1.16.3 (str2p): 2. b) Entwurf einer Verordnung über die Aufbringung der Mittel für die Erwerbslosenfürsorge.

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2. b) Entwurf einer Verordnung über die Aufbringung der Mittel für die Erwerbslosenfürsorge.

Der Reichsarbeitsminister führte aus, daß die Erwerbslosenfürsorge zur Zeit durch Beiträge des Reichs, der Länder und der Gemeinden finanziert werde5. Das Reich müsse nunmehr bedacht sein, diese Finanzlast abzuwälzen, und es sei daher geplant, die Beiträge von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu erheben6. Zu diesem Zwecke sollten die Beiträge als Zuschläge zu den Krankenkassenbeiträgen und gleichzeitig mit diesen entrichtet werden. Sie dürften 20% des Krankenkassenbeitrags nicht überschreiten. Es entspreche etwa einem Prozent des Lohns7. Die Interessenten, die Länder und die Ressorts hätten der Vorlage zugestimmt.

5

Vgl. hierzu auch Dok. Nr. 97, P. d. Bei dem in dieser Kabinettssitzung vorgelegten Entw. handelt es sich um die amtliche Fassung der Vorstellungen, die als Referentenentwurf am 28.9.23 von Vertretern des Reichs und der Länder sowie der Kommunalverbände erörtert worden war (R 43 I /2028 , Bl. 273–276). Der VOEntw. war dem StSRkei vom RArbM am 11.10.23 zugesandt worden (R 43 I /612 , Bl. 152; Text in R 43 I /1388 , Bl. 139–140).

6

In der Erörterung der Vorlage am 28.9.23 hatte MinR Weigert hervorgehoben, „daß von dem Grundsatze der allgemeinen Solidarität abgegangen werden mußte, um einen verwickelten Verwaltungsapparat und einen zu langen Weg der Geldbeträge zu vermeiden“ (R 43 I /2028 , Bl. 273).

7

Vgl. §§ 4 und 5 der VO.

Geheimrat Weigert erklärte, daß das Reichsarbeitsministerium in § 6 Abs. 2 Satz 2 statt „4 Wochen“ „2 Wochen“ einsetze8.

8

D. h. nach mindestens zwei Wochen Beitragszahlung trete die Beihilfepflicht des Reichs und der Länder ein.

Der Reichsminister der Finanzen bat, in § 1 Absatz 2 das Wort „erforderlichen“ zu streichen, ebenso in § 6 Abs. 19.

9

Bei der Veröffentlichung der VO ist diese Korrektur nicht vorgenommen worden. Es handelte sich hierbei um „die erforderlichen Beihilfen“ des Reichs und der Länder, wenn der Gesamtaufwand von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gemeinden in „Bezirken mit ungewöhnlich großer Arbeitslosigkeit“ nicht ausreiche.

Mit dieser Abänderung stimmte das Kabinett dem Entwurf zu.

[556] Der Reichsminister für Wiederaufbau warf nun nochmals die Frage des Zeitpunktes der Veröffentlichung auf. Im Reichstag bestehe die Möglichkeit, daß nächste Woche weiter getagt würde, und dann die Verordnung einer Debatte unterworfen würde10. Er schlage vor, mit der Veröffentlichung so lange zu warten, bis der Reichstag sich vertagt habe und das Arbeitszeitgesetz erledigt sei.

10

Zwischen Sonnabend, dem 30. 10., und Dienstag, dem 20.11.23 fanden keine Plenumssitzungen der RT statt.

Der Reichsminister der Finanzen betonte, daß am nächsten Montag der Dollar wohl wieder erheblich gestiegen sein werde11.

11

Der Berliner amtliche Dollarkurs betrug am 12.10.23 4000 Mill. M und am 15.10.23 3760 Mill. M, die entsprechenden Kurse in Frankfurt lauteten 5000 Mill. und 4800 Mill.

Er hoffe, am Montag dem Kabinett einen eingehenden Vortrag über die ganze Währungsfrage erstatten zu können12. Jedenfalls bitte er, die Verordnung am Montag früh zu veröffentlichen, denn er brauche diese Verordnung zur Dollarbekämpfung.

12

S. Dok. Nr. 136, P. 8.

Der Reichswirtschaftsminister sprach sich für rasche Veröffentlichung aus.

Es wurde beschlossen, in der Abendpresse vom 13. d. M. einen Bericht über den Inhalt der Verordnung herauszugeben13.

13

Unter der Überschrift „Die Notregelung der Wirtschaft“ veröffentlichte die DAZ in ihrer Abendausgabe (Nr. 4767 vom 13.10.23) einen Beitrag über die beiden VOVO, die am 13. 10. vollzogen und am 15.10.23 im RGBl. I, S. 945  und 946 veröffentlicht wurden.

Der Reichskanzler machte davon Mitteilung, daß der bayerische Gesandte ihm soeben die Nachricht überbracht habe, daß morgen die Hälfte des Nürnberger Reichsbankgoldes nach Berlin überbracht werden würde14.

14

Vgl. zu dieser Angelegenheit Dok. Nr. 96 sowie Anhang Nr. 1.

Der Reichswehrminister erklärte, ihm sei bekannt geworden, daß die andere Hälfte in Bayern verbleiben werde. Das sei, soviel er gehört habe, auf eine neue Anweisung des Herrn Reichsbankpräsidenten erfolgt. In der Presse werde das natürlich eine schlechte Wirkung haben15.

15

Eine besondere Erörterung dieses Falles konnte in der vorliegenden Presse nicht ermittelt werden.

Der Reichskanzler erklärte, daß er den Herrn Reichsbankpräsidenten um Bericht ersuchen werde16.

16

Zur Erledigung der Frage s. Anm. 4 zu Dok. Nr. 96.

Der Reichswehrminister machte davon Mitteilung, daß die Beamten seines Ministeriums bei ihm vorstellig geworden seien, und sich bitter darüber beklagt hätten, daß ihre Bezüge zur Beschaffung der notwendigen Winterkartoffeln nicht ausreichten. Im Winter werde die Ernährung der Bevölkerung vorwiegend aus Kartoffeln, Brot und Fett bestehen. Brot und Fett müsse man laufend kaufen, die Kartoffeln aber müsse man jetzt in großen Mengen einlagern. Diese Eindeckung scheitere aber aus Mangel an Mitteln.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, er werde die Möglichkeit prüfen, ob man Goldanleihe als Vorschuß auf Gehaltszahlungen in diesem Falle geben könne. Das Ergebnis werde er ebenfalls am nächsten Montag im Kabinett mitteilen17.

17

S. hierzu Dok. Nr. 136, P. 10.

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