1.31.2 (mu22p): 2. Politische Vorbereitung der Arbeiten der auf der Haager Konferenz eingesetzten Kommissionen.

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Kabinett Müller II. Band 2 Hermann Müller Bild 102-11412„Blutmai“ 1929 Bild 102-07709Montage  von Gegnern des Young-Planes Bild 102-07184Zweite Reparationskonferenz in Den Haag Bild 102-08968

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2. Politische Vorbereitung der Arbeiten der auf der Haager Konferenz eingesetzten Kommissionen.

Ministerialdirektor Dr. Dorn führte aus, es müsse die Frage entschieden werden, in welcher Weise wegen des Wegfalles der Sanktionen vorzugehen[920] sei, der nach dem Young-Plan einzutreten habe. Es handele sich um Anwendung von Art. 430 und § 18 der Anlage 2 zu Abschnitt 1 von Teil VIII des Versailler Vertrages. Die Juristenkommission sei nicht zuständig, da sie nicht materielle Fragen zu bearbeiten, sondern die endgültige Formulierung der zu treffenden Abmachungen festzustellen habe.

Für die Behandlung der Frage komme das Überleitungskomitee in Betracht, das die Übergangsbestimmungen für das Inkrafttreten des Young-Plans auszuarbeiten habe4. Es setze sich aus Beamten, meist den juristischen Beratern der beteiligten Regierungen zusammen.

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Siehe Art. 3 und 4 des Haager Protokolls vom 31.8.29 (RGBl. 1930 II, S. 63 ).

Da es sich um eine hochpolitische Frage handele, sei aber geboten, die Entscheidung möglichst jetzt bereits durch Besprechungen der leitenden Staatsmänner in Genf vorzubereiten. Nötigenfalls müßte die letzte Entscheidung der Schlußkonferenz vorbehalten werden.

Der Vorsitzende machte auf die große innerpolitische Bedeutung der Frage aufmerksam, die mit der Frage der „Kontroll-Kommissionen“ auf gleicher Linie stehe. Er hielt es für unzweckmäßig, die Entscheidung in der Schlußkonferenz in letzter Minute herbeizuführen. Sie würde dann voraussichtlich für Deutschland ungünstig ausfallen.

Der Reichspostminister erklärte, die Bayerische Volkspartei mache ihre Stellungnahme zum Young-Plan von der Entscheidung über die Sanktionsfrage abhängig.

Wie der Reichsminister der Justiz äußerte auch der Reichsminister der Finanzen Bedenken dagegen, daß das Überleitungskomitee mit der Frage befaßt werde. Sie müsse jedenfalls politisch vorbereitet werden, am besten jetzt in Genf. Es sei zu prüfen, ob die englische Unterstützung erlangt werden könne.

Eine Änderung des Versailler Vertrages durch Aufhebung der Sanktionsbestimmungen würde äußerst schwierig sein. Sie könnten dadurch praktisch beseitigt werden, daß die Fragen einem Schiedsgericht oder dem ständigen internationalen Gerichtshofe im Haag überwiesen würden.

Ministerialdirektor Köpke sicherte zu, daß der Reichsminister des Auswärtigen sofort von der Kabinettsberatung über die Sanktionen unterrichtet und um Mitteilung gebeten würde, welche diplomatischen Vorbereitungen der Entscheidung bereits getroffen oder möglich seien.

Vortr.LegR Martius führte aus, nur das Überleitungskomitee sei für die Sanktionsfragen zuständig. Entsprechende Formeln seien bereits vorbereitet. Durch politische Vorbereitung der Entscheidung werde die Behandlung der Fragen in dem Komitee nicht vermieden werden können.

Nach eingehender Aussprache war das Kabinett damit einverstanden, daß über die Vorbereitung der Verhandlungen über die Sanktionsfrage in einer Ressortbesprechung im Reichsfinanzministerium unter Beteiligung sämtlicher Reichsministerien beraten wird.

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