1.26.3 (vpa2p): 3. Finanzlage Sachsens.

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3. Finanzlage Sachsens.

Der Reichsminister der Finanzen bat aus Anlaß eines ihm vorliegenden Antrages des Landes Sachsen auf Gewährung von Kassenkrediten7 um eine grundsätzliche Stellungnahme des Reichskabinetts. Er führte aus, daß er gegenüber den Ländern, die wegen ihrer finanziellen Notlage wesentliche Kassenkredite des Reichs gefordert hätten, den Standpunkt vertreten habe, daß Reichshilfe nur gegen Übereignung oder Verpfändung von Staatsbesitz gegeben werden könne. Diesen Standpunkt habe er insbesondere gegenüber Hamburg und Hessen aufrechterhalten mit dem Erfolge, daß diese beiden Länder sich seinen Bedingungen gefügt hätten. Sachsen dagegen berufe sich auf eine Bestimmung in der sächsischen Verfassung, derzufolge Übereignung von Staatseigentum nur mit Genehmigung des Landtags möglich sei. Mit einer Genehmigung des Landtags sei aber unter keinen Umständen zu rechnen. Infolgedessen drohe die Gefahr, daß Sachsen, das ohne Reichshilfe den Ultimo September nicht überwinden könne, zum 1. Oktober offiziell seine Zahlungen einstelle. Das Reichsfinanzministerium stehe auf dem Standpunkt, daß die Sächsiche Regierung die Befragung des Landtags vermeiden könne, wenn sie von der Ermächtigung in der sogenannten Ditramszeller Verordnung des Reichspräsidenten vom 24. August[639] 1931 Gebrauch mache8. Diese Verordnung ermächtige die Landesregierungen auch zu solchen Maßnahmen, die mit der Landesverfassung nicht im Einklang stehen. Die Sächsische Regierung weigere sich aber, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, da sie auch für diesen Fall politische Rückschläge im Lande befürchtet, die ihr ein weiteres Verbleiben im Amt unmöglich machen würden. Nach seiner Meinung könne das Reich aber unmöglich den einmal eigenommenen Standpunkt aufgeben, da sonst Berufungen von seiten anderer Länder nicht erfolgreich abgewehrt werden könnten. Der Sächsische Ministerpräsident habe gebeten, für den Fall der Ablehung seines Kreditgesuches vom Herrn Reichskanzler empfangen zu werden.

7

Der Sächs. MinPräs. Schieck hatte am 17. 9. an den RK (zugleich abschrl. an den RFM) geschrieben: „Bisher hat das Reich dem Sächsischen Staate in Notfällen Kassenkredite gewährt, die z. T. bereits durch Kürzung von Steuerüberweisungen wieder zurückerstattet worden sind. Auch im laufenden Monat ist das Land Sachsen nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen aus eigenen Mitteln nachkommen zu können.“ Das RFMin. habe jedoch die neuerliche Bitte Sachsens um einen Kassenkredit von 5 Mio RM „trotz früherer Zusicherung, Sachsen in Notfällen nicht im Stich zu lassen, abgelehnt bezw. von unerfüllbaren Bedingungen abhängig gemacht, so daß die Sächsische Regierung jetzt trotz größter Sparsamkeit […] vor der Frage steht, Zinsen- und Gehaltszahlungen am 1. Oktober einzustellen. Da eine derartige Maßnahme meines Erachtens zu der von der Reichsregierung erfolgsversprechend eingeleiteten […] Aufbaupolitik in schroffstem Widerspruch stehen und sich insbesondere auch auf die deutschen Auslandsschulden höchst nachteilig auswirken würde, hält sich die Sächsische Regierung für verpflichtet, der Reichsregierung von der gegenwärtigen gefahrdrohenden Lage Kenntnis zu geben und sie um Unterstützung zu bitten.“ (R 43 I /2312 , Bl. 72–73).

8

§ 1 dieser VO: „Die Landesregierungen sind ermächtigt, alle Maßnahmen, die zum Ausgleich der Haushalte von Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) erforderlich sind, im Verordnungswege vorzuschreiben. Sie können dabei von dem bestehenden Landesrecht abweichen.“ (RGBl. 1931 I, S. 453 ).

Staatssekretär Planck erklärte, daß der Herr Reichskanzler über den Sachverhalt unterrichtet sei und ihn zu der Erklärung ermächtigt habe, daß der Herr Reichskanzler der Auffasung des Reichsministers der Finanzen beiträte. Der Herr Reichskanzler sei auch bereit, den Sächsischen Ministerpräsidenten zu empfangen und ihm gegenüber auch seinerseits den Standpunkt der Reichsregierung zu vertreten.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte sich bereit, an der Besprechung des Herrn Reichskanzlers mit dem Sächsischen Ministerpräsidenten teilzunehmen9.

9

Über eine solche Besprechung nichts ermittelt.

Das Kabinett nahm hiervon Kenntnis.

Anschließend hieran berichtete der Reichsminister der Finanzen über das wesentliche Ergebnis seiner Besprechungen mit den Finanzministern der Länder in der Konferenz vom 20. d. Mts.10. Eine Hauptforderung der Länder habe darin bestanden, daß das Reich mit Kürzungen der gesamten Besoldung vorangehen müsse, um den Ländern ihrerseits eine Herabminderung ihres Besoldungsaufwandes zu ermöglichen. Diese Forderung habe er mit dem Hinweis darauf abgelehnt, daß die geforderte Maßnahme mit dem Wirtschaftsprogramm der Reichsregierung nicht vereinbar sei. Weiter sei sodann eingehend über die Frage der Umschuldung gesprochen worden, mit dem Ergebnis, daß man sich dahin geeinigt habe, die bestehenden Vorschriften einstweilen nicht in Kraft treten zu lassen. Ferner sei von einer Reihe von Ländern, insbesondere von den Ländern mit einer nationalsozialistischen Regierung, der Wunsch nach Finanzierung besonderer Arbeitsbeschaffungsprogramme geäußert worden. Diese Forderungen habe er abgelehnt.

10

Zu dieser Konferenz s. Dok. Nr. 150.

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