2.218.2 (mu21p): 2. Bericht über die bevorstehenden Verhandlungen in Madrid.

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Kabinett Müller II. Band 1 Hermann Müller Bild 102-11412„Blutmai“ 1929 Bild 102-07709Montage  von Gegnern des Young-Planes Bild 102-07184Zweite Reparationskonferenz in Den Haag Bild 102-08968

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2. Bericht über die bevorstehenden Verhandlungen in Madrid.

Für den noch abwesenden Reichsminister des Auswärtigen teilte der Reichskanzler mit, daß London als Ort für die politische Konferenz über das Ergebnis der Sachverständigenberatung unerwünscht erscheine. Deutschland werde sich für den Haag oder einen süddeutschen Ort einsetzen. In Madrid werde materiell nicht verhandelt werden können, sondern nur Ort und Zeit der bevorstehenden Konferenz zu besprechen sein.

Zur belgischen Markfrage führte Ministerialdirektor Dr. Ritter aus, daß in Paris ein besonderes Protokoll verfaßt werden würde, in dem die Sachverständigen der Erwartung Ausdruck gäben, daß vor Inkrafttreten des Young-Plans die Markfrage durch die Regierung geregelt werde.

Der Reichsverkehrsminister und der Reichsminister für die besetzten Gebiete erklärten, daß sie die deutsche Verhandlungssituation in der belgischen Markfrage jetzt als recht ungünstig ansähen, da Belgien durch die deutsche Zusage und die Notwendigkeit, vor Inkrafttreten des Young-Plans die Frage zu regeln, seinerseits neue Druckmittel gegenüber Deutschland erhalten habe, während es selber nicht mehr unter Druck stehe6.

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Von belgischer Seite war auf eine Regelung der Markfrage vor Unterzeichnung des Sachverständigenberichts mit der Feststellung gedrängt worden, daß sonst die belgischen Delegierten nicht unterschreiben würden. Die anderen Gläubigermächte hatten sich für an Belgien gebunden erklärt (Hoeschs Telegramm Nr. 432 vom 31. 5.; Nr. 436 vom 1. 6.; Nr. 442 vom 2. 6.; Nr. 444 vom 3. 6.; Telegr. Nr. 90 des Gesandten Horstmann aus Brüssel vom 3. 6.; R 43 I /287 , Bl. 178-180, 189-192, 187 f., 207 f., 205 f.). Erst nachdem Schacht am 3. 6. den deutschen Verhandlungsvorschlag auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom 31. 5. (Dok. Nr. 214, P. 1) unterbreitet hatte und Kastl am 4. 6. die Zusicherung gegeben hatte, daß MinDir. Ritter die Verhandlungen sofort aufnehmen wolle und territoriale Fragen nicht zur Verhandlung anstünden, hatte sich Francqui zur Unterzeichnung bereit erklärt (Schreiben an Owen Young vom 4. 6.; dt. Übersetzung in R 43 I /54 , Bl. 67 f.).

Auch der Reichskanzler und Ministerialdirektor Dr. Ritter bezeichneten die deutsche Verhandlungslage als nicht günstig.

[716] Auf Anfrage des Reichsministers für die besetzten Gebiete erklärte der Reichsminister der Finanzen daß wegen der Besatzungskosten, vorbehaltlich der genauen Übermittlung des Wortlauts des Sachverständigengutachtens, vorgesehen sei, daß Besatzungskosten, die etwa nach dem 1. September entstehen sollten, ihre Regelung durch Verhandlungen zwischen den beteiligten Regierungen finden sollten7.

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Wirth hatte befürchtet, daß bis zu einer Regelung zwischen den Regierungen zusätzlich zu den Annuitäten des Young-Planes 120 Mio RM Besatzungskosten zu zahlen seien (Schnellbrief an den StSRkei vom 5. 6.; R 43 I /277 , Bl. 391-393).

Ministerialdirektor Dorn teilte hierzu mit, daß nochmals nach Paris telefoniert worden sei, um eine möglichst eindeutige Klärung dieser Frage zu erreichen.

Der Reichsminister der Justiz betonte, daß gleichzeitig mit der Räumung der Rheinlande auch die Rückgabe des Saargebiets erfolgen müsse.

Dies bestätigte der Reichskanzler. Er äußerte die Meinung, daß in Madrid außer den Verhandlungen über Zeit und Ort der politischen Konferenz zwischen Reichsminister Stresemann und Herrn Briand auch die Räumungsfrage, und zwar einschließlich der Saar, besprochen werden würde.

Der Reichsminister für die besetzten Gebiete äußerte sodann Besorgnisse über die noch nicht erledigten Entwaffnungsrückstände (Brücken, Schutzpolizei, Liegenschaften).

Hierzu teilte Ministerialdirektor Köpke mit, daß die Verhandlungen über diese Punkte im guten Fortschreiten seien. Vortragender Legationsrat Forster habe augenblicklich in Paris hierüber Besprechungen mit Herrn Massigli, über deren Ergebnis etwa in einer Woche dem Kabinett voraussichtlich Mitteilung gemacht werden könne.

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