2.195 (mu21p): Nr. 195 Der Reichsbankpräsident an den Reichskanzler. Paris, 4. Mai 1929

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Text

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Nr. 195
Der Reichsbankpräsident an den Reichskanzler. Paris, 4. Mai 1929

R 43 I /287 , Bl. 13 f. Abschrift

[Betrifft: Sachverständigenkonferenz.]

Sehr geehrter Herr Reichskanzler!

Mein Bericht kann sehr kurz sein. Die Unterhaltungen mit den Amerikanern haben sich in den letzten Tagen darum gedreht, daß wir evtl. bereit sind, die amerikanischen Ziffern zu unterschreiben, wenn eine Sicherungsklausel eingefügt wird, daß für den Fall, daß die Sachverständigen sich geirrt haben in der Abschätzung der Zahlungsfähigkeit Deutschlands, eine neue Erörterung des Zahlungsplanes eintritt. Ferner versuchen wir noch eine Reihe[638] von weniger wichtigen Verbesserungen anzubringen, aber wir sind uns darüber einig, daß diese Klausel den Hebelpunkt bildet1. Die amerikanische Gruppe ist geschlossen auf unsere Anregung eingegangen. Es besteht leise Aussicht, daß die Engländer und Japaner sich ebenfalls dieser Auffassung anschließen, und einen Versuch bei den Italienern werde ich heute nachmittag noch machen. Frankreich und Belgien sind ablehnend.

1

Da der RK sich „über die Tragweite des zweiten und dritten Satzes […] im Unklaren“ war, ließ er durch Fernschreiber nach Paris mitteilen, daß „etwa zu überreichende Bedingungen rechtzeitig vor Mitteilung an die Anderen erforderlichenfalls durch Ziffern hierher gegeben werden“. Darauf ließ Schacht erwidern, daß er am folgenden Tag eine Mitteilung durch einen Kurier absenden werde. Im RFMin. wurde angenommen, daß vor der Übergabe der deutschen Bedingungen noch die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegeben sei (Fernschreibstelle des RFMin., 6. 5.; R 43 I /287 , Bl. 70 f.).

Wir bitten einmütig darum, daß von seiten der deutschen Regierung jetzt nichts geschieht, was unsere Stellung in irgendeiner Weise beeinträchtigen könnte. Wir bitten auch dringend, daß die Presse in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Forderungen der Alliierten festhält. Die Kampagne braucht nicht heftig zu sein, aber sie muß den energischen Widerstand gegen eine zu starke Belastung erkennen lassen.

Vielleicht helfen über diesen Punkt die wenig erfreulichen sonstigen Ereignisse in Berlin hinweg, mit denen sich die deutsche Presse ja voraussichtlich in diesen Tagen lebhafter beschäftigen wird als mit der Reparationsfrage2.

2

Damit dürften die Berliner Unruhen am 1. und 2. 5. gemeint sein, vgl. Dok. Nr. 197, P. 1.

Ich werde weitere Nachricht folgen lassen und bestätige noch den Empfang des durch das Auswärtige Amt mitgeteilten Beschlusses der Reichsregierung. Wir3 sind sehr davon befriedigt, daß dieser Beschluß den Sachverständigen ihre volle Handlungsfreiheit unter eigener Verantwortung beläßt.

3

Dieser Satz ist vom RK an- und unterstrichen worden.

Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr sehr ergebener

gez. Dr. Hjalmar Schacht

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