rechtsausschuß am 8. 4. zugegangen. Gegen die Stimmen der DNVP und bei Stimmenthaltung des Zentrums wurde er zur Grundlage der Verhandlungen gemacht (Vossische Zeitung vom 9. 4.). Der erste Artikel des Entwurfs hatte einen neuen § 1568 a BGB vorgesehen, nach dem der Tatbestand objektiver Zerrüttung der Ehe als Scheidungsgrund gelten sollte. Der § 1569 war im Entwurf dahin geändert worden, daß die Frist von drei Jahren bis zur Ehescheidung bei Geisteskrankheit aufgehoben wurde (Ausschußdrucks. Nr. 55. Vermerk Wiensteins vom 11.4.29; R 43 II /1521 , Bl. 41-44, 26). Auf Anregung Pünders war die Fortsetzung der Beratung am 15. 4. vertagt worden (R 43 II /1521 , Bl. 25 f.).

Der Reichskanzler erklärte sich bereit, mit dem Abgeordneten Landsberg in diesem Sinne zu sprechen. Im übrigen werde der Ausschuß der Regierungsparteien zu hören sein.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft bat, mit Rücksicht auf den entgegengesetzten Standpunkt des früheren Reichsministers der Justiz, des Reichsministers Koch-Weser, von einer formellen Beschlußfassung des Reichskabinetts abzusehen.

Der Reichswirtschaftsminister erklärte sich mit einer zeitlichen Verschiebung der Beratungen einverstanden.

Auf Grund des Ergebnisses der Aussprache betonte der Reichskanzler daß er mit dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, dem Abgeordneten Landsberg, wegen einer einstweiligen Vertagung der Beratung des Problems der Ehescheidungsreform unverzüglich Fühlung nehmen wolle. Es müsse im übrigen vorbehalten bleiben, noch mit dem Ausschuß der Regierungsparteien über die Angelegenheit zu sprechen5.

5

Um eine Beratung der Ehescheidungsreform am 24. 4. zu vermeiden, vereinbarte ORegR Wienstein mit Geheimrat Galle, daß dem Rechtsausschuß das Standesherrengesetz zugeleitet werde (s. Dok. Nr. 183). Wienstein vermerkte, daß damit – da der 1. 5. sitzungsfrei sei – zunächst die Beratung der Ehescheidungsreform vermieden worden sei (22. 4.; R 43 II /1521 , Bl. 46). Zum Fortgang s. Dok. Nr. 183.

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