2.32 (str1p): Nr. 32 Der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Leipart an den Vorsitzenden des englischen Gewerkschaftskongresses Walker. 29. August 1923

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 10). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Stresemann I und II. Band 1Gustav Stresemann und Werner Freiherr von Rheinhaben Bild 102-00171Bild 146-1972-062-11Reichsexekution gegen Sachsen. Bild 102-00189Odeonsplatz in München am 9.11.1923 Bild 119-1426

Extras:

 

Text

RTF

[150] Nr. 32
Der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Leipart an den Vorsitzenden des englischen Gewerkschaftskongresses Walker. 29. August 19231

1

Leipart war eingeladen worden, auf dem brit. Gewerkschaftskongreß in Plymouth, der am 3. 9. begann, zu sprechen. Da er an einer Tagung in Genf teilgenommen hatte, konnte er erst am 29. 8. das Schreiben dem Reichskanzler mit dem Bemerken zuleiten: „Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen den Brief zu unterbrieten, ehe er abgeht, für den Fall, daß Sie resp. das Auswärtige Amt aus politischen Gründen noch Hinweise zu machen oder Einwendungen zu erheben haben.“ Ergänzungen oder Änderungen sollten bis 18 Uhr des gleichen Tages telefonisch mitgeteilt werden (R 43 I /2023 , Bl. 280).

R 43 I /2023 , Bl. 281–289 Entwurf in Durchschrift

[Betrifft: Gewerkschaften und Ruhrbesetzung.]

Werter Freund!

Wie Sie wohl wissen, war ich vom IGB1a beauftragt worden, ihn auf dem Kongreß der Englischen Gewerkschaften in Plymouth zu vertreten. Leider macht die augenblickliche schwierige Lage in Deutschland es mir unmöglich, diese Delegation auszuführen. Ich bedauere dies umsomehr, weil ich die Hoffnung hatte, durch meine Teilnahme an Ihrem Kongreß auch die freundschaftlichen Beziehungen, die die englischen und deutschen Gewerkschaften miteinander verknüpfen, im persönlichen Meinungsaustausch von neuem zu bekräftigen. Aber gerade auch für unsere Gewerkschaften in Deutschland ist die Lage gegenwärtig so kritisch, daß ich meinen Posten im Lande nicht eine Woche lang verlassen darf. Ich bitte Sie höflich, dem Kongreß dies mitteilen und mein Fernbleiben damit entschuldigen zu wollen. Gleichzeitig bitte ich um die Erlaubnis, dem Kongreß schriftlich mitteilen zu dürfen, was ich ihm ungefähr in meiner mündlichen Begrüßungsansprache gesagt haben würde.

1a

Internationaler Gewerkschaftsbund.

Ich möchte dem Kongreß in kurzen Zügen den Stand der deutschen Gewerkschaftsbewegung und die allgemeine wirtschaftliche und politische Lage in unserem Lande darstellen, wie sie sich unter dem verhängnisvollen Einfluß der Ruhrbesetzung gestaltet hat.

Zunächst möchte ich im Auftrag des Bundesvorstandes den Dank der deutschen Gewerkschaften dafür aussprechen, daß der Generalrat des Britischen Gewerkschafts-Kongresses zusammen mit dem Vorstand und der Parlamentsfraktion der Arbeiterpartei unmittelbar nach dem Ruhreinmarsch den Mut gezeigt hat, das Vorgehen der französischen und belgischen Regierung als einen Bruch des Versailler Vertrages zu charakterisieren. Der Generalrat erklärte damals „dieses Vorgehen als einen Einfall in ein benachbartes Land mitten im Frieden, der weder auf Grund des Versailler Vertrages noch Kraft irgend einer Bestimmung des Völkerrechts gerechtfertigt ist und deshalb als eine kriegerische Handlung bezeichnet werden muß“2.

2

Der Rat des Gewerkschaftskongresses und der Vollzugsausschuß der Labour-Party hatten in einer am 25.1.23 veröffentlichten Erklärung ihre Solidarität mit den dt. Arbeitern des Ruhrgebiets ausgedrückt und die brit. Reg. wegen ihrer Untätigkeit gegenüber der Besetzung kritisiert (Schultheß 1923, S. 257).

[151] Die englischen Gewerkschaften haben sich mit diesem Protest gegen die willkürliche Auslegung einer viel umstrittenen Bestimmung des Friedensvertrages von seiten der französischen und belgischen Regierung nicht begnügt, sie haben auch mit schonungsloser Klarheit den eigentlichen Zweck der Besetzung des Ruhrgebietes aufgedeckt. „Was jetzt geschieht“, erklärten sie am 24. Januar, „ist ein mit militärischen Mitteln unternommener Versuch, eine Neuordnung Europas zu erzwingen, die anzunehmen Groß-Britannien und die Vereinigten Staaten sich in Versailles weigerten, eine Neuordnung Europas, die sich gründet auf eine Ruhr-Rheingrenze für Frankreich, die Zerstückelung Deutschlands, auf die vollständige Kontrolle der deutschen Rohstoffgebiete und Schlüsselindustrien durch die Franzosen, die vollkommen nach ihrem eigenen Belieben und ihren eigenen Interessen handeln, und auf die militärische Vorherrschaft auf dem Kontinent.“

Die englischen Gewerkschaften haben in den folgenden Monaten durch ihre Vertreter im Parlament mit großem Nachdruck ihre rechtliche und politische Auffassung über den Einbruch in das Ruhrgebiet wiederholt zur Geltung gebracht und sich dadurch vor andern das Verdienst erworben, die öffentliche Meinung der Welt sowohl auf die Rechtswidrigkeit des französischen Vorgehens wie auf die den Frieden Europas aufs schwerste gefährdenden Folgen aufmerksam zu machen3.

3

S. die Unterhausdebatten am 3., 28. 3. und den Bericht brit. Arbeiterdelegierter über das Ruhrgebiet (Schultheß 1923, S. 262–266).

Es versteht sich von selbst, daß dieser gewaltsame Eingriff in das deutsche Wirtschaftsleben auch auf die Entwicklung der Gewerkschaften in Deutschland von Einfluß gewesen ist. Am Ende des Jahres 1922 zählte der A.D.G.B. 7 900 000 Mitglieder. Im Jahresdurchschnitt war die Mitgliederzahl um 350 000 gestiegen. Im Jahre 1923 ist vornehmlich im Zusammenhang mit den Zwangsmaßnahmen der Franzosen ein gewisser Rückgang eingetreten. Die Finanzlage der Gewerkschaften leidet unter den Folgen der durch die Ruhrbesetzung verursachten jähen Geldentwertung, wenn sie auch zunächst noch nicht bedenklich ist.

Schon seit dem Beginn der Ruhrbesetzung hat die Arbeitslosigkeit ständig zugenommen. Im Dezember 1922 betrug sie 2,8%, Ende April bereits 7%. Im Mai und Juni nahm die Zahl der Arbeitslosen etwas ab, war aber mit über 4% noch doppelt so groß, wie im Dezember und acht Mal so groß wie im Juni des vorigen Jahres. Dabei ist zu berücksichtigen, daß in Deutschland der Arbeitgeber bei Einschränkung des Betriebes die Arbeiter nicht ohne weiteres entlassen darf, sondern zunächst zur Verkürzung der Arbeitszeit übergehen muß. Auch die Zahl dieser Kurzarbeiter ist mit der Ruhrbesetzung ständig gewachsen; nur im Mai und Juni hat ihre Zahl vorübergehend abgenommen. Im Dezember betrug sie 8,7%, im April 28,5%, im Juni 15,3%.

Die rapide Geldentwertung, durch die im Juli und im August in ungeheuer beschleunigtem Tempo die Mark auf den millionsten Teil ihres Friedenswertes herabsank, die riesige Steigerung der Preise, die zum Teil die Weltmarktpreise erreicht haben, und, zumal bei der Kohle diese Linie bereits überschreiten, werden[152] ohne Zweifel die Arbeitslosenziffer wieder hochschnellen lassen. Mitte August setzte bei den Arbeitgebern, zum Teil durch die durchgreifende Steuerpolitik der neuen Regierung mit veranlaßt, eine starke Bewegung zur Stillegung oder Einschränkung der Betriebe ein4. Wenn sie sich durchsetzt, haben wir eine katastrophale Arbeitslosigkeit zu erwarten. Der Vorstand des A.D.G.B. hat zusammen mit dem Vorstand des Allgemeinen freien Angestelltenbundes bei der Reichsregierung sofort Schritte unternommen, um sie zu veranlassen, dieser Gefahr nachdrücklich entgegenzutreten.

4

In einer Entschließung von Funktionären der freien Gewerkschaften aus Rheinland und Westfalen vom 27.8.23, die dem RK, dem RArbM, dem RWiM und dem RFM zugeleitet worden war, war bereits erklärt worden: „Die gewählten Volksvertreter im Reichstag haben durch Annahme der Steuergesetze dem berechtigten Verlangen der Arbeiterschaft Rechnung getragen. Diese Gesetze aber können nur als Anfang für einen gerechten Ausgleich bezeichnet werden. Eine volle Gesundung der Verhältnisse ist dadurch noch nicht zu ermöglichen. – Die Gewerkschaften haben schon seit Jahr und Tag den Weg zur Gesundung durch Erfassung der Sachwerte gezeigt. Viel zu lange wurde gezögert mit dem Beschreiten dieses Weges. – Nach Annahme der Steuergesetze setzt nun der Widerstand der Steuerdrückeberger und Vernichter des Reiches ein, welche von der Zahlung betroffen sind. Diesen gegenüber erklären die Vertreter der Gewerkschaften ihren unbeugsamen Willen, daß sie von der Reichsregierung die Durchführung der Steuern mit der allergrößten Energie verlangen. Sie können nicht zugeben, daß die Zahlungstermine hinausgeschoben oder sonstige Vergünstigungen gewährt werden, weil auch bei den Lohn- und Gehaltsempfängern keine Rücksicht auf besondere Verhältnisse genommen wird“ (R 43 I /214 , Bl. 317).

Der Sturz der Mark und die damit zusammenhängende Preissteigerung hat die Lage der Arbeiter und Angestellten in einem für die Volksgesundheit verhängnisvollen Grade verschlechtert. Die Erhöhung der Löhne hält mit der Steigerung der Preise von Lebensmitteln nicht gleichen Schritt; an Neuanschaffungen von Wäsche und Kleidern ist überhaupt nicht zu denken, da die Preise in der Bekleidungsindustrie die Weltmarktpreise gleichfalls zum Teil, überschritten haben. Überdies reicht der Lohn kaum für die nackte Existenz. Dazu kam Anfang August die vorübergehende Knappheit an Zahlungsmitteln, durch die die Verzweiflung der darbenden Massen zu leidenschaftlichem Ausbruch kam5.

5

S. Anm. 10 zu Dok. Nr. 3.

Das Zeitalter des Völkerbundes ist zugleich durch das völlige Versagen der Solidarität der Völker charakterisiert. So ist es möglich gewesen, daß seit nahezu acht Monaten mitten in dem Frieden, der angeblich Gerechtigkeit und Freiheit für alle Völker bringen sollte, französische und belgische Armeen den lebenswichtigsten Teil Deutschlands besetzt halten. Seit zwei Monaten hat dieser unerträgliche Zustand noch dadurch eine Verschärfung erfahren, daß das besetzte Gebiet durch eine fast ununterbrochene Verkehrssperre von der Verbindung mit dem übrigen Deutschland abgeschnitten ist. Die französische Regierung, gestützt auf den Militarismus, den sie zu bekämpfen vorgab, versucht mit allen Mitteln der Chikane und der brutalen Gewalt den passiven Widerstand der Bevölkerung zu brechen, der unmittelbar und spontan gegen ihren Versuch einsetzte, die Wirtschaft des besetzten Gebietes unter dem Zwang der Bajonette auf die Interessen der französischen und belgischen Industrie umzustellen und mit Gewalt die Vorherrschaft der französischen Eisenindustrie auf dem Kontinent durchzusetzen.

[153] Zu tausenden und abertausenden sind die Eisenbahner, die sich weigerten, auf den französischer Regie unterstellten Eisenbahnen Dienst zu tun, mit Weib und Kind ausgewiesen worden, ohne Rücksicht darauf, was aus ihnen wurde. In vielen Fällen hatten die Besatzungsbehörden neuerdings die Eisenbahner nur aus ihren Wohnungen, worin sie alle ihre Habe zurücklassen müssen, herausgejagt und es den städtischen Verwaltungen überlassen, die Entrechteten in Schulen oder in anderen ohnehin überfüllten und unzureichenden Wohnungen unterzubringen. Sie haben Gewerkschaftsführer und Beamte, die sich nicht dazu bewegen ließen, die Sache ihres Volkes zu verraten und die Solidarität mit ihren kämpfenden Kameraden zu brechen, ins Gefängnis geworfen. Sie haben in einer steigenden Zahl von Fällen die Bergarbeiter von ihrer Arbeitsstätte vertrieben und versucht, die Bergwerke mit eigenen Arbeitern in Betrieb zu setzen6 und ihren Plan, eine Reihe von Gruben in eigene Verwaltung zu übernehmen, mit militärischen Mitteln zu verwirklichen.

6

S. Anm. 4 zu Dok. Nr. 27.

Das alles ist geschehen vor den Augen der Großmächte, die sich feierlich als Bürger des Friedens verpflichtet hatten. Sie haben zugesehen, ohne die Hand zu rühren. Erst jetzt, nach fast acht Monaten, wo der passive Widerstand der Ruhrarbeiter durch die Sorge um die wachsende Lebensmittelknappheit und durch die erschreckende Aussicht, im Herbst und Winter auch die Kohle entbehren zu müssen7, der schwersten Belastungsprobe ausgesetzt ist, erst jetzt hat die Englische Regierung sich aufgerafft und erklärt, daß die Besetzung des Ruhrgebiets ein Bruch des Friedensvertrages ist8. Bis dahin konnte sich die französische Regierung stets darauf berufen, daß die Englische Regierung die Ruhrbesetzung nur aus Zweckmäßigkeitsgründen verwerfe. Der gewaltsame Eingriff in die deutsche Wirtschaft und die Bedrohung der politischen Einheit des Deutschen Reiches wurden nicht als eine widerrechtliche Tat gebrandmarkt.

7

Vgl. Dok. Nr. 39.

8

Gemeint ist das brit. Memorandum vom 11.8.23.

Die deutschen Gewerkschaften haben gewiß keinen Anlaß, als Schildhalter der Regierung Cuno aufzutreten. Aber es ist nicht zu bestreiten, daß schon sie vor beinahe drei Monaten den alliierten Regierungen einen Plan über die Garantien der Reparationsleistungen vorgelegt hat, der als Grundlage für friedliche Verhandlungen zur definitiven Lösung des Reparationsproblems dienen kann. Keine der alliierten Regierungen hat bisher darauf geantwortet. An dem Erfüllungswillen des Deutschen Volkes konnte kein billig Denkender zweifeln. Die deutschen Gewerkschaften haben in den ganzen Jahren immer wieder bewiesen, daß sie für eine Erfüllungspolitik in den Grenzen des Möglichen eintreten. Sie sind auch jetzt dazu bereit. Aber sie lehnen es ab, wenn die französische Regierung versucht, sich Sondergarantien in den Rheinlanden und im Ruhrgebiet für die Reparationsleistungen zu verschaffen, durch die die Gefahr einer Abtrennung der Rheinlande und des Ruhrgebietes verewigt wird. Die französische Regierung versucht jetzt auf dem Wege der wirtschaftlichen Annexion sich die Bahn frei zu halten, um den Plan einer politischen Loslösung[154] der Rheinlande zu gelegener Zeit doch noch durchzusetzen. Und sie versucht die Leiden der Bevölkerung im besetzten Gebiet für diese Zwecke auszubeuten.

Ohne Zweifel werden die Bewohner des besetzten Gebietes die deutsche Regierung bei jeder vernünftigen Regelung des Reparationsproblems unterstützen. Die deutschen Gewerkschaften werden für eine solche Regelung jederzeit wie bisher eintreten. Aber sie lassen keinen Zweifel daran, daß es auch für sie eine Rheinlandfrage nicht gibt.

Wir wollen hoffen, daß die englische Regierung sich mit der französischen und belgischen Regierung über die Regelung der Reparationen in einem Sinn einigen wird, die der vorhin erwähnten Rechtsauffassung der englischen Regierung Rechnung trägt. Wir wünschen und hoffen, daß endlich jetzt vernunftgemäße Verhandlungen beginnen, nicht mit dem Ziel, dem deutschen Volke nochmals ein Diktat aufzuzwingen und unser Land vielleicht nochmals zu zerstückeln, sondern in der ehrlichen Absicht auf allen Seiten, Europa endlich den wahren Frieden zu bringen. Die Bedingungen, die die gewerkschaftlichen Vertrauensmänner des Ruhrgebietes dem Genossen Tom Shaw mitgeteilt haben, sind auch die Bedingungen, deren Erfüllung die deutschen Gewerkschaften verlangen. Aber sie würden ihrer Pflicht als Repräsentant der Majorität des Deutschen Volkes nicht genügen, wenn sie nicht zugleich betonten, daß eine Lösung des Reparationsproblems für sie nicht in Frage kommt, die die politische Zugehörigkeit der Rheinlande und des Ruhrgebietes zum Deutschen Reich und ihre freie Zugehörigkeit zum ganzen der deutschen Wirtschaft in Frage zieht.

Ich glaube, daß ich hiermit Überzeugungen Ausdruck gebe, für die auch die englischen Gewerkschaften und die englische Arbeiterpartei seit Beginn der Besetzung stets eingetreten sind. Die Verwirklichung dieser Ziele wird in Deutschland eine innere Beruhigung auslösen und den deutschen Reaktionären, denen die Ruhraktion zu unverhofftem Ansehen verholfen hat, den Weg verlegen, auf dem sie seit Jahr und Tag gegen die deutsche Republik Sturm laufen. Sie wird die dauerhafteste Sicherung des Friedens bringen, der keine schlechtere Grundlage haben kann als die Gewalt. Und sie wird endlich die Wiederherstellung normaler wirtschaftlicher Beziehungen ermöglichen und der neuen deutschen Regierung die Aufgabe erleichtern, die chaotischen Zustände, die jetzt bestehen, in geordnete Verhältnisse zu überführen9.

9

MinR Kempner teilte Leipart mit, daß keine Bedenken gegen dieses Schreiben bestünden (R 43 I /2023 , Bl. 289). „Die Zeit“, Nr. 209 vom 11.9.23, meldete: „Der Gewerkschaftskongreß in Plymouth befaßte sich in seiner Schlußsitzung erneut mit der Ruhrfrage. In einer von Miss Bondfield eingebrachten Entschließung wurde zum Ausdruck gebracht, daß die fortdauernde Ruhrbesetzung einen nicht wieder gutzumachenden Schaden nach sich ziehe, indem sie Haß sowie die wirtschaftliche Lähmung Deutschlands und anderer Länder verursache. Die französischen und belgischen Arbeiter werden aufgefordert, sich zu bemühen, die Politik ihrer Länder zu ändern.“ Die Einstellung der engl. Arbeiterschaft kam auch zum Ausdruck, als nach einer mit großem Beifall aufgenommenen Rede zur Besatzungsfrage von Otto Wels auf dem 19. Parteitag der dänischen Sozialdemokraten der Vorsitzende der Labour Party Tom Shaw zum Verhalten der Internationale gegenüber dem Ruhrproblem gesprochen und sein Bedauern über die Schwäche der frz. Sozialisten in ihrem anerkennungswürdigen Kampf gegen den Chauvinismus ausgedrückt hatte: „Der Beifall, womit Wels hier begrüßt wurde, hat mein Herz erfreut. Ich kann versichern, daß der Beifall nicht geringer gewesen wäre, wenn Wels die Rede in einer englischen Arbeiterversammlung gehalten hätte“ (Übersicht Nr. 23 vom 20.9.23 in den Informatorischen Aufzeichnungen des AA; Pol. Arch.: Büro RM 69, Bd. 3).

[155] Indem ich dem Kongreß unsere aufrichtige Solidarität bekunde und seinen Verhandlungen einen guten Erfolg für die Arbeiterschaft Groß-Britanniens und der ganzen Welt wünsche, schließe ich

mit kameradschaftlichem Gruß!

Ihr

Vorsitzender des Allgemeinen

Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Extras (Fußzeile):